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Jetzt spenden!Unsichtbares Plastik
Wo ist noch Plastik drin?
977 Tonnen Mikroplastik und 46.900 Tonnen gelöste Polymere gelangen jährlich in Deutschland allein aus Kosmetikprodukten sowie Wasch-, Putz- und Reinigungsmitteln ins Abwasser. Das ergab eine Studie des Fraunhofer-Instituts für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (UMSICHT) im Auftrag des NABU.
Die Kläranlagen filtern Mikroplastik nicht vollständig aus, nach den (wenigen) existierenden Studien werden in einer normalen Kläranlage nur 90 bis 97 Prozent zurückgehalten. Das bedeutet, dass mindestens drei Prozent direkt in die angrenzenden Flüsse weitergeleitet werden. Darüber hinaus kann das zurückgehaltene Mikroplastik über den Klärschlamm weiterhin auf landwirtschaftlichen Flächen landen, wo dieser als Dünger eingesetzt wird. Mikroplastik ist aus Böden und Gewässern faktisch nicht rückholbar und ist sehr beständig, sodass die Anreicherungen in der Umwelt im Laufe der Jahre automatisch stark ansteigen werden.
Mikroplastik raus aus der Kosmetik
„Auch wenn noch Forschungsbedarf besteht, haben wir Grund zur Sorge, wie auch eine Studie der Europäischen Kommission von 2016 zeigt. Schon heute wissen wir von der Zellaufnahme und Entzündungsreaktionen zum Beispiel in Miesmuscheln oder auch verringerten Wachstumsraten in planktischen Krebstieren“, sagt NABU-Ressourcenschutzexpertin Katharina Istel.
Der NABU fordert daher unter anderem, dass die EU partikuläres Mikroplastik – nicht nur Reibkörper – umgehend in allen Kosmetikprodukten und Wasch-, Putz- und Reinigungsmitteln verbietet, unabhängig von der Partikelgröße. „Nationale Verbote können den Handlungsdruck erhöhen, letztlich ist aber eine Regelung mindestens auf EU-Ebene nötig. Darüber hinaus sind auch nicht abbaubare gelöste, flüssige und gelartige Polymere über das EU-Chemikalienrecht aus den Produkten zu verbannen, um deren Einsatz stark einzuschränken“, so Istel.
Was tut sich in Deutschland?
Seit einigen Jahren versuchen viele Kosmetikhersteller in Deutschland über Selbstverpflichtungserklärungen auf Kunststoffteilchen, also die synthetischen Reibkörper, in ihren Kosmetikprodukten zu verzichten. Weltweit haben einige Staaten inzwischen Verbote bezüglich Mikroplastik im Sinne von „Microbeads“, also Reibkörpern, verabschiedet. Doch auch heute noch enthalten viele Kosmetika Mikroplastik. Das zeigt eine Liste des BUND, die es zum kostenlosen Download gibt. „Wir unterstützen daher den Vorschlag der Europäischen Chemikalienagentur ECHA, unter anderem in Kosmetik- und Reinigungsprodukten zukünftig Mikroplastik EU-weit zu verbieten. Ob die politischen Entscheidungsträger dem Vorschlag folgen, werden jedoch die nächsten Monate erst noch zeigen“, so Istel. Unzureichend sei aber auch weiterhin die Regulierung der gelösten Polymere, die nicht zu Mikroplastik zählen, aber häufig auch nicht leicht abbaubar sind.
Wo ist Plastik drin?
Laut Fraunhofer UMSICHT sind in Deutschland nur (noch) fünf Prozent der Reibkörper aus Polymeren. Ein Ersatz durch mineralische Reibkörper scheint technisch unproblematisch zu sein. Kaum Alternativen zu Polymeren gibt es hingegen bei den Funktionen Haarstyling-Produkten und Nagellack. Die Zahl der Polymervarianten, die in der Kosmetik eingesetzt werden, ist um ein Vielfaches höher als bei Wasch-, Putz- und Reinigungsmitteln.
Die gängigsten Kunststoff-Zusätze
Acrylate Copolymer (AC), Acrylate Crosspolymer (ACS), Dimethiconol, Methicone, Polyamide (PA, Nylon), Polyacrylate (PA), Polymethylmetacrylate (PMMA), Polyquaternium (PQ), Polyethylene (PE), Polyethyleneglycol (PEG), Polyethyleneterephtalate (PET), Polypropylene (PP), Polypropyleneglycol (PPG), Polystyrene (PS), Polyurethane (PUR), Siloxane.
Kosmetik-Unterschiede
- Naturkosmetik ist nur zertifiziert rein aus der Natur. Sämtliche Inhaltsstoffe müssen auf pflanzlicher, anorganisch-mineralischer oder tierischer Basis hergestellt sein. Siegel: BDIH, Ecocert oder Natrue.
- Biokosmetik ist im Gegensatz zu Naturkosmetik auch noch bio. Das heißt, Inhaltsstoffe sind aus kontrolliert biologischem Anbau. Alle Zusatzstoffe sollen umwelt- und ressourcenschonend produziert werden.
- Naturnahe Kosmetik ist mit Zutaten auf Pflanzenbasis mit Hightech-Wirkstoffen aus dem Labor gemischt. Es können also synthetische Inhaltsstoffe enthalten sein.
- Vegane Kosmetik darf keine tierischen Inhaltsstoffe enthalten. Tierversuche sind seit 2013 für den deutschen Markt sowieso nicht mehr erlaubt.
In Kosmetikartikeln wie Duschgel, Deo, Zahnpasta, Shampoo, Seife, Creme, Peeling und Lotion setzen viele Hersteller Mikroplastik und andere synthetische Polymere ein. Aber auch in Make-up, Lidschatten, Lipgloss und Puder sowie Sonnencreme kann es enthalten sein. Die Gründe: Im Shampoo verhindert das Ammoniumsalz „Polyquaternium-7“ das Ziepen, indem es einen Plastikfilm um die Haare legt. In Creme sorgen wiederum „Acrylates Crosspolymer“, das sind Polymere aus Acrylsäure-Alkylestern, für ein geschmeidiges Gefühl.
Schwer zu erkennen
Doch wie sollen Verbraucher*innen aktuell Produkte ohne Mikroplastik erkennen, solang Mikroplastik darin noch nicht verboten ist? „Das ist kaum möglich, wenn man nicht Chemie-Expert*in ist“, sagt Katharina Istel. „Bei Reinigungsmitteln sollte man Produkte mit dem Blauen Engel kaufen, bei Kosmetik ist man mit Naturkosmetik normalerweise auf der sicheren Seite. Die neuen ‚Mikroplastik-frei‘-Labels der Unternehmen bedeuten leider nicht immer dasselbe, weil es keine allgemein gültige Definition von Mikroplastik gibt. Glücklicherweise gehen die Labels aber in der Regel über das überholte Verständnis, nur Reibkörper einzubeziehen, hinaus.“
Nicole Flöper
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