Die Knausbirne wurde in Baden-Württemberg zur Streuobstsorte des Jahres 2018 gewählt - Foto: Walter Hartmann
Streuobstsorten des Jahres 2018
Knausbirne
Streuobstsorte des Jahres in Baden-Württemberg
7. Februar 2018 - Frühe Weinbirne, Weinbergsbirne, Elsässer, Frühe Frankfurter, Röthelbirne, Pfullinger Birne, Dochnahl, Fassfüller, Zenk- oder Zankbirne, Herbstgürtel: Das alles sind weitere lokal oder regional verwendete Sortenbezeichnungen für die Knausbirne – ein gutes Beispiel dafür, wie schwierig es ist, Obstsorten eindeutig zu bestimmen…
Bereits seit 1998 benennt der Landesverband für Obstbau, Garten und Landschaft Baden-Württemberg (LOGL) die „Streuobstsorte des Jahres“.
Die Herkunft der 2018er Streuobstsorte des Jahres ist nicht eindeutig geklärt. In der Schweiz soll sie im Oberen Thurgau bereits seit 300 Jahren bekannt sein und firmiert dort als „Frühe Weinbirne“. Pomologen wie der Österreicher Josef Löschnig (1872-1949) vermuteten vor rund 100 Jahren allerdings eine württembergische Herkunft, da sie dort stark verbreitet war - und auch heute noch vorkommt.
Der Baum selbst besitzt einen starken, eichenähnlichen Stamm und die Krone ist hochgebaut. Die Sorte ist sehr fruchtbar, nach historischen Berichten soll ein Baum Birnen für rund 1.200 Liter Most geliefert haben. Die Knausbirne hat eine nur geringe Alternanzneigung, stellt sehr geringe Ansprüche an den Standort, besitzt allerdings insbesondere in feuchten Lagen eine geringe Schorfanfälligkeit. Die Knausbirne gilt im Jugendalter als anfällig für strenge Fröste.
Die Blüte erfolgt mittelspät, ist diploid und damit gut als Befruchter geeignet. Die Frucht ist birnförmig, wird mittelgroß bis groß, häufig mit Schorfflecken überzogen und ist am Kelch abgerundet. Der Stiel ist mittellang. Die Schale ist gelbgrün, auf der Sonnenseite teils kräftig rot, glatt und leicht wachsig.
Die Reifezeit der Knausbirne liegt mit Mitte bis Ende September relativ früh, die Frucht hält sich wie bei vielen Tafelbirnen nur wenige – ca. acht – Tage und wird dann schnell teigig. Das Fruchtfleisch ist gelblichweiß, fein, saftig, schwach gewürzt mit herbsüßem Geschmack. Die Sorte kann hohe Oechslegehalte erreichen.
Von der Verwendung her ist die Knausbirne besonders für Birnenschnitze geeignet, fand aber früher wohl auch Verwendung zur Obstweinbereitung, wie die Namen Frühe Weinbirne oder Fassfüller vermuten lassen. Zur Herstellung von Most (vergoren) ist die zwar zuckerreiche Sorte nicht so gut geeignet, da sie relativ gerbstoffarm ist.
Roter Brasilienapfel
Apfel des Jahres 2018 in Norddeutschland
7. Februar 2018 - Ein Gremium aus BUND, Freilichtmuseum am Kiekeberg, Pomologen-Verein, Streuobstwiesen- und Baumschulbetreibern sowie Mostereien aus Hamburg und Umfeld haben den Roten Brasilienapfel zum Apfel des Jahres 2018 für Norddeutschland gewählt.
Synonyme der Sorte lauten Roter Brasil, Brasil, Brunsil, Roter Herrnapfel und Mecklenburger Königsapfel. Die genaue Herkunft des Apfels ist unbekannt, die Sorte befindet sich in regionaler Erhaltung im Amt Neuhaus (Landkreis Lüneburg); den Namen erhielt der Brasilienapfel vermutlich vom Brasilholzbaum (Caesalpinia echinata). 1773 wurde die Sorte erstmals von Pastor Henne und 1809 von Johann Ludwig Christ beschrieben. Die Sorte wurde 1894 zuletzt in der Literatur erwähnt und galt seitdem als verschollen. Die ehemalige Baumschule Quade aus dem niedersächsischen Amt Neuhaus hat sie bis in die 1950er Jahre regional weiter verbreitet. Heute gilt der Rote Brasilienapfel als gefährdet. Er kommt im Amt Neuhaus (Niedersachsen) als Hausbaum und vereinzelt in Mecklenburg-Vorpommern vor.
Pflückreif ist der Rote Brasilienapfel von Mitte September bis Mitte Oktober. Er kann bereits ab der Ernte gegessen und bis Weihnachten gelagert werden. Die Früchte sind mittelgroß bis groß, im Querschnitt rund bis rundkantig, an der Kelchseite mit deutlichen Rippen. Die Schale ist glatt, gelb mit dunkelroter bis intensiv bordeauxroter Deckfarbe. Die Früchte haben einen sehr angenehmen Geschmack, werden aber schnell mürbe.
Der Rote Brasilienapfel bildet sehr große, gesunde Bäume und benötigt frischen, feucht-nährstoff-reichen Boden. Er übersteht auch mehrwöchige Überflutungen des Standortes.
Zusammengestellt von: Sabine Wittkopf und Dr. Olaf Anderßon, Lüneburger Streuobstwiesen e.V.
Ruhm aus Kelsterbach
Hessische Lokalsorte 2018
15. März 2018 - Aus Kelsterbach im Rhein-Main-Gebiet stammt die Apfelsorte, die 2018 von der hessischen Landesgruppe des Pomologen-Vereins in den Vordergrund gestellt wird. Sie soll um 1900 auf dem Gelände der ehemaligen Ziegelei gestanden haben. Nach den Aufzeichnungen des Hofheimer Pomologen Richard Zorn, der die Sorte 1934-39 als „Schöner aus Kelsterbach“ erstmals beschrieb, handelt es sich um einen Streifling, der zu den Tafel- und guten Wirtschaftsäpfeln zählt. In den 1940er-Jahren taucht die Sorte im Sortenverzeichnis der Provinz Hessen-Nassau und in der Zeitschrift „Das Gartenjahr“ auf.
Der ‘Ruhm aus Kelsterbach’ reift im Oktober und hängt lange am Baum, die Genussreife beginnt im Dezember und reicht bis März und länger. Der Ertrag ist hoch und regelmäßig. Das weißliche Fruchtfleisch ist saftig, anfangs mit kräftiger Säure, leicht gewürzt und aromatisch. Aus den Früchten lässt sich ein guter sortenreiner Saft/Apfelwein erzeugen. Auf dem Lager ist der „Kelsterbacher“ ausgewogen süß-sauer und als Essapfel nutzbar. Die mittelgroßen Früchte sind überwiegend von einer leuchtend hellroten Deckfarbe überzogen und mit zahlreichen rostartigen Schalenpunkten versehen. Daher kommt es manchmal zur Verwechslung mit der Roten Sternrenette.
An Boden und Klima werden keine hohen Ansprüche gestellt. Die Sorte ist robust und widerstandsfähig, insbesondere gegen Schorf. Die Bäume werden recht groß und häufig neigt sich der Stamm zur Seite. Eine ausführliche Sortenbeschreibung bietet das Faltblatt, das von der Website des Pomologen-Vereins heruntergeladen werden kann. Gegenwärtig sind fast nur noch Altbäume in der Landschaft zu finden. Dies soll sich durch Nachpflanzungen im Rahmen der Aktion 2018 ändern, die vom Verein „Main-Taunus Naturland und Streuobst“, von der Stadt Kelsterbach und von den Baumschulen Köhler und Heinrich unterstützt wird.
Mirabelle aus Nancy
Streuobstsorte des Jahres 2018 im Saarland und Rheinland-Pfalz
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Die Mirabelle Nancy ist eine der Streuobstsorten des Jahres 2018 - Foto: Helga Buchter-Weisbrodt
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Auch in Deutschland ist die Mirabelle Nancy bekannt und sogar dominant - Foto: Helga Buchter-Weisbrodt
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Zur Erntezeit leuchten die Früchte gelb und sonnenseits rot gepunktet - Foto: Helga Buchter-Weisbrodt
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Das tiefgelbe Fruchtfleisch schmeckt süß und aromatisch - Foto: Helga Buchter-Weisbrodt
18. Januar 2018 - Der Arbeitskreis „Obstsorten“ im Verband der Gartenbauvereine Saarland / Rheinland-Pfalz hat die Nancy-Mirabelle („Mirabelle aus Nancy“) zur Streuobstsorte des Jahres 2018 für das Verbandsgebiet benannt.
Die Mirabelle soll bereits im 15. Jahrhundert nach Frankreich gekommen sein. Seit Mitte des 18. Jahrhunderts ist sie auch in Deutschland bekannt und sogar dominant: Andere Mirabellensorten spielen in Deutschland heute kaum noch eine Rolle. Das ist möglich, da die Mirabelle aus Nancy ausreichend selbstfruchtbar (selbstfertil) ist.
Zur Erntezeit Ende August fallen die leuchtend gelb gefärbten und sonnenseits rot gepunkteten Früchte schon aus der Ferne ins Auge. Das tiefgelbe Fruchtfleisch der Mirabelle aus Nancy schmeckt süß und ausgesprochen aromatisch. Liebhaber von guten Obstbränden schätzen sie sehr. Doch nicht nur in der Brennerei sind die Früchte begehrt, auch für Kuchen, Marmaelade, Gelee, zum Einmachen oder für ein leckeres Mirabellen-Chutney eignen sie sich bestens.
Der Baum wächst stark und bildet eine breitkugelige, lockere Krone. Der Standort sollte mit Bedacht gewählt werden. Gute, nährstoffreiche und durchlässige Böden und eine geschützte Lage, gerne auch im Weinbauklima, sind Voraussetzung für hohe Erträge und schmackhafte Früchte. Die Sorte reagiert empfindlich auf nasskaltes Blühwetter. Die Erträge sind hoch, doch nach überreichem Behang ist im Folgejahr oft mit einer geringen Ernte zu rechnen (Alternanz).
Benannt wurde die Mirabelle nach der Stadt Nancy in Lothringen. Dort und in angrenzenden Gebieten werden zur Erntezeit häufig „Mirabellen-Feste“ gefeiert – auch eine Mirabellenkönigin gehört zur Tradition.
Traditionell gibt es auch den „Obstbecher“: Ein Sammlerstück in limitierter Auflage von 500 Exemplaren von Villeroy & Boch – bereits der 18. Hochwertige „Obstsorten-des-Jahres-Becher“, exklusiv und für 15 Euro über den Verband der Gartenbauvereine zu beziehen.