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Der Onlinehandel wächst rasant. Die dadurch ausgelöste Paketflut hat Folgen für die Umwelt.
Der boomende Onlinehandel hat dem Pappkarton zu frischem Glanz verholfen. Denn immer mehr Verbraucher ordern Bücher, Kleidung, Elektrogeräte oder gar Lebensmittel per Mausklick bei den Amazons und Zalandos im Internet. Zwischen 2010 und 2017 stieg der Umsatz im E-Commerce von gut 20 auf über 53 Milliarden Euro, berichtet der Handelsverband Deutschland. Für dieses Jahr geht er von einem weiteren Wachstum um zehn Prozent aus. Geliefert werden die bestellten Waren fast ausschließlich in stabilen Kartonagen aus ein- oder mehrlagiger Wellpappe. Doch was die Verpackungsindustrie freut, hat Folgen für die Umwelt.
Insbesondere in der Weihnachtszeit arbeiten die hiesigen Zustelldienste am Limit. Allein die Post-Tochter DHL, der Platzhirsch unter den Zustellern, liefert bis zu 8,5 Millionen Päckchen und Pakete aus – täglich. An normalen Tagen sind es rund 4,3 Millionen. Doch oft wird mehr Luft als Ware durch die Gegend gekarrt. Nach Expertenschätzungen sind von Online-Händlern verschickte Pakete im Schnitt nur etwa zur Hälfte gefüllt. Bei Untersuchungen des Fraunhofer-Instituts für Materialfluss und Logistik fanden sich allerdings auch Pakete mit nur 20 Prozent Wareninhalt. Die Crux: Im Einkauf sind Kartons in wenigen Standardgrößen und möglichst großen Stückzahlen billiger als eine Vielzahl verschiedener Größen in geringerer Auflage.
Verbraucherverhalten entscheidend
Würden die Versandhändler platzsparender packen, ließe sich nicht nur die Zahl der Transporte verringern, sondern auch der Müllberg reduzieren. Der Papier-, Pappe- und Kartonverbrauch des Versandhandels ist von 1996 bis 2015 von 120.000 auf knapp 770.000 Tonnen regelrecht explodiert, hat das Umweltbundesamt (UBA) ermittelt. Glaubt man allerdings der Deutschen Post, ist das Versenden von Waren innerhalb Deutschlands trotzdem umweltfreundlich. Beim Transport vom Lager des Händlers bis zur Haustür des Kunden würden weniger als 500 Gramm CO2 ausgestoßen, hat der Logistikkonzern errechnet. Damit komme ein modernes Mittelklassefahrzeug nicht einmal 3,5 Kilometer weit – zu wenig, um zum Einkaufen in die Stadt zu fahren.
Ist es also doch besser für die Umwelt, das neue Paar Schuhe online zu ordern? Diese Frage soll eine Studie des UBA klären, die allerdings noch nicht abgeschlossen sei, wie UBA-Verkehrsexperte Martyn Douglas berichtet. Im Einzelfall entscheide jedoch das Verbraucherverhalten über die Umweltfreundlichkeit einer Online-Bestellung, sagt Douglas. Mit anderen Worten: Werden die Schuhe bereits beim ersten Zustellversuch entgegengenommen, könnte die Berechnung der Post zutreffen. Doch oftmals muss der Bote die Ware wieder mitnehmen, weil niemand zu Hause ist. Und mindestens genauso oft werden die Schuhe wegen unpassender Größe oder Nichtgefallen wieder zurück zum Händler geschickt. Das geht schnell: Rückschein aufs Paket und ab damit – kostenlos, versteht sich.
Verstopfte Innenstädte
Zurückgesandt werden vor allem Textilien. Zalando, das größte Online-Modehaus Deutschlands, beziffert die Retourenquote mit 50 Prozent. Daran ist Zalando selbst nicht ganz unschuldig, hatte der Modehändler doch mit dem Slogan geworben „Schrei vor Glück oder schick‘s zurück“. Inzwischen hat man den zweiten Teil des Werbespruchs gestrichen; doch so leicht wird der Onlinehandel die Geister, die er rief, nicht wieder los. Die Kunden sind durch jahrelange Gewöhnung auf einfache, schnelle und kostenlose Retouren geeicht. Forscher der Universität Bamberg geben die Zahl der Rücksendungen mit rund 290 Millionen pro Jahr an. Zusatzkosten für den Händler: rund 15 Euro pro Retoure – nicht eingerechnet die Umweltschäden durch mehr Verkehr, Lärm und Abgase.
Es könnte noch schlimmer kommen. Mit dem Versprechen, die Ware noch am Bestelltag zu liefern, vermarktet als „Same Day Delivery“, erhöht der Onlinehandel, angeführt von Amazon, den Druck. Die Elektrohandelskette Media Markt bietet beispielsweise an, gegen 14,95 Euro Gebühr die Ware innerhalb von drei Stunden nach dem Kauf zuzustellen. Same Day Delivery sei ein gutes Beispiel für ein Angebot, für das es eigentlich gar keine große Nachfrage gebe, urteilt UBA-Experte Douglas: „Zudem ist es ineffizient und teuer.“ Ob sich das Angebot am Markt halten könne, sei deshalb fraglich. Klar ist allerdings schon jetzt, dass Same Day Delivery die Verkehrsprobleme in den Innenstädten weiter verschärft. Denn mit geringerer Auslastung der Lieferfahrzeuge steigt die Zahl der zu fahrenden Touren und damit die Verkehrsdichte in den ohnehin schon überlasteten Innenstädten.
Lebensmittel aus dem Internet
Ob sich Same Day Delivery durchsetzt, hat vor allem der Verbraucher in der Hand. Katharina Istel, NABU-Expertin für nachhaltigen Konsum, rät zum Standardversand: „Man wartet zwar etwas länger, dafür sind aber die Lieferfahrzeuge besser ausgelastet“, sagt sie. Wer zudem darauf achte, Retouren zu vermeiden, tue der Umwelt einen zusätzlichen Gefallen. Von online angebotenen frischen Lebensmitteln oder Tiefkühlprodukten solle man generell die Finger lassen, empfiehlt Istel: „Der logistische Aufwand ist enorm und die Kühlung oft mangelhaft.“ In diesem Sektor hat der stationäre Handel vor Ort die besseren Karten. Denn anders als im Internet lassen sich im Supermarkt Obst und Gemüse noch vor dem Kauf in Augenschein nehmen. Für den Weg dorthin schwingt man sich am besten aufs Fahrrad – mehr Umweltschutz beim Einkaufen geht nicht.
Hartmut Netz
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