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In Großstädten erleben Lastenfahrräder eine Renaissance
Einst gehörten Lastenräder wie selbstverständlich zum Straßenbild: Auf einem Fahrrad, über dessen verkleinertem Vorderrad ein Kasten montiert war, fuhr der Bäckerjunge die frischen Semmeln aus. Auf dem Long John, einem Fahrrad mit tiefgelegter Ladefläche zwischen Lenker und Vorderrad, transportierten Handwerker Werkzeug und Material. Der Siegeszug des Automobils in den 60er Jahren verdrängte Lastenräder aus dem Stadtverkehr. Doch seit kurzem erleben sie eine Renaissance.
Insbesondere in deutschen Großstädten haben junge Familien das Lastenrad als Kleinwagen-Ersatz mit Öko-Chic für sich neu entdeckt. Wer seine Kinder in der Sperrholzbox vor dem Lenker in die Kita radelt oder darin den Großeinkauf nach Hause fährt, kann sich in den Szenevierteln von Berlin, Köln oder München anerkennender Blicke sicher sein. Hinzu kommt, dass sich mit den Lasteseln der Moderne auch sperrige Güter wie Stühle, große Zimmerpflanzen oder sogar Kühlschränke bequem und unkompliziert transportieren lassen. In klassischen Radfahrer-Städten wie Amsterdam und Kopenhagen hat sich diese Erkenntnis schon länger herumgesprochen: Lastenräder sind dort alltägliche Verkehrsmittel. Allein im Großraum Kopenhagen mit 750.000 Einwohnern sollen 40.000 der großformatigen Transporträder unterwegs sein.
Mit lockerem Tritt
Lastenräder werden in einspuriger oder – mit drei Rädern – in zweispuriger Ausführung gebaut. Wenn es rollt, lässt sich ein Transportbike selbst bei maximaler Zuladung mit lockerem Tritt in Fahrt halten. Anfahren, Beschleunigen und Steigungen können jedoch in die Beine gehen. Viele Modelle sind deshalb mit einem Elektro-Motor ausgerüstet, dessen 250 Watt-Unterstützung reicht, um auch mit der neuen Waschmaschine in der Ladebox bergauf radeln zu können ohne ins Schwitzen zu geraten. Lastenräder kosten zwischen 1.800 und 2.700 Euro, mit Elektro-Motor bis zu 5.000 Euro. Sie sind zulassungsfrei und dürfen auf Radwegen gefahren werden – so wie ganz normale Fahrräder.
Warum Lastenräder noch nicht ganz im Alltag angekommen sind, liege sicher auch daran, dass sie sichere Abstellmöglichkeiten und mehr Platz als normale Fahrräder benötigen. „Vermieter, Hausbauer und Kommunen sollten diese Aspekte stärker berücksichtigen. Nur ungern lässt man sein teures Lastenrad bei Wind und Wetter draußen stehen, erst Recht nicht, wenn es an Anschließmöglichkeiten mangelt. Durch manchen Hausflur passt es erst gar nicht durch. Barrierefreiheit ist also auch beim Lastenrad zunehmend gefordert“, sagt NABU-Verkehrsexperte Dietmar Oeliger.
Schnelle Alternative zum Auto
Streng genommen war das Lastenrad nie ganz verschwunden, nur in der öffentlichen Wahrnehmung war es ausgeblendet. Als Werksrad auf weitläufigen Betriebsgeländen ist es ebenso noch präsent wie als Postrad in etwa einem Drittel der 52.000 Zustellbezirke Deutschlands. Vor allem im stau-geprägten Stadtverkehr könnten Lastenräder mit E-Motor für Gewerbetreibende eine schnelle und zuverlässige Alternative zum Auto sein: Zeitfressende Staus und nervenzermürbende Parkplatzsuche entfallen, Unterhalt und Wartung sind unschlagbar günstig und der Werbe-Slogan auf der Transportbox wird garantiert wahrgenommen. Damit wäre das Lastenrad eigentlich das Verkehrsmittel der Wahl für den innerstädtischen Warenverkehr.
Doch bislang dominiert auch auf der letzten Meile das Auto. Der Europäische Radfahrer-Verband ECF hat im Rahmen des EU-Projekts „Cycle Logistics“ den innerstädtischen Warenverkehr unter die Lupe genommen und festgestellt, dass über die Hälfte der motorisierten Fahrten mithilfe von Lastenrädern erledigt werden könnten. Insbesondere bei Transporten im Umkreis von sieben Kilometern mit einer Ladung bis zu 250 Kilo sei das Fahrrad oft schneller und flexibler als das Auto, sagt Randy Rzewnicki vom ECF: „Unternehmen, die ihre Transporte in den Innenstädten per Rad abwickeln, können ihre Kosten erheblich reduzieren.“ Was die Erkenntnisse der Untersuchung für Kommunen bedeuten, lässt sich leicht ausmalen: Mehr Warentransporte per Rad senken den Lärmpegel, verflüssigen den Verkehr und verbessern die Luft in der City.
„Das ist die Zukunft“
Folgerichtig hat die Stadt München ein Förderprogramm für Lastenräder im Lieferverkehr aufgelegt. Ein Jahr lang erproben interessierte Unternehmen insgesamt zwölf Lastenräder, die ihnen die Stadt unentgeltlich zur Verfügung stellt: „Ziel ist es, ein möglichst breites Spektrum von Typen, Transportzwecken und Einsatzmöglichkeiten abzudecken“, sagt Wolfgang Nickl vom Wirtschaftsreferat der Stadt. Die Münchner Kurierdienste sind da bereits weiter: Die Radkurier-Firma Rapid setzt bereits seit einigen Jahren Lastenräder ein, um Waren durch die Stadt zu transportieren. „Das ist die Zukunft“, glaubt auch Peter Lakatosch, Disponent beim Kurierdienst Transimpex. In der Innenstadt verzichtet seine Firma inzwischen auf Autokuriere und lässt die Waren stattdessen per Rad zustellen. „Die Autokuriere stehen mehr als dass sie fahren“, sagt Lakatosch. Außerdem kosteten Lastenräder nur etwa zehn Cent auf 100 Kilometer. „Das schafft kein Auto.“
Hartmut Netz (Naturschutz heute 2016)