Auch Papiertüten sind nicht umweltfreundlicher als Plastiktüten. - Foto: NABU/Sebastian Hennigs
Plastiktüten? Vermeiden statt ersetzen!
Andere Materialien verlagern nur die Umweltprobleme
Jedes Jahr wächst unser Müllberg, was auch daran liegt, dass wir immer mehr Einwegprodukte und Einwegverpackungen nutzen. Hier wurde die Plastiktüte zu einem Symbol unserer Wegwerfgesellschaft und durch eine Verordnung der EU konnte der Verbrauch in den letzten Jahren stark reduziert werden. Oft werden Plastiktüten allerdings einfach durch Papiertüten ersetzt. Warum das ökologisch problematisch ist, beantworten wir in diesem FAQ.
Faustregeln:
- 1. Einwegtüten vermeiden: Immer eigene Taschen, Rucksäcke und alte Tüten mitnehmen.
- 2. Wenn doch mal eine Einwegtüte nötig war - egal ob aus Plastik oder Papier: die Tüte so oft wie möglich wieder benutzen.
- 3. Erst wenn zu dreckig oder kaputt: Plastiktüte als Müllbeutel für den Gelbe-Tonne-Abfall nutzen.
- 4. Ganz gleich welches Material: Keine Tüten- oder Beutelberge anhäufen. Auch Papiertüten und Baumwollbeutel sind ökologisch nicht besser als Plastiktüten, wenn sie nicht mehrfach genutzt werden.
Wie viele Plastiktüten verbrauchen wir in Deutschland?
Laut Handelsverband wurden 2019 noch 20 Plastiktüten pro Person in Deutschland verbraucht, das heißt knapp zwei Milliarden Einwegtragetaschen aus Kunststoff. Nicht inbegriffen in den 20 Tüten sind die Milliarden dünnen Hygienebeutel für Frischware wie Obst und Gemüse, Fleisch, Wurst oder Käse sowie die Milliarden Papiertragetaschen und Papier-Einwegtüten, die jährlich nach kurzer Nutzung im Abfall landen.
Der Rückgang der Kunststofftragetaschen ist jedoch nur deswegen so erfreulich stark, weil viele große Handelsunternehmen gar keine Einwegtüten mehr anbieten, sondern nur noch auf Papier setzen. Diese müssen extrem zugenommen haben, obwohl die Ökobilanz von Papiertüten schlechter ist als die der Plastiktüte (siehe nächste Frage). Daher fordert der NABU, dass der Handelsverband auch Daten zum Verbrauch von Papiertragetaschen veröffentlicht. Er sollte dazu vom Bundesumweltministerium verpflichtet werden.
Ist es nicht der einfachste Weg, auf Papiertüten umzusteigen?
Nein. Zwar sehen vor allem ungebleichte Papiertüten umweltfreundlicher aus, sie sind gesamtökologisch aber nicht besser als eine normale Kunststofftüte (Ökobilanzen von Tüten). Papiertüten sind fast immer aus Frischfaser, es gibt nur wenige Tüten aus echtem Altpapier (auf den Blauen Engel achten!). Einwegtüten aus frischen Papierfasern müssen schätzungsweise mindestens dreimal so oft genutzt werden wie eine erdölbasierte Plastiktüte, damit sich die Klimabilanz ausgleicht: Die Herstellung von Zellulose für Papiertüten ist äußerst energie- und wasseraufwändig. Um Papiertüten möglichst stabil zu machen, sind sehr viel Material sowie lange und chemisch behandelte Fasern nötig.
Die globale Nachfrage nach Holz für die Papierproduktion belastet zusätzlich die Ökosysteme. Und Altpapier sollte man lieber für Produkte nutzen, auf die man nicht so gut verzichten kann wie auf eine Einwegtüte. Daher gilt wie auch bei der Plastiktüte: An die eigene Tasche oder eine alte Tüte denken und aus allen Einwegtüten eine Mehrwegtüte machen, indem man sie so lange wie möglich wieder benutzt.
Ist ein Baumwollbeutel besser als eine Plastiktüte?
Ein Baumwollbeutel, der richtig oft genutzt wird, ist besser als eine Plastiktüte. Aber man sollte einen neuen Beutel nur kaufen, wenn man weiß, dass man ihn auch wirklich braucht: Die Produktion von Baumwolle belastet die Umwelt sehr stark durch den hohen Wasserverbrauch und den starken Pestizideinsatz. In Ökobilanzen schwanken die Schätzungen, wie viel öfter ein Baumwollbeutel genutzt werden muss, um die schlechtere Klimabilanz auszugleichen. Die Spannbreite reicht von circa 50 bis 150 Mal.
Daher macht es ökologisch keinen Sinn, beim Einkauf aus schlechtem Gewissen zur Baumwolltasche zu greifen statt zur Plastiktüte und anschließend die Stoffbeutel zu Hause zu horten. Der Stoffbeutel ist ökologisch nur besser, wenn er auch häufig zum Einsatz kommt. Bei der Auswahl ist es wichtig, auf fair angebaute Bio-Baumwolle zu achten. Noch besser schneiden Bio-Hanf und Bio-Leinen (Flachs) ab. Leider gibt es bisher nur wenige Anbieter von Stoffbeuteln aus recycelter Baumwolle.
Sind Bioplastiktüten zu empfehlen?
Nein, denn es ist wichtig, allgemein weniger Einwegtüten zu nutzen - unabhängig vom Material. Jedes Material hat Auswirkungen auf Umwelt und Natur, daher steht an erster Stelle die Abfallvermeidung. Da jedoch viel mit dem Begriff „Bioplastiktüte“ geworben wird, lohnt sich ein Blick auf die Materialien, die sich dahinter verbergen.
Mit „Bioplastiktüten“ werden sehr unterschiedliche Tütenmaterialien umschrieben: Einerseits sind bioabbaubare Kunststoffe gemeint und andererseits biobasierte Kunststoffe, die (teilweise) aus pflanzlichen, nachwachsenden Rohstoffen bestehen. Auch wenn es Kunststoffe gibt, die sowohl abbaubar sind als auch biobasiert, hängen diese beiden Eigenschaften nicht zusammen: Bioabbaubare Kunststoffe können zu 100 Prozent aus Erdöl oder Erdgas sein und biobasierte Kunststoffe müssen nicht abbaubar sein.
Bioabbaubare Tüten
In Deutschland spielen bioabbaubare Plastiktüten eigentlich nur noch als Biomüll-Sammelbeutel eine Rolle. Als Ersatz für die Tüten an der Supermarktkasse haben sie sich zu Recht nicht durchgesetzt. Die Umweltauswirkungen bei der Herstellung sind größer als bei anderen Tütenmaterialien und die Eigenschaft „bioabbaubar“ bezieht sich – entsprechend der europäischen Norm EN13432 – nur auf industrielle Kompost- oder Vergärungsanlagen, wo sehr hohe Temperaturen und Mikroorganismen den Abbau ermöglichen.
Daher werden diese Tüten noch als Biomüll-Sammelbeutel verkauft. Allerdings möchte kaum ein Entsorgungsunternehmen in Deutschland diese Beutel in seiner Anlage haben, da sie wie „normale“ Plastiktüten als Fremdstoffe aussortiert werden müssen. Die Anlage kann nicht unterscheiden, ob es eine abbaubare oder eine konventionelle Plastiktüte ist.
Daher empfiehlt der NABU seinen Biomüll mit Papiertüten zu sammeln, wenn man nicht ohne Tüte sammeln möchte (NABU-FAQ zur Biomüllsammlung).
„Biobasierte“ Tüten
Anstelle von fossilen Rohstoffen wie Erdöl und Erdgas kann man auch pflanzliche Rohstoffe zur Herstellung von Kunststoff nutzen. In Deutschland findet man zum Beispiel häufiger biobasierte Einwegtüten aus Ethanol, das aus brasilianischem Zuckerrohr gewonnen wird. Diese Tüten aus „Bio-PE“ sind baugleich zu den konventionellen PE-Tüten und auch genauso gut recyclebar. In Ökobilanzen zu Tüten schneiden diese Bio-PE Tüten in den verschiedenen Kategorien mal besser und mal schlechter ab als normale Kunststofftüten. Gegenüber Kunststofftüten mit dem Blauen Engel schneiden sie bisher fast immer schlechter ab, da hier mindestens 80 Prozent Recyclingmaterial in den Tüten steckt.
Die Tüte aus Bio-PE schneidet also nicht so umweltfreundlich ab, wie man eventuell erst einmal vermutet. Das liegt auch daran, dass das „bio“ im Namen nichts mit Bio-Landwirtschaft zu tun: Der Rohstoffanbau in der industriellen Landwirtschaft, aus der die Rohstoffe stammen, setzt stark auf mineralische Dünger und chemische Pestizide.
Biobasierte und bioabbaubare Tüten
Die größten Mengen biologisch abbaubarer, dass heißt kompostierbarer Kunststoffe bestehen aus Mais- oder Kartoffelstärke, die zu PLA verarbeitet werden (Polymilchsäuren). Die Kompostierbarkeit ist allerdings nur in industriellen Anlagen nachgewiesen. Der eigene Komposthaufen und auch eine Biogasanlage können das Material nicht abbauen. Kommt die Tüte über den Gelben Sack in eine Recyclinganlage, wird es nicht als eigene Kunststoffart erkannt. Sie kann sogar den Recyclingprozess anderer Kunststofffolien stören. Auch in der Natur ist ein problemloser Abbau noch nicht sichergestellt.
Fazit
Wie bei Papiereinwegtüten gilt: Am besten routinemüßig einen Mehrwegbeutel dabei haben und alte Tüten so oft wie möglich wiederverwenden.
Die chemische Industrie muss das Problem lösen, Kunststoffe zu entwickeln, die sowohl überall biologisch abbaubar und aber auch recyclingfähig sind. Damit wäre es nicht mehr so wichtig, wo ein Produkt wie die Plastiktüte landet: in der Kompostanlage, der Biogasanlage oder der Recyclinganlage. Selbst, wenn sie aus Versehen in Landschaft und Gewässern landet, würde sie weniger Schaden anrichten.
Ist es nicht egal, wie viele Tüten wir verbrauchen, wenn die Tüten sowieso recycelt werden?
Nein, denn Produktion, chemische Behandlung, Bedrucken und Recycling der Tüten verbrauchen natürliche Ressourcen und enorm viel Energie. Daher steht Vermeidung immer vor Recycling, wie es auch in der EU-Abfallhierarchie festgelegt wurde. Auch wenn alle weggeschmissenen Tüten recycelt würden: Es wäre weiterhin eine Verschwendung natürlicher Ressourcen, noch nutzbare Tüten wegzuschmeißen!
Leider werden in Deutschland bisher nur die Hälfte des Kunststoffverpackungsmülls recycelt, der Rest wandert zur Energiegewinnung in die Müllverbrennungsanlage. Für höhere Recyclingquoten fehlen gesetzliche Vorgaben und wirtschaftliche Anreize: Die Technologie ist teuer und solange der Gesetzgeber nicht vorgibt, dass höhere Anteile recycelt werden müssen, wird die Wirtschaft nicht investieren und technische Potenziale ausschöpfen.
Was bedeutet der Blaue Engel auf Recyclingplastiktüten?
Plastiktüten mit dem Blauen Engel-Logo bestehen zu mindestens 80 Prozent aus recyceltem Plastik. Damit kann gegenüber einer herkömmlichen Plastiktüte schätzungsweise die Hälfte an CO2-Emissionen eingespart werden (Website zum Blauen Engel).
Die Tüten aus Recyclingmaterial können wieder recycelt werden. So ist die Ökobilanz solcher Tüten sehr viel besser als die Ökobilanz der Tüten aus „Neuware“. Dabei gilt wie bei allen Materialien: Je öfter die Tüte genutzt wird, desto besser wird die Ökobilanz. Und besser als eine Einwegtüte aus Recyclingmaterial zu nutzen, ist gar keine neue Einwegtüte zu brauchen.
Wieso muss man in vielen Läden für die Plastiktüten bezahlen?
In Supermärkten der großen Ketten hatte sich der „Tütengroschen“ schon vor Jahrzehnten etabliert. Er hatte keine gesetzliche Grundlage, sondern wurde von den Handelsunternehmen selbst eingeführt. Die Gründe für die Einführung scheinen vielfältig gewesen zu sein, meistens wird sie auf Anfang der 70er Jahre zu Zeiten der Ölkrise datiert. Hier wurde Plastik und Druckfarbe teuer, Umweltaspekte spielten noch keine Rolle. Damals soll die Präsidentin des Deutschen Hausfrauenbundes kritisch angemerkt haben, dass es nicht nachvollziehbar sei, dass Verbraucher mit bedruckten Tüten als Werbeträger eingespannt würden und dafür auch noch zahlen müssten.
Inzwischen zahlt man in Deutschland nicht nur im Supermarkt für die Tüte, sondern auch in vielen anderen Geschäften des Einzelhandels, da die EU die Mitgliedstaaten 2015 verpflichtet hat, den Plastiktütenverbrauch drastisch zu reduzieren. In Deutschland haben daraufhin verschiedene große Unternehmen freiwillig zugesagt, Plastiktüten nicht mehr kostenlos an die Kunden abzugeben.
Die EU hat vorgegeben, Plastiktüten zu reduzieren. Was macht Deutschland?
Eine Tüte ist offiziell eine Verpackung, daher wurde die EU-Verpackungsrichtlinie geändert, um die Flut an Plastiktüten einzudämmen. Die EU- Mitgliedstaaten wurden verpflichtet, bis Ende 2025 den Verbrauch von Einwegplastiktüten zwischen 15 und 50 Mikrometer Wandstärke pro Kopf und Jahr auf maximal 40 zu reduzieren. Den einzelnen Staaten blieb es selbst überlassen, mit welchen Maßnahmen sie die Reduktion auf 40 Plastiktüten erreichen wollen. Sie können beispielsweise eine Bezahlpflicht, Verbote, Sonderabgabe oder Steuer einführen oder auch auf kommunikative Maßnahmen wie Verbraucherkampagnen setzen.
Die EU-Mitgliedsstaaten setzen dementsprechend auch auf ganz unterschiedliche Instrumente wie Steuern und Abgaben wie in Irland, Verbote bestimmter Tüten wie in Italien und Frankreich oder Selbstverpflichtungen und freiwillige Vereinbarungen mit dem Handel wie in Großbritannien und anfangs auch in Deutschland. Hier wurde im Jahr 2016 auf eine freiwillige Vereinbarung zwischen dem Handelsverband und dem Bundesumweltministerium gesetzt, Plastiktüten an den Kassen nicht mehr kostenlos abzugeben. So wurde der Plastiktütenverbrauch von 76 Tüten pro Person im Jahr 2012 auf 20 Tüten im Jahr 2019 gesenkt.
Die Vorgabe der EU wurde bereits schnell erreicht mit der Vereinbarung. Dennoch hat die Bundesregierung ein Verbot beschlossen: Einwegtragetaschen aus Kunststoff mit 15 bis 50 Mikrometer Wandstärke dürfen ab Januar 2022 nicht mehr in Verkehr gebracht werden.
Der NABU begrüßt es, dass die Politik nicht mehr nur auf freiwillige Vereinbarungen setzt. Das vorgeschlagene Verbot greift für den NABU aber zu kurz. Denn was nicht bekannt bzw. veröffentlicht ist: Wie viele Einwegplastiktüten wurden durch Einwegpapiertüten ersetzt, die sogar eine schlechtere Ökobilanz haben als Plastiktüten? Der NABU fordert daher die transparente Veröffentlichung der Verbrauchsdaten zu Papiereinwegtüten und eine gesetzliche Abgabe auf Papier-Einwegtragetaschen (mehr Infos).
Was hält der NABU vom Plastiktütenverbot?
Der NABU findet es gut, dass das Bundesumweltministerium nicht mehr nur auf freiwillige Vereinbarungen setzt. Im Falle der Plastiktüte wiederholt das Ministerium allerdings die Geburtsfehler der vorangegangen freiwilligen Vereinbarung mit dem Handelsverband: Das Verbot zielt nur auf die Einwegtragetaschen aus Kunststoff ab (15 bis 50 Mikrometer Wandstärke), nicht aber auf die gesamtökologisch noch schlechter abschneidende Papier-Einwegtüte. Für die Papier-Einwegtüte gibt es keine Reduktionsziele, keine Reduktionsmaßnahmen und keine Datenerhebung, was der NABU sehr kritisch sieht (NABU-Stellungnahme vom 30. September 2019).
Aus ökologischer Sicht ist es fraglich, ob das Verbot bestimmter Plastiktüten das richtige Instrument ist, um einen positiven Umwelteffekt zu erzielen, oder ob nicht einfach nur noch stärker als bisher auf andere Materialien und andere Wandstärken ausgewichen wird. In Deutschland ist eine noch weiter zunehmende Verlagerung auf Papiertüten zu erwarten, in Ländern wie Italien und Frankreich bleiben angeblich kompostierbare oder bioabbaubare Kunststoff-Tüten weiterhin erlaubt. Dabei zeigen Ökobilanzen, dass auch Papiertüten oder sogenannte bioabbaubare Plastiktüten nicht umweltfreundlicher sind als normale Plastiktüten (s.o.).
Mit dem Verbot der Plastiktüte müssten daher unbedingt auch gesetzliche Maßnahmen ergriffen werden, um auch den Verbrauch an Papiertüten zu reduzieren.
Sollten Plastik-Knotenbeutel für Obst und Gemüse verboten werden?
Die dünnen Plastiktüten in der Obst- und Gemüseabteilung – auch Knoten- oder Hemdchenbeutel genannt – stehen inzwischen auch im Fokus der Öffentlichkeit. Es gibt Forderungen, die Tüten zu verbieten oder wenigstens nicht mehr kostenlos abzugeben. Grundsätzlich fordert auch der NABU, keine Einwegtüten mehr kostenlos abzugeben, egal ob dick- oder dünnwandig, groß oder klein. Obst und Gemüse ist allerdings ein Sonderfall, den man sich genauer anschauen muss.
Als ersten Schritt müssten die Unternehmen Obst und Gemüse auspacken: Noch immer werden Obst und Gemüse zu über 60 Prozent vorverpackt verkauft, wie eine NABU-Studie zeigt. Solange hier nicht radikal ausgepackt wird, ist es nicht förderlich, Geld für den Knotenbeutel zu nehmen oder ihn sogar abzuschaffen. Ein dünner Knotenbeutel ist viel materialeffizienter als eine Vorverpackung und es muss verhindert werden, dass noch mehr vorverpackt gekauft wird, wenn der Knotenbeutel etwas kostet, die Vorverpackung aber kostenlos ist. Bereits jetzt ist die lose Ware in der Regel teurer als die vorverpackte.
Und auch eine Umstellung von Kunststoffbeutel auf Papiertüten wäre keine ökologischere Alternative: Die Papierproduktion benötigt so viel frisches Holz sowie extrem viel Energie und Wasser, dass in Ökobilanzen die Papiertragetasche schlechter abschneidet als die aus Kunststoff.
Ziel muss sein, dass lose Ware die Regel ist. Dann ist es sinnvoll für die Einwegtüte für Obst und Gemüse Geld zu verlangen, damit die Kunden motiviert sind, die Ware lose zur Kasse zu bringen bzw. eigene Mehrwegbeutel mitzubringen.
Was fordert der NABU von Politik und Handel?
Das von der Bundesregierung zu Januar 2022 beschlossene Verbot bestimmter Plastiktüten muss für den NABU flankiert werden mit Maßnahmen zur Reduktion der Einwegpapiertüten. Nur so kann sichergestellt werden, dass das Verbot auch einen positiven Umweltnutzen hat und nicht nur zu Verlagerungseffekten führt – die im schlimmsten Fall sogar noch schlechter für die Umwelt sind (NABU-Stellungnahme vom 30. September 2019).
Der NABU spricht sich weiterhin für eine Abgabe auf alle Einweg-Tragetaschen aus, deren Einnahmen zweckgebunden in Umwelt- und Naturschutzprojekte gehen sollten. Diese sollte jedoch gekoppelt werden mit einer Bezahlpflicht, damit die Unternehmen die Abgabe nicht selbst als „Serviceleistung“ für den Kunden zahlen und sich am Verbrauch nichts ändert. Damit die Konsumenten wirklich abwägen und öfter verzichten, eine Tüte zu kaufen, muss der Preis, das heißt die Abgabe, auch hoch genug sein. Wenn man die Abgabe auch auf die Hygienebeutel im Obst und Gemüsebereich oder an der Frischetheke ausweitet, müssen gleichzeitig auch Vorverpackungen für Obst und Gemüse, Wurst und Fleisch sowie Käse abgabenpflichtig werden, um zu verhindern, dass noch mehr vorverpackt verkauft wird.
Auch zur Bezahlpflicht ist eine gute Kommunikation wichtig, um Kunden zu motivieren, eigene Taschen, Rucksäcke und gebrauchte Tüten mitzubringen. Möglich wäre auch, das Mitbringen eigener Taschen über Rabatt- oder Bonussysteme zu honorieren oder sich an Pfandsystemen zu versuchen, damit sich die Taschen und Tüten nicht zuhause stapeln, sondern möglichst häufig genutzt werden.
Die Plastik- und Papiertüten, die noch in Verkehr gebracht werden, sollten hohe Anteile an Recyclingmaterial haben. Plastiktüten mit dem Blauen Engel bestehen beispielsweise zu mindestens 80 Prozent aus Recyclingmaterial. Die Tüten sollten möglichst wenig und wenn mit umweltfreundlichen Druckfarben bedruckt werden. Das gleiche gilt auch für Papiertüten.
Verbote sind vor allem für bestimmte Orte, wie touristisch stark erschlossene Küstengebiete, wichtig, wo die Gefahr groß ist, dass Tüten und Verpackungen in der Natur landen statt im Mülleimer. Hier sollten Kommunen das Recht haben, Verbote für Einwegtüten und -verpackungen auszusprechen. Hier können neben der Plastiktüte auch stark bedruckte Papiertüten problematisch sein oder auch Papierverpackungen mit Kunststoffbeschichtungen oder chemischen Inhaltsstoffen im Papier, die als gefährlich für Mensch und Natur eingestuft werden.
Ökobilanzen von Einwegtragetaschen
Environment Agency, Großbritannien (2011)
Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (EMPA) (2014)
Downloads:
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