Papierverbrauch in Deutschland 2021 - Grafik: NABU/sichtagitation
Papier ist nicht automatisch öko
Mit der Papierherstellung gehen Umweltbelastungen einher
Wir alle kennen das: Wir stehen im Supermarkt und wollen möglichst nachhaltig einkaufen. Oft geht unser Griff dann zu einem in Papier eingepackten Produkt, denn immer mehr Unternehmen werben mit der Umstellung ihrer Verpackungen oder Produkte von Plastik auf Papier. Der Haken: Es ist nicht automatisch so, dass Papier ökologisch besser ist als zum Beispiel Kunststoff. Jede Nutzung natürlicher Ressourcen ist ein Eingriff in die Natur und auch für die Papierherstellung werden enorme Mengen an Holz, Energie und Wasser benötigt.
Die Abwässer aus der Papierindustrie tragen auch in Deutschland zur Gewässerbelastung bei und in den Papieren ist eine Vielzahl von Chemikalien verarbeitet, die teils als gesundheits- und umweltgefährdend gelten. So werden beispielsweise sogenannte PFAS in Einweggeschirr und To-Go-Verpackungen aus Papier und Pappe verarbeitet, damit diese nassfest und fettbeständig sind. Diese PFAS reichern sich bereits jetzt bis in die Arktis hinauf in der Natur an und wurden laut Umweltbundesamt nicht nur in Pflanzen und Tieren, sondern auch im menschlichen Blut und in der Muttermilch nachgewiesen. Im menschlichen Körper schwächen sie u.a. das Immunsystem. Leider gibt es noch immer kein Verbot, diese Stoffe in Verpackungen einzusetzen.
Papierverbrauch in Deutschland hat globale ökologische Auswirkungen
Deutschland ist Europas führender Papierproduzent und hat einen der höchsten Pro-Kopf-Verbräuche weltweit – mit Auswirkungen auf die Wälder weltweit. Deutschland importiert fast ein Viertel des Zellstoffs der zu Papieren verarbeitet wird aus Brasilien. Wälder sind Orte großer biologischer Vielfalt, binden Treibhausgase und stabilisieren das Klima der Erde. Der durch die Papierherstellung bedingte Holzeinschlag und die industrielle Forstwirtschaft führen dazu, dass solche Ökosysteme beschädigt oder zerstört werden.
Während die Aufmerksamkeit vor allem auf Palmöl, Soja und anderen Agrarrohstoffe als Ursachen für weltweite Zerstörung und Schädigung von Wäldern gerichtet ist, bleibt die Papier- und Zellstoffindustrie als Mitverursacher weitestgehend außerhalb des öffentlichen Fokus.
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Ökologische Vorteile von Recyclingpapier - Grafik: NABU/sichtagitation
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Papierverbrauch pro Kopf in Deutschland - Grafik: NABU/sichtagitation
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Papierverbrauch nach Produktgruppen - Grafik: NABU/sichtagitation
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Zellstoffimporte für Papierproduktion in Deutschland - Grafik: NABU/sichtagitation
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Wege zum Papierprodukt - Grafik: NABU/sichtagitation
Nicht alle Papierprodukte sind gleich gut oder schlecht
Um die Umweltbelastungen eines spezifischen Papierproduktes bewerten zu können, müssen unterschiedliche Faktoren entlang des gesamten Produktlebenszyklus betrachtet werden: Die Herkunft des Holzes bzw. des Zellstoffs, der Einsatz von Altpapier, unterschiedliche Herstellungsverfahren und Technologien der Produktionsanlagen sowie das Produktdesign. Es macht einen großen Unterschied, ob ein Papierprodukt aus in Deutschland gesammeltem Altpapier hergestellt wurde oder aus neu gewonnenem Zellstoff, der von der anderen Seite des Planeten importiert wurde und für den womöglich sogar Urwald gerodet wurde.
Wichtig ist auch, ob das Papier recycelt werden kann: Kunststoffbeschichtungen und gewisse Zusatzstoffe in den Papieren können das Altpapier-Recycling erschweren oder unmöglich machen. Darüber hinaus landen Hygienepapiere nach einmaliger Nutzung in der Toilette oder im Restmüll und können nicht recycelt werden, gerade hier ist der Einsatz von Altpapier wichtig.
Als Orientierung, welche Papierprodukte vergleichsweise umweltfreundlich sind, empfiehlt der NABU auf das Umweltzeichen „Blauer Engel“ zu achten. Dieses gibt nicht nur vor, Altpapier einzusetzen, sondern hier gibt es zusätzlich strenge ökologische Kriterien für den Herstellungsprozess.
Selbst wenn eine Papiervariante ökologisch besser abschneidet als zum Beispiel eine Kunststoffvariante: Der Verbrauch materieller Ressourcen in den Ländern des Globalen Nordens liegt weit über den planetaren Grenzen. Statt also nur zu fragen, ob Papier besser oder schlechter als Plastik ist, ist es notwendig zu überlegen, wie wir den Verbrauch von Ressourcen reduzieren und global gerecht verteilen. Produktion und Konsum müssen so reduziert werden, dass daraus nicht die Zerstörung unserer eigenen Lebensgrundlage resultiert.
Papier sparen – so geht es!
Im Alltag
- Langlebige Mehrwegprodukte statt Einwegprodukte nutzen, z.B.
- Einkaufstaschen und Körbe statt Einwegpapiertragetaschen, die jetzt vor allem als Plastiktüten-Ersatz angeboten werden
- Mehrwegbecher für den Coffee-To-Go mitnehmen statt Einweg-Pappbecher
- eine eigene Dose zum Mittagsimbiss mitbringen, damit man Einweggeschirr oder To-Go-Verpackungen aus Papier und Pappe spart
- Mehrwegbeutel für loses Obst und Gemüse und Backwaren
- Denken Sie beim Schulstart an Schulhefte mit dem Blauen Engel, bisher ist noch immer nur jedes zehnte in Deutschland verkaufte Schulheft aus Recyclingpapier.
- Bestellen Sie unerwünschte Prospekte, Kataloge und Zeitschriften ab und kennzeichnen Sie Ihren Briefkasten mit „Bitte keine Werbung und keine kostenlosen Zeitungen“.
- Im stationären Handel vor Ort kaufen statt online, wo man oft mehr Luft und Füllmaterial als Produkt zugesendet bekommt.
- Beim Lebensmittelkauf darauf achten, keine Produkte mit Umkartons zu kaufen: lieber das Müsli oder die Schokolade nur in Plastikfolie kaufen statt im Pappkarton.
- Hygienepapiere wie Toilettenpapier oder auch – wenn es Einweg sein muss – Taschentücher und Küchenrolle aus 100 Prozent Altpapier mit dem Blauen Engel kaufen. Gerade bei diesen Papieren, die nicht recycelt werden können, da sie über das Abwasser oder den Restmüll entsorgt werden, sollte man auf Altpapier setzen statt auf Produkte, die aus frischem Holz hergestellt wurden.
- Einwegputztücher und feuchtes Toilettenpapier vermeiden, das – auch wenn es anders auf der Verpackung steht – nicht in der Klospülung und im Abwasser landen sollte.
- Geschenkverpackungen kreativ gestalten: bemaltes Zeitungspapier, alte Kalenderblätter oder Ähnliches anstatt neu gekauftes Geschenkpapier benutzen. Und wenn es doch extra Geschenkpapier sein soll, greifen Sie zu welchem mit dem Blauen Engel.
Im Büro
- Vor jedem Ausdruck überlegen, ob dieser wirklich nötig ist.
- Als Standard die Duplexfunktion des Druckertreibers („beidseitig drucken“) einstellen, sie senkt den Verbrauch von Druckerpapier. Am besten gleichzeitig auch als Standard den Schwarz-Weiß- statt Farbdruck einstellen.
- Wenn gut lesbar, zwei Seiten auf einer Seite ausdrucken.
- Einseitig beschriftetes Papier sammeln, dessen Rückseite eignet sich für Probeausdrucke oder Notizen.
- Green Printing Software entfernt leere Seiten und unnötige Infos aus der zu druckenden Datei.
Papier richtig entsorgen – so geht es!
Damit aus altem Papier Recyclingpapier werden kann, muss man Papier unbedingt über die Altpapiertonne statt über den Restmüll entsorgen. Manchmal ist es aber nicht so einfach zu erkennen, ob die Altpapiertonne die richtige Tonne ist.
- Herkömmliche Thermopapiere gehören aufgrund der schädlichen Chemikalien, die darin verarbeitet sind, in den Restmüll statt ins Altpapier. Thermopapier ist meistens weiß, glatt und eher glänzend. Dazu gehören z.B. Fahrkarten oder Kassenzettel. Aber: Blaue Kassenzettel dürfen und sollen dagegen ins Altpapier, da sie ohne die problematischen Chemikalien hergestellt werden.
- Stark beschichtete oder imprägnierte Papiere wie Backpapier oder Muffinförmchen dürfen nicht ins Altpapier, sie müssen in die Restmülltonne wie auch Trinkhalme. Nassfeste oder fettdichte Papier-Verpackungen wie beschichtete To-Go-Becher oder Hamburger-Verpackungen sowie Getränkekartons gehören in die Gelbe Tonne.
- Papierverpackungen, gerade für Lebensmittel, sehen oft nach 100 Prozent Papier aus, sind es aber nicht. Ein Tipp: Wenn man versucht, das Material einzureißen, merkt man oft, dass das Papier mit Kunststoff oder Alu verklebt ist oder innen eine sehr dicke Beschichtung hat. Je besser man die Verpackung einreißen kann, desto wahrscheinlicher gehört sie in die Altpapiertonne. Wenn man Glück hat, gibt es einen Entsorgungshinweis auf der Verpackung.
- Allgemein dürfen nur fettfreie, saubere und trockene Papierverpackungen ins Altpapier. Daher auch beim Pizzakarton fettige und mit Speiseresten verunreinigte Teile in den Restmüll statt in die Altpapiertonne werfen.
Weitere Tipps zur Mülltrennung hat der NABU hier zusammengestellt.
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