Juni 2020 - Foto: Dominik Janoschka
Ruhender Sechsbeiner
Das NABU-Naturfoto des Monats Juni



Weichkäfer auf Vergissmeinnicht - Foto: Sophie Wiggenhauser
Das Foto ist an einem dieser wunderschönen Maitage entstanden, an denen man durch die Frühlingswiesen streifen und sich von der Sonne schon das Gesicht wärmen lassen kann. Viele Insekten tummeln sich vor allem in den Sonnenflecken um die Frühblüher, die aus dem Frühlingsgrün hervorleuchten. Im April und Mai sind die hellblauen Vergissmeinnichtblüten (Myosotis spec.) in ihrer großen Zahl eine jährliche Freude. Auch bei Insekten sind sie sehr beliebt und werden eine nach der anderen angeflogen.
Besonders schön ist der Farbwechsel der zartrosa Blütenknospen zu den leuchtend himmelblauen Blüten. Auch die kräftig gelbe Blütenmitte wird ihre Farbe wechseln. Noch enthalten die Blüten Nektar, wie der gelbe Ring um die enge Kronröhre zeigt. Denn nach der Bestäubung verblasst die Farbe zu weiß und signalisiert, dass diese Blüte bereits angeflogen wurde und weder Nektar noch Pollen mehr zu holen sind. Am Nektar ist der Gemeine Weichkäfer (Cantharis fusca) allerdings nur kaum interessiert. Mit seinen kauend-beißenden Mundwerkzeugen käme er auch gar nicht so leicht an ihn heran, da braucht es schon den eleganten Rüssel einer Wildbiene oder eines Wollschwebers. Es gibt einen anderen Grund für ihn, sich an diesem schönen Tag auf einer Vergissmeinnichtblüte sanft von der leichten Frühlingsbrise wiegen zu lassen: Er jagt auf der Pflanze nach kleinen Insekten. Auch tote Insekten und junge Pflanzentriebe stehen auf seinem Speiseplan.
Das Faszinierende an der Makrofotografie ist für mich das Eintauchen in eine Welt von Details, die mit bloßem Auge nicht so genau betrachtet werden können. Durch die Kameralinse wirkt der Blütenaufbau viel klarer in seiner Struktur, ebenso die behaarten Blütenkelche, die noch schützend die jungen Knospen umhüllen. In diesem Moment haben dieser eine Käfer und die Vergissmeinnichtblüten meine volle Aufmerksamkeit. Auch wenn der Weichkäfer auf dem Foto untätig verharrt, wirkt er gleichzeitig sehr präsent. Er scheint uns Betrachter genauso zu beobachten, wie wir ihn. In aller Ruhe können wir die feine Behaarung auf den schwarzen Deckflügeln ansehen, den orangeroten Halsschild mit dem schwarzen Fleck in der Mitte und die rötlich gefärbten ersten Glieder der schwarzen, langen, fadenförmigen Fühler.
Von Mai bis Juni reicht die Flugzeit der tagaktiven Käfer, die man zu dieser Zeit auf Feldern und Wiesen finden kann. Auch in Gebüschen und Waldrändern kann die Suche nach ihnen erfolgreich sein. Bei der nächsten Begegnung werden wir die feinen Merkmale des Gemeinen Weichkäfers auch mit bloßem Auge schon ganz anders wahrnehmen und ihn sofort erkennen, wenn er auf einer Blüte nach Beute sucht.
Sophie Wiggenhauser
Daten zum Foto:
Kamera: Olympus OM-D E-M1
Objektiv: Olympus M.ZUIKO DIGITAL ED 60mm F2.8 MACRO
ISO: 320
Brennweite: 60 mm
Blende: f/4
Belichtungszeit: 1/125
Weitere Naturfotografie von Sophie Wiggenhauser findet ihr auf Instagram.
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