August 2016 - Foto: Robert Sommer
Im Mikrokosmos der Streifenwanze
Das NABU-Naturfoto des Monats August




Im Mikrokosmos der Streifenwanze. - Foto: Isabel Hümpfner
Anfang August des vergangenen Jahres war ich in meiner damaligen Wahlheimat Vorpommern in einem Waldgebiet unterwegs, das aus der Sichtung von Luftbildern potenzielle Motive versprach: Großkronige Bäume, zusammenbrechende Eschenbestände, Schneisen und Nadelholzreinbestände.
Ich rechnete mit dem einen oder anderen stattlichen Baum, Rot- und Rehwild und den ersten Pilzen, die sich aus dem trockenen Boden quälen.
Vor Ort gab es in der Tat viel zu sehen: Einen besetzen Seeadler-Horst, mehrere Stücke Rotwild und alte Eichen. Besonders fasziniert hat mich aber ein Wildacker, der auf einer Schneise angelegt war. Hauptfunktion eines Wildackers im Wald, der mithilfe von Saatmischungen angelegt wird, ist eine Äsungsfläche und gegebenenfalls einen Rückzugsraum für das Wild anzubieten und so Verbissschäden im Wald zu verringern.
Ein schöner Nebeneffekt: Er bietet mit seinen verschiedenen Pflanzen auch vielen Insektenarten und selbst Vögeln einen Nahrungs- und Lebensraum. Um das verinselte Waldgebiet herum liegen riesige Felder, wie sie so oft in Vorpommern anzutreffen sind. Etwas blühendes, insektenfreundliches zu finden ist da eh selten und im August, nach der Ernte, eine Rarität. Auch im Wald ist zu dieser Jahreszeit nicht mehr viel zu finden, sodass der Wildacker eine kleine Oase war: Es summte und brummte nur so und beim näheren Hinsehen waren viele Insekten zu entdecken, die sich auf den Blüten tummelten.
Sehr spannend anzusehen waren dabei die Streifenwanzen: Auf jeder verblühten Dillblüte saß jeweils eine adulte Streifenwanze. Als würden sie auf ihrem ganzen eigenen Planeten leben und diesen eisern mithilfe ihres auffälligen rot-schwarzen Musters gegen Feinde jeglicher Art verteidigen. Der Saft der Samen von Doldenblütler, wie Dill, Giersch oder Möhre, ist nämlich die Leibspeise dieser Baumwanzenart. Ich gewann einen kurzen Einblick in ihren kleinen Mikrokosmos, schoss ein paar Fotos – wie eine Raumsonde – und zog wieder von dannen, auf der Suche nach neuen Einblicken in ferne Welten.
Isabel Hümpfner
Daten zum Foto:
Kamera: Canon 5D II
Objektiv: M42 Carl Zeiss Jena Flektogon 20 mm f4
Verschlusszeit: 1/80 s
ISO: 160
Weitere Fotos findet man auf der Website, sowie auf Facebook und Instagram.
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