Fehlt etwas im Kleiderschrank, besser zu gebrauchter statt zu neuer Kleidung greifen. Foto: NABU/Kühnapfel Fotografie
Kleidung lange tragen ist besser als sie zu recyclen
Neue Mode aus alten Kleidern?
Die Herstellung von Textilien verbraucht beziehungsweise verschmutzt – je nach Material – Wasser, Boden, Düngemittel, Erdöl, Pestizide, Chemikalien, Farbstoffe und vieles mehr. Kleidungsstücke werden nur kurze Zeit genutzt und dann entsorgt. Schon heute übersteigt die Menge an entsorgten Altkleidern in Deutschland den Bedarf nach Secondhand-Kleidung. Daher wird der Großteil der in Deutschland gesammelten Textilien exportiert.
Aber: Je länger Kleidung getragen wird, desto weniger muss neu produziert werden. Daher sollte man sich bei jedem Neukauf überlegen, ob man das Kleidungsstück wirklich braucht. Das lange Tragen ist die wirksamste Methode, um die Umweltbelastungen von Mode zu reduzieren. Und wenn man etwas nicht weiter tragen möchte oder kann, gibt es viele Möglichkeiten, dennoch die Nutzungsdauer eines Kleidungsstücks zu verlängern: etwa die Weitergabe an Freund*innen und Bekannte, Kleidertauschpartys oder Online-Marktplätze. Die letzte Option ist die Altkleidersammlung. Allerdings gibt es Unterschiede, was mit den Alttextilien passiert. Es lohnt also, vorher zu schauen, in welche Sammlung man die Altkleider gibt.
So oder so ist es ökologisch sinnvoller, alte Kleidung länger zu nutzen und weiterzugeben. Denn Recycling benötigt oft viel Energie und Chemikalien. Eine bessere Alternative als die Verbrennung oder Deponierung von Alttextilien ist es trotzdem. Daher ist es auch wichtig, neue Technologien zu entwickeln, mit denen alte, kaputte Kleidung so recycelt werden kann, dass daraus wieder neue Kleidung entsteht.
Was passiert mit aussortierter Kleidung?
Alte Textilien können über Sammelcontainer sowie an Kleiderkammern oder lokale soziale Projekte abgegeben werden. Schätzungsweise über eine Million Tonnen getrennt gesammelte Alttextilien werden in Deutschland jährlich erfasst. Umfassende Statistiken existieren dazu allerdings noch nicht.
Mehr als die Hälfte der Textilien wird weiter genutzt: Nach einer händischen Sortierung landet ein kleiner Anteil in Secondhand-Läden in Deutschland, zu einem Großteil in anderen Ländern, vor allem in Osteuropa, Afrika und Asien. Die Sortier- und Sammelorganisationen finanzieren sich fast ausschließlich durch den Verkauf der wiederverwendbaren Textilien. Das wird allerdings immer schwieriger, weil dieser Anteil kleiner wird, da die Qualität der gesammelten Altkleider abnimmt.
Textilien, die nicht mehr zu ihrem ursprünglichen Zweck verwendet werden können, werden beispielsweise zu Putzlappen verarbeitet oder auch zu Vlies-, Dämm- und Füllstoffen verarbeitet. Deutschland steht dabei in der EU gar nicht schlecht da: „Nur“ circa 12 Prozent der gesammelten Textilien werden verbrannt oder deponiert. In der gesamten EU sollen es rund 90 Prozent sein.
Welchen Altkleidercontainer wähle ich?
Bei der Fülle von Altkleidersammlungen fällt die Auswahl schwer. Das Label von FairWertung e.V. sowie das bvse-Qualitätssiegel kennzeichnen vertrauenswürdige Sammelcontainer. FairWertung e.V stellt sicher, dass die gesammelten Textilien und Schuhe beziehungsweise die Verkaufserlöse wirklich sozialen und karitativen Zwecken zugutekommen. Im Internet kann man unter altkleiderspenden.de eine Sammlung in der Nähe finden. Das bvse-Qualitätssiegel indes wird an Unternehmen vergeben, die sich zu Transparenz bei der Sammlung verpflichten. Zusätzlich geht es um den Schutz der Umwelt – abgegebene Kleidungsstücke werden so gut wie möglich als Secondhand-Ware gespendet oder vermarktet.
Vorsicht: Unter den Sammlungen finden sich auch illegal aufgestellte Container. Sie unterscheiden sich optisch nicht. Seriöse Sammlungen sind für Nachfragen erreichbar und geben ihre Kontaktdaten an.
Teilweise werden Alttextilien auch in Geschäften freiwillig zurückgenommen. Hierbei handelt es sich aber nicht um eine Sammlung für soziale Zwecke. Manche Marken nehmen auch nur eigene Ware zurück und geben Rabattgutscheine aus. Ein Anreiz, neue Ware zu kaufen. Solche Rücknahme-Modelle haben mit Umweltschutz nichts zu tun.
Was mache ich mit zerschlissener Kleidung?
Wenn Kleidung tatsächlich kaputt und zerschlissen ist, gehört sie nicht in den Altkleidercontainer. Bis 2025 gehört sie in den Restmüll, ab 2025 müssen Alttextilien in der EU von anderen Abfallarten getrennt gesammelt werden. Welche Angebote es dafür vor Ort gibt, muss bei der Abfallberatung vor Ort erfragt werden. Eine Suche nach der passenden Beratung nach Postleitzahlen bietet der NABU.
Was passiert mit exportierten Textilien?
Da in Deutschland mehr weggeschmissen als gebraucht gekauft wird, landen viele der gesammelten Alttextilien im Ausland. Das Umweltbundesamt (UBA) geht davon aus, dass Deutschland mindestens die Hälfte exportiert. Im Jahr 2022 waren das geschätzt 5,5 Kilogramm pro Person.
Der Export von Kleidung muss nicht zwangsweise schlecht sein, wenn vor Ort ein Markt besteht und durch den Handel mit Secondhand-Ware lokale Arbeitsplätze entstehen. Allerdings sind nicht alle exportierten Textilien wiederverwendbar. Viele müssen vor Ort aussortiert und entsorgt werden. Da viele Importländer keine funktionierende Abfallentsorgung haben, werden die Alttextilien dort also oft verbrannt oder deponiert. So gelangen nicht nur Chemikalien aus den Textilien in die Natur, sondern beispielsweise auch Mikroplastik durch die Zersetzung von Polyester und anderen synthetischen Stoffen.
Werden Textilien recycelt?
In Deutschland werden bisher nur 26 Prozent der Alttextilien recycelt – meistens nur zu Putzlappen und Dämmmaterial. Dafür werden Alttextilien mechanisch aufgetrennt, zerrissen, zerkleinert. Weil die Fasern dabei immer kürzer werden, können wenige der gewonnenen Recyclingfasern wieder in neuen Textilien verarbeitet werden. Allgemeine sind Textilien nicht einfach zu recyceln, denn meistens bestehen sie aus verschiedenen Faserarten und Stoff-Mixen, zum Beispiel Baumwolle und Elasthan. Auch Reißverschlüsse, Knöpfe und Farben erschweren das Recycling.
Die Technologie, um in großem Maßstab aus alter Kleidung wieder neue Kleidung zu machen, steht noch ganz am Anfang: Bei neuen Verfahren werden die Alttextilien durch Lösemittel aufgelöst, um Fasern oder Polymere zu gewinnen, die in neuen Textilien verarbeitet werden können. Diese Verfahren brauchen mehr Energie und Chemie als bisherige Verfahren. Positiv ist jedoch, dass hochwertige Recyclingfasern entstehen, die tatsächlich Fasern aus Erdöl oder Baumwolle ersetzen können. Daher sollten diese Technologien gefördert werden.
Um das Recycling aus der Nische zu holen, muss auch unbedingt die Sortierung automatisiert werden: Bisher wird dafür händisch sortiert. Für die anschließende Sortierung für das richtige Recyclingverfahren braucht man zukünftig eine automatisierte Sortierung, die die restlichen Kleidungsstücke nach Stoff- und Faserart sortiert.
Flasche zu Fleecejacke – ist das gut?
Viele Kleidungshersteller werben damit, Recyclingmaterial einzusetzen. Die recycelten Fasern in solchen Produkten stammen allerdings nicht aus alten Kleidungsstücken, sondern aus getrennt gesammelten Einweg-Getränkeflaschen aus PET. PET ist ein Polyester, daher ist es recht einfach, daraus recycelte Polyesterfasern zum Beispiel für Fleece-Pullis, Regenjacken, T-Shirts zu gewinnen. Das geschieht bereits seit vielen Jahren.
Es ist umstritten, ob das eine gute Sache ist. Denn die Getränkeflaschen sind aus Hygienegründen die wichtigste Quelle für Recyclingmaterial für neue Einweg-Getränkeflaschen. Verarbeitet man die Getränkeflaschen aber zu Textilien, fehlt das Recyclingmaterial für neue Getränkeflaschen. Andererseits können Mehrweg-Getränkeflaschen auch den Verbrauch von Einweg-Getränkeflaschen drastisch reduzieren.
Was kann ich tun?
- Textilien lange nutzen und möglichst wenig Neuware kaufen: Jedes neu produzierte Teil belastet die Umwelt.
- Wenn Abwechslung im Kleiderschrank gewünscht ist, auf gebrauchte Kleidung setzen – ob per Tauschparty oder aus dem Secondhand-Laden.
- Kleidung so selten wie möglich waschen, trocknen und bügeln: Die Kleidung wird geschont, wenn sie stattdessen häufiger auslüftet.
- Bevor Kleidung ausgedient hat, schauen, ob sie repariert werden kann: An kleine Löcher oder Knöpfe kann man sich selbst versuchen, alternativ gibt es die Änderungsschneiderei.
- Bei der Wahl eines Altkleidercontainers auf das Label FairWertung und das bvse-Siegel achten. Einen passenden Container findet man unter altkleiderspenden.de.
- Wenn es doch ein neues Kleidungsstück sein soll, auf gute Produktionsbedingungen achten, der NABU gibt hierzu einige Tipps.
- Achtung: Selbst zerschlissene und stark verschmutzte Kleidung darf ab 2025 nicht mehr in den Restmüll. Wo sie hingehört, weiß die lokale Abfallberatung.
Das fordert der NABU von Politik und Wirtschaft:
- Verbindliche erweiterte Herstellerverantwortung: Textilunternehmen gesetzlich dazu verpflichten, die Sammlung, die Sortierung und das Recycling von Alttextilien zu finanzieren.
- Ökodesignrichtlinien für Textilien: Die EU soll für das Design von Textilien gesetzliche Mindeststandards vorgeben, beispielsweise zu Langlebigkeit und Recyclingfähigkeit.
- Gesetzliche Recyclingquoten: Die Textilbranche soll perspektivisch gesetzliche Recyclingquoten erfüllen und Recyclingfasern in neuen Textilien verarbeiten müssen.
- Förderung und Investitionen in Technologie: Die automatische Sortierung muss weiterentwickelt und bestehende sowie neue Recyclingtechnologien müssen gefördert werden.
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In Deutschland müssen Alttextilien besser aufbereitet werden, um mehr Recyclingfasern in neuen Textilien nutzen zu können. Dafür müssen Hersteller aber mehr Verantwortung übernehmen. Außerdem braucht es strengere Vorgaben von der Politik vom Design bis zur Sortierung. Mehr →
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