Silberreiher im Ilkerbruch. - Foto: Simon Sundermeier
Wiedersehen mit dem Seeadler
NABU-Naturfoto des Monats September




Ein Seeadler, der seine Runden fliegt. - Foto: Ingo Strauch
Es gibt Momente, da bleibt die Welt für mich einen Moment lang stehen. An einem Nachmittag im Februar 2018 hatte ich gerade einen Eisvogel entdeckt, der nur wenige Meter vor mir auf einem Ast im warmen Licht der spätwinterlichen Sonne auf Beute lauerte. Ich hatte meine Kamera dabei und bemühte mich, ihn vor einem tiefen Hintergrund ins Bild zu rücken. Mit großer Anspannung und fest entschlossen diese Gelegenheit nicht zu vertun, versuchte ich mich in eine geeignete Position zu bringen. Es sollte meine erste wirklich schöne Aufnahme eines Eisvogels werden. Ich schoss ein Foto und ein zweites, als ich hinter mir den aufgeregten Tumult von einer Schar Graugänse hörte. Ich blickte mich um, aber anstelle von Gänsen sah ich aus Richtung der niedrig stehenden Sonne die Silhouette eines enorm großen Vogels auf mich zukommen. Als er näher kam, wechselte er leicht den Kurs und näherte sich von der Seite, so dass ich ihn eindeutig erkennen konnte: Es war ein junger Seeadler!
Bis dahin hatte ich einen Adler nie aus solcher Nähe gesehen. Ich war ganz gefangen von seiner Präsenz und ließ den Eisvogel Eisvogel sein. Der Adler kreiste über mir für einen zeitlosen Moment, dessen Dauer ich später nur anhand der Daten in meinen Fotos rekonstruieren konnte. Er flog so niedrig, dass ich ihn nur wenige Male ganz ins Bild bekam. Dabei sind mir Aufnahmen gelungen, wie er mich direkt in den Blick nimmt. Auge in Auge mit dem Seeadler – ein Moment, den ich seither nicht vergessen konnte.
Es sind nun seitdem dreieinhalb Jahre vergangen, in denen ich mir immer wieder gewünscht habe, einen solchen Moment mit einem Seeadler noch einmal zu erleben. Immer wieder, wenn wir mit der Familie im ostholsteinischen Hügelland im Urlaub waren, machte ich mich auf, den Seeadler zu suchen. Oft habe ich an einem See und der ihn umgebenden Niederung den Seeadler wiedergesehen. Doch leider ist es lange Zeit nicht zu so einer intensiven Begegnung gekommen wie damals am Ende des Winters vor drei Jahren. Aber ich habe immer wieder sein Verhalten studiert. So konnte ich in diesem Sommer erahnen, wo er sitzen würde und hatte endlich Glück!
Als ich mit nassen Füßen auf einer Wiese stand und mit meinem Fernglas alle in Frage kommenden Bäume absuchte, durchbrach plötzlich ein aufgescheuchter Feldhase die angespannte Stimmung. Ich merkte auf und dachte mir, ein Hase sei auch ein schönes Foto wert. Und gerade als ich meine Kamera angelegt hatte, war er plöztlich wieder da: der Seeadler, dieses Mal ein Altvogel – viel größer und präsenter als ich ihn in Erinnerung hatte. Mit kräftigen Schwingenschlägen flog er einen Bogen und zog direkt an mir vorbei. Wieder blieb meine Welt für einen Moment lang stehen. Bei diffusem Gegenlicht und schwierigem Hintergrund gelang mir dann diese Aufnahme, die mir gerade aufgrund des Lichtes und des Hintergrundes so gut gefällt. Ein Moment, auf den ich jahrelang gewartet habe.
Ingo Strauch
Daten zum Foto:
Kamera: Nikon D500 mit Nikkor 500 PF
Brennweite: 500mm
Belichtung: 1/3200th
Blende: f8
ISO: 2000
Weitere Naturfotografie von Ingo Strauch finden Sie auf seinem Instagram-Account.
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