Am Unteren Niederrhein ist ein wichtiges Brutgebiet für den stark gefährdeten Kiebitz – doch auch hier lauern viele Gefahren. Bitte helfen Sie dabei, die Kinderstuben des kleinen Vogels zu schützen!
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Unterschätzte Risiken für Mensch und Umwelt
Biozide zählen, wie die hauptsächlich in der Landwirtschaft verwendeten Pflanzenschutzmittel, zu den Pestiziden. Anders als diese begegnen uns Biozidprodukte jedoch in sehr vielen Bereichen unseres täglichen Lebens – und zwar immer dann, wenn die Gesundheit von Mensch oder Tier oder Materialien (inklusive Gebäuden) geschützt werden sollen. Sie werden eingesetzt, um Bakterien, Viren, Pilze (zum Beispiel Schimmel), schädliche Insekten (zum Beispiel Lebensmittelmotten oder Mehlkäfer), Wirbeltiere (zum Beispiel Ratten) und andere Schadorganismen zu töten, zu bekämpfen oder fernzuhalten.
Der Begriff Biozid wird jedoch inhaltlich oft falsch verstanden. So halten viele Anwender*innen aufgrund des Wortteils „Bio“ diese Mittel für harmlos und ihnen ist nicht bewusst, dass Pestizid-Wirkstoffe in den Produkten enthalten sind. Während Pflanzenschutzmittel im Handel nur in abgesperrten Schränken und mit ausführlicher Aufklärung angeboten werden dürfen, sind Biozidprodukte frei verkäuflich.
Sie enthalten ein oder mehrere Biozide und werden aufgrund der vielfältigen Anwendungsbereiche in vier Hauptgruppen unterteilt:
- Desinfektionsmittel: Hierzu gehören beispielsweise Desinfektionssprays, Handgele mit desinfizierender Wirkung, antibakterielle Seifen oder desinfizierende Reinigungsprodukte
- Schutzmittel: Hierzu gehören beispielsweise Holz- oder Fassadenschutzmittel oder Konservierungsmittel für Lacke, Farben etc.
- Schädlingsbekämpfungsmittel: Zum Beispiel Anti-Mücken-Sprays, Ameisenköder oder Mittel gegen Ratten
- Sonstige Biozidprodukte: Zum Beispiel Anti-Fouling-Anstriche gegen Algenbewuchs an Booten
Beispiele für Biozide, ihre häufigen Anwendungsbereiche und mögliche Schädlinge im Haushalt
In der Küche:
Reinigungs- und Spülmittel:
Reinigungs- und Spülmittel werden für eine desinfizierende Wirkung oft mit Bioziden ausgestattet und daher mit Signalwörtern wie antibakteriell, antimikrobiell, antiviral oder mit der Aussage „Beseitigt 99,9 % aller Bakterien, Pilze und Viren“ beworben. Auch wenn sie mehr Hygiene suggerieren, sind sie im Alltag überflüssig und herkömmliche Reinigungsmittel wie ein milder Allzweckreiniger reichen völlig aus. Achten Sie beim Einkauf außerdem auf Produkte, die umweltfreundliche Siegel wie den Blauen Engel, EcoCert, die Ökoblume o. ä. tragen.
Vorhänge:
Vorhänge werden oft mit Bioziden mit insektizider Wirkung zum Schutz gegen Insektenfraß behandelt. Darüber hinaus können sie zusätzlich Triclosan oder Zinkpyrithion, die sich hinter Handelsnamen wie „Microban“ verstecken, zum Schutz vor Bakterien oder Schimmel enthalten. Regelmäßiges Waschen der Vorhänge reicht aus, um Bakterien, Schimmel oder Schädlingen vorzubeugen.
Geschirrschwämme:
In Küchenschwämmen und Lappen können sich Biozide wie Silberchlorid oder andere Silberverbindungen, die Mikroben abtöten sollen, verbergen. Herkömmliche Schwämme und Lappen genügen im Alltag vollkommen und sind deutlich günstiger! Man sollte sie regelmäßig bei mindestens 60°C waschen und regelmäßig austauschen.
Arbeitsfläche:
Arbeitsflächen werden häufig mit antimikrobiellen Substanzen ausgestattet und es wird suggeriert, so eine höhere Hygiene erreichen zu können. Eine ausreichende Hygiene lässt sich allerdings schon durch regelmäßiges Reinigen beispielsweise mit einem milden Allzweckreiniger erzielen. Dies gilt auch für andere Oberflächen, wie zum Beispiel Kühlschränke oder Lichtschalter.
Teppiche:
Teppiche werden zum Schutz vor Insekten, wie beispielsweise dem gefleckten Pelzkäfer, dem Teppichkäfer oder Kleidermotten, bei der Lagerkonservierung mit Bioziden wie z. B. Cypermethrin, Permethrin oder Formaldehyd behandelt. Sie können darüber hinaus eine antimikrobielle Ausrüstung, z. B. aus Titandioxid, erhalten, um laut Werbung einen lebenslangen Schutz vor Bakterien und Viren zu gewährleisten. Zur Vorbeugung gegen Bakterien und Schädlinge reicht es aus, den Teppich regelmäßig für ein paar Stunden in die Sonne zu legen und gründlich abzusaugen (hat man Haustiere, am besten mit HEPA-Filter).
Schneidebretter:
Schneidebretter mit antimikrobieller Funktion sind unnötig. Es reicht, sie nach Gebrauch heiß abzuspülen, abzubürsten und gut trocknen zu lassen. Holzarten wie Eiche, Buche oder Bambus wirken aufgrund ihrer Gerbstoffe bereits natürlich antibakteriell.
Müllbeutel:
Müllbeutel mit antimikrobieller Funktion sind unnötig – die regelmäßige Entsorgung des Mülls beugt stattdessen der Bildung von Mikroorganismen vor. Außerdem sollten die Müllbehälter regelmäßig heiß gereinigt werden.
Lebensmittelmotten:
Lebensmittelmotten kommen meist durch mit Eiern oder Larven befallene Einkäufe ins Haus. Sie ernähren sich von Mehl, Müsli, Reis, Gewürzen, Tee, Schokolade und Nüssen. Diese sollten daher immer in gut verschließbaren, dichten Vorratsbehältern aus Glas oder Metall gelagert werden. Mittel auf Basis von Thuja, Lavendel, Nelken, Pfefferminze, Patchouli oder Zedernholz wirken zusätzlich als Stoffe, die die Motten vergrämen, z. B. in Form von Duftsäckchen. Befallene Lebensmittel sollten sofort komplett entsorgt werden. Durch Klebefallen mit Lockstoffen kann ein aktueller Befall rechtzeitig erkannt werden.
Foto: Ulrich Retzlaff/www.naturgucker.de
Mäuse:
Mäuse müssen im Haushalt bekämpft werden, da sie zu den Gesundheits- und Hygieneschädlingen zählen. Gegen sie helfen vorbeugend gute Hygiene und eine sichere Vorratshaltung in verschlossenen Gefäßen. Sie siedeln sich an, wenn geeignete Nistplätze und ausreichend Nahrung vorhanden sind. Sollte ein Befall beobachtet werden, sind zunächst Lebendfallen und wenn diese nicht helfen eine professionelle Schädlingsbekämpfung ratsam.
Foto: Josef Alexander Wirth/www.naturgucker.de
Kornkäfer:
Kornkäfer legen ihre Eier bevorzugt an Getreidekörner, aber auch an Buchweizen, Nüssen, Teigwaren oder Trockenobst ab, von denen sich die Larven ernähren. Durch Kornkäfer und ihre Ausscheidungen verunreinigte Lebensmittel sollten direkt entsorgt werden. Diese Lebensmittel sollten generell immer in gut verschließbaren, dichten Vorratsbehältern aus Glas oder Metall gelagert werden.
Foto: Volker Achterberg/www.naturgucker.de
Ameisen:
Ameisen sind wie Lebensmittel- und Kleidermotten oder Kornkäfer aus gesundheitlicher Sicht harmlos, können jedoch ziemlich lästig werden. Werden die grundlegenden Hygieneregeln zur Vorbeugung beachtet, können Ameisenköder mit Bioziden wie Pyrethrum oder Spinosad vermieden werden. Risse im Mauerwerk oder undichte Fenster, durch die die Ameisen ins Haus gelangen können, sollten zudem rechtzeitig abgedichtet werden.
Foto: Reinhard Naumann/www.naturgucker.de
Fliegen:
Bei Fliegenbefall sollte zunächst zu vorbeugenden Maßnahmen gegriffen werden, z. B. das Anbringen von Fliegengittern an den Fenstern. Bei geringem Befall sollte man zur Fliegenklatsche und nicht zu Insektenspray greifen, da durch letzteres auch Nicht-Ziel-Organismen geschädigt werden können. Klebefallen sind ebenfalls eine biozidfreie Alternative.
Foto: Christine Laumann/www.naturgucker.de
Schaben:
Schaben bzw. Kakerlaken müssen bekämpft werden, da sie zu den Gesundheits- und Hygieneschädlingen zählen. Zur Vorbeugung sollte man immer auf die üblichen Hygieneregeln achten. Bei Befall sollten auch Nachbarn sofort informiert werden, da dieser dort ebenfalls vorliegen könnte. Auch ist das Hinzuziehen einer*s Expert*in zur Bekämpfung ratsam.
Foto: Hubert Bohr/www.naturgucker.de
Teppichkäfer:
Die Larven des Teppichkäfers ernähren sich von Kreatin, welches in Textilien wie Teppichen, Wolle oder Pelzen vorkommt. Das Schadbild durch Fraßlöcher ähnelt sehr dem von Kleidermotten. Man findet die Käfer oft an Fenstern, von wo aus sie ins Freie gelangen möchten. Vorbeugende Maßnahmen wie regelmäßiges Teppichsaugen, Dampfreinigungen oder Waschen sind zu bevorzugen. Zur Bekämpfung des Teppichkäfers im Wohnbereich kann das natürliche Öl des indischen Niembaums genutzt werden.
Foto: Jörg Sedl/www.naturgucker.de
Grafik und Illustrationen: NABU/süsses+saures
Die beiden Infografiken zeigen, wo man überall im Haushalt Biozidprodukte und mit Bioziden behandelte Waren findet, ohne dass sich die Nutzer*innen dessen bewusst sind. Außerdem stellen sie dar, welche Schädlinge bzw. Lästlinge in verschiedenen Wohnbereichen auftreten können, wenn keine vorbeugenden Maßnahmen ergriffen werden.
Durch Klicken auf die rot hervorgehobenen Elemente kann man mehr über die jeweiligen Biozide und Biozidprodukte sowie Schädlinge erfahren. Dabei erhält man zusätzlich Tipps, wie man diese ungebetenen Gäste auch ohne den Einsatz von Bioziden verhindern bzw. reduzieren kann, um sich selbst und die Umwelt zu schonen.
Im Bad:
Desinfektionsmittel:
Auf den Einsatz von Desinfektionssprays und desinfizierenden Reinigern sollte im Privathaushalt verzichtet werden. In Kliniken und Praxen ist eine ausreichende Desinfektion unerlässlich, im privaten Bereich hingegen meist unnötig. Regelmäßige Reinigung mit herkömmlichen Reinigungsprodukten, insbesondere von häufig benutzten Bereichen bzw. Gegenständen, verschafft ausreichende Hygiene. Richtiges und regelmäßiges Händewaschen gehören ebenfalls dazu, normale Seife reicht dabei völlig aus.
Reinigungsmittel:
„Klassische“ Reinigungsmittel wie Allzweckreiniger, herkömmliche Badreiniger und Scheuermilch sind für hygienische Sauberkeit völlig ausreichend. Um zu erkennen, welche Reinigungsmittel biozide Wirkstoffe enthalten, helfen Labels wie Blauer Engel, EcoCert, Ecogarantie, NatureCareProduct oder Nordic Ecolabel beim umweltschonenden Einkauf.
Haut- und Handcremes:
Manche Haut- bzw. Handcremes werben mit antiviralen oder antibakteriellen Eigenschaften. Diese Mittel enthalten meist Verbindungen aus Silberionen und können bei häufiger Anwendung sogar Hautreizungen verursachen. Sie halten oft nicht, was sie versprechen, und es bleiben oft zu viele Keime auf der Haut zurück. Mikroben auf Haut und Händen können dagegen durch regelmäßiges (Hände-)waschen einfach entfernt werden.
Silberfischchen:
Silberfischchen sind in der Regel harmlos. Sie sind nachtaktiv und halten sich tagsüber in Spalten und Ritzen auf. Bei genug Wärme und einer Luftfeuchtigkeit von über 80 Prozent fühlen sie sich am wohlsten, weshalb sie sich oft in Bad und Küche, aber auch in Waschküche und Keller ansiedeln. Vorbeugende Maßnahmen, wie regelmäßiges Stoßlüften in feuchten Räumen, wie auch ein regelmäßiges Absaugen oder ein Abdichten der Rückzugsorte verhindern das Auftreten.
Foto: Beatrice Jeschke/www.naturgucker.de
Duschvorhang:
Auch Duschvorhänge können mit Bioziden behandelt sein, um einem Bakterien- bzw. Algenfilm vorzubeugen. Diesen kann man jedoch auch durch regelmäßiges Waschen der Duschvorhänge ent-fernen bzw. die Entstehung vermeiden. Dazu sollte der Vorhang nach Benutzung vollständig trocknen können.
Schimmel:
Schimmel bildet sich bei einer Luftfeuchtigkeit im Raum von dauerhaft über 65 % bzw. von über 80 % an Oberflächen. Um der Bildung von Schimmel vorzubeugen, sollte nach dem Duschen und Baden für ca. 5 bis 10 Minuten großzügig gelüftet werden und die Raumtemperatur nicht unter 19 bis 20°C fallen. Bei einem großen Befall sollte ein*e Expert*in zugezogen werden.
Waschmittel:
Waschmittel oder Hygienespüler, die mit antimikrobiellen Eigenschaften werben, versprechen eine höhere Hygiene. Doch auch herkömmliche Waschmittel entfernen bereits bei niedrigen Temperaturen Schmutz sowie Bakterien oder Viren aus Textilien. Waschen Sie Kleidung bei 30 °C mit einem möglichst ökologischen Waschmittel (mit Labeln wie Blauer Engel, EcoCert, Ecogarantie, Nature-CareProduct, Nordic Ecolabel), etwa alle sechs Wäschen sollte bei 60°C mit einem bleichhaltigen Universalwaschmittel gewaschen werden, um Keimfilme zu vermeiden. Bei ansteckenden Krankheiten sollte Kleidung, Bettwäsche etc. bei 60 - 90°C gewaschen werden.
(Funktions-)Kleidung:
Funktionskleidung, wie Sportkleidung, Unterwäsche oder Socken, wird häufig mit Bioziden, wie z. B. Silberverbindungen, behandelt, um ihr eine „Hygiene“-Funktion zu verleihen. Diese ist jedoch meist unnötig und birgt Risiken für Umwelt und Wasserlebewesen. Die Substanzen werden zumeist schnell ausgewaschen, verlieren somit ihre „Wirkung“ und schädigen die Umwelt, nachdem sie durch Kläranlagen in die Umwelt gelangen. Achten Sie beim Einkauf auf umweltfreundliche Textilien mit Labels wie dem Blauen Engel, der Euroblume, Naturtextil IVN zertifiziert BEST, Naturland oder BlueDesign Product.
Grafik und Illustrationen: NABU/süsses+saures
Neues NABU-Faltblatt zu Bioziden
In unserem neuen NABU-Faltblatt „Biozide im Überblick - Biozidprodukte erkennen und vermeiden“ finden Sie weiterführende Infos zu Bioziden und Biozidprodukten. Außerdem erhalten Sie dort zusätzliche Tipps, wie Sie Biozidprodukte erkennen und vermeiden können, sowie umfangreiche Empfehlungen für einen umweltfreundlicheren Einkauf.
Wo kommen Biozide im Haushalt vor?
Im Haushalt finden Biozide zunehmend in Form von Desinfektionsmittel Verwendung, die mit mehr Hygiene beim Putzen, Wischen oder Waschen werben. Im Zuge der Covid-19 Pandemie haben solche Produkte zeitweise einen enormen Zuwachs erfahren. Manche Waschmittel, Reiniger, Seifen, Geschirrspülmittel und ähnliche Alltagsprodukte werden damit beworben, dass sie antimikrobiell, antibakteriell, antiviral oder ähnlich wirken oder behaupten ihre Mittel entfernen „99,9 Prozent aller Viren, Bakterien und Pilzen“. Hier ist also eine desinfizierende Funktion des Produktes durch Biozide beabsichtigt und es handelt sich somit um ein Biozidprodukt.
Der wachsende Einsatz von Desinfektionsmitteln im Haushalt wird von vielen Expert*innen jedoch kritisch beäugt. Das RKI (Robert-Koch-Institut), das BfR (Bundesinstitut für Risikobewertung) und das UBA (Umweltbundesamt) halten die Verwendung von Desinfektionsmittel in der Regel für nicht notwendig. Die Risiken für Mensch und Umwelt, die sich durch falsche Anwendung ergeben können, werden oft unterschätzt.
Es ist jedoch manchmal gar nicht so einfach zu erkennen, worin Biozide sonst noch vorkommen. Vermehrt sind es Gebrauchsgegenstände wie Müllbeutel, Schneidebretter, Arbeitsflächen, Duschvorhänge oder Textilien wie (Perioden-)Unterwäsche, Kleidung, Vorhänge und Teppiche, die mit bioziden Funktionen ausgerüstet und mit „Hygienefunktion“ oder „geruchshemmenden“ Eigenschaften beworben werden. Da die biozide Wirkung bei solchen Produkten jedoch oft nur sekundär ist, gelten diese Gegenstände als behandelte Waren ohne primäre Biozidfunktion.
Alle genannten Produkte versprechen mehr Hygiene im Alltag. Jedoch ist vielen nicht bewusst, dass ihre Nutzung mit verschiedenen Risiken verbunden ist. Dazu gehört die Bildung von resistenten Bakterien, Kreuzresistenzen gegen Antibiotika oder allergische Reaktionen. Eine Studie von Stiftung Warentest hat außerdem ergeben, dass antimikrobielle Reiniger, Waschmittel & Co. keine wesentliche Reduktion von Keimen gegenüber konventionellen Produkten bieten.
Desinfektionsmittel sind in manchen Fällen, insbesondere im öffentlichen Gesundheitswesen unabdingbar, jedoch im Privathaushalt oft unnötig, da einfache Hygienemaßnahmen wie regelmäßiges Händewaschen und Reinigen von Wohnbereich und Oberflächen mit handelsüblichen Reinigern ausreichen.
Gründe, auf Biozidprodukte zu verzichten
Eine überflüssige oder fehlerhafte Verwendung von Biozidprodukten in der Wohnung oder rund um das Haus kann die Umwelt unnötig belasten und negativ beeinträchtigen. Auch wenn die Anwender*innen, beispielsweise bei Schädlingsbekämpfungsmitteln, nur bestimmte Organismen bekämpfen wollen, sind Biozide – ähnlich wie die in der Land- und Fortwirtschaft eingesetzten Pflanzenschutzmittel – meist nicht selektiv wirksam. Das heißt, es werden nicht nur sogenannte Schädlinge bekämpft, sondern auch viele weitere Organismen ungewollt geschädigt oder getötet, weshalb sie als Nicht-Ziel-Organismen bezeichnet werden. So werden bei der Verwendung von antikoagulanten, also blutgerinnungshemmenden, Mitteln gegen Nagetiere (Rodentizide) in hohem Maße auch Nicht-Ziel-Organismen wie Greifvögel, Füchse oder Marder geschädigt.
Zahlreiche Biozidprodukte, wie Schädlingsbekämpfungsmittel (zum Beispiel Ameisengift, Rattengift, Insekten-Sprays), werden im Außenbereich, auf Balkonen oder Terrassen eingesetzt und gelangen so unmittelbar in die Umwelt. Fassadenschutzmittel mit Algiziden gegen Algenbewuchs werden bei Regen ausgewaschen und gelangen anschließend ins Grundwasser oder in Flüsse, Bäche etc. Auch über indirekte Wege, wie Kläranlagen, gelangen Biozide in unsere Umwelt, da sie von diesen oft nicht herausgefiltert werden können.
Vorbeugen statt Chemiekeule
Statt zu Biozidprodukten und behandelten Waren zu greifen, ist es für Mensch und Umwelt besser, vorbeugende Maßnahmen zu treffen und zu umweltfreundlicheren Alternativen zu greifen. In den meisten Fällen reichen einfache Hygienemaßnahmen wie beispielsweise regelmäßiges Saugen beziehungsweise Waschen von Teppichen, Polstern und anderen Textilien und eine regelmäßige Reinigung von Arbeitsflächen und -geräten mit handelsüblichen Reinigern wie milde Allzweck-, oder Zitronenreiniger aus, um Keime zu reduzieren.
So schafft man durch einen sauberen Wohnbereich ein unattraktives Umfeld für Schädlinge, so dass man auf Schädlingsbekämpfungsmittel wie Ameisengift, Mäuseköder, Insekten-Sprays gegen Kleider- oder Lebensmittelmotten, Schaben, Wanzen etc. verzichten kann.
Im Folgenden finden sich einige grundlegende Reinigungs- und Hygienetipps, Empfehlungen für umweltfreundliche Labels und Apps sowie weiterführende Links zum Thema.
Reinigungs- und Hygienetipps für den Haushalt
- Ein milder Allzweckreiniger, Spülmittel, Reiniger auf Zitronensäurebasis und Scheuermilch (ohne Bleichmittel) sind im Alltag ausreichend
- Regelmäßiges Händewaschen, vor jedem Zubereiten von Speisen und bei Verschmutzungen etwa eine halbe Minute lang nicht vergessen! Benutzen Sie dafür eine einfache, aber hautfreundliche Seife.
- Immer in die Armbeuge niesen
- Tägliches (Stoß-)Lüften bei weit geöffnetem Fenster ist essenziell, um die Luftfeuchtigkeit gering zu halten. Das hemmt das Wachstum von (Schimmel-)Pilzen und Bakterien. Mehrmals fünf bis zehn Minuten reichen in der Regel aus.
- Benutzen Sie umweltfreundliche Waschmittel. Antibakterielle Zusätze, sogenannte „Hygienespüler“, sind überflüssig.
- Schwämme und Spüllappen sollten nach dem Benutzen immer gut ausgespült und getrocknet werden. Regelmäßig bei 60°C waschen und austauschen, sobald sie anfangen zu riechen
- Reinigen Sie regelmäßig alle Arbeitsflächen und andere Oberflächen, Böden sowie den Kühlschrank, um Speise- und Fettreste zu entfernen, die Nahrung für Keime und Schädlinge beziehungsweise Lästlinge bilden können.
- Achten Sie darauf, dass Mülleimer abgedeckt bleiben und bringen Sie den Müll regelmäßig raus
- Packen Sie ihre Lebensmittel in verschließbare, dichte Behälter aus beispielsweise Glas oder Metall
- Bringen Sie Insektengitter an Fenster, Türen etc. an, um Fliegen, Motten und andere Insekten fernzuhalten
- Ist der Befall durch einen Schädling, Lästling, Schimmel oder ähnliches trotz aller vorbeugender Maßnahmen zu groß, sollte ein*e Expert*in zur fachgerechten Bestimmung und Bekämpfung beauftragt werden
Umweltfreundliche Labels
Je nach Produktart gibt es verschiedene Labels, die besonders schadstoffarme und umweltfreundliche Produkte wie Geschirrspülmittel, Reiniger, Kleidung, Teppiche, Stühle, Laptops, Papier, Handys auszeichnen etc. Hier sind Beispiele für vertrauenswürdige Labels und Produkte:
- Der Blaue Engel: Laptops, Papier, Wasch-, und Reinigungsmittel oder Mittel gegen Schädlinge ohne giftige Wirkstoffe
- Ecocert: Ökologische Wasch- und Reinigungsmittel mit Biorohstoffen
- Ecogarantie: Kosmetik, Wasch- und Reinigungsmittel
- Nature Care Products: Non-food Produkte wie Hygieneartikel, Wasch- und Reinigungsmittel, Spielzeug, Kerzen etc.
- Nordic Ecolabel: Wasch- und Reinigungsmittel
- TCO Certified: Laptops und Smartphones
- EU-Ecolabel („Euroblume“): Allzwecks-, Sanitär, Glasreinigungsmittel, Handgeschirrspül- und Maschinenspülmittel, Waschmittel
Apps
Mithilfe dieser Apps können Nutzer*innen den Barcode vieler Alltagsprodukte scannen, um so Informationen über Schadstoffe zu enthalten, insbesondere solche, die nach EU-Gesetz deklariert werden müssen. Bei fehlenden Informationen erstellt die App einen automatischen Informationsantrag an den Hersteller, welcher verpflichtet ist, innerhalb von 45 Tagen zu antworten. Außerdem gibt es weiterführende Informationen und Neuigkeiten zu Biozidprodukten und Tipps, wie sich diese vermeiden lassen
- ToxFox
- Scan4Chem
- CodeCheck
Diess Projekt wird gefördert vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit sowie dem Umweltbundesamt unter dem Titel: „Zu Risiken und Nebenwirkungen - Pflanzenschutzmittel und Biozide als unsichtbare Bedrohung für Umwelt und Naturschutz sichtbar machen“.
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