Foto: NABU / Svane Bender
Das Land im Überblick
Äthiopien zwischen Armut und Artenvielfalt



Die Landesfläche Äthiopiens teilt sich in das kühle Hochland und das heiße umgebende Tiefland. Etwas 60 Prozent der Landesfläche wird als arid und semi-arid eingestuft und bietet kaum Auskommen für landwirtschaftliche Nutzung.
Artenvielfalt
Die Vielzahl der Ökosysteme bietet einer reichhaltigen Flora und Fauna Lebensraum, darunter auch vielen Endemiten, also Arten, die weltweit nur hier vorkommen. Rund 880 Vogelarten sind in Äthiopien nachgewiesenen, 23 davon endemisch wie die Blauflügelgans, die Rougets-Ralle oder der Klunkeribis. Noch höher ist die Zahl der endemischen Pflanzen: rund 12 Prozent der 6603 Pflanzenarten werden als endemisch eingestuft - Äthiopien gilt damit als das Land mit der einzigartigsten Pflanzewelt Afrikas. Zu den 277 Säugetierarten des Landes zählen endemische Arten wie der Äthiopische Wolf, der Dschelada-Pavian, der Mantelaffe oder die Sömmering-Gazelle. Äthiopien ist eines der acht Gen-Zentren der Erde und gleichzeitig das Ursprungsland von Kaffee und Getreidearten wie Teff oder der Roten Zierbanane. Über 20 verschiedene Kulturpflanzen stammen aus diesem Land.
Schutzgebiete
Das Schutzgebietssystem umfasst 12 Nationalparks und wird durch etwa 100 weitere nationale Schutzgebiete mit unterschiedlichem Schutzstatus ergänzt. Allerdings sind sie in Folge der Bürgerkriege in schlechtem Zustand, was durch ein Vorhaben zur Revision des Schutzgebietsnetzwerks und dem langfristigem Wiederaufbau der betroffenen Areale geändert werden soll. Die Naturwälder im Süden und Südwesten des Landes, in denen Wildkaffee zu finden ist, sind offiziell als National Forest Priority Areas geschützt, auch hier fehlt jedoch eine funktionierende Verwaltung. UNESCO-Biosphärenreservate gibt es bisher in Äthiopien nicht.
Tourismus
Der Tourismus konzentriert sich in Äthiopien schwerpunktmäßig auf kulturell-historische oder ethnische Ziele. Wildtier- oder Ökotourismus, der in anderen afrikanischen Ländern verlässliche Einkommensquelle ist und so Gebietsschutz unterstützt, ist bisher nur gering entwickelt.
Armut
Äthiopien ist eines der ärmsten Länder der Welt. Ein Großteil der Bevölkerung lebt unter der absoluten Armutsgrenze. Die Folgen des Krieges mit Eritrea (1998-2000) haben das Land in seinem Entwicklungsprozess zurückgeworfen.
Die Volkswirtschaft des Landes ist stark von der Landwirtschaft abhängig, rund 80 Prozent der Bevölkerung ist in diesem Sektor beschäftigt. Dürreperioden, Flutkatastrophen, Land als Staatseigentum sowie wenig fachgerecht durchgeführte Landwirtschaft, stellen schwerwiegende Hemmnisse für die Selbstversorgung des Landes dar. Das wichtigste landwirtschaftliche Exportgut Äthiopiens ist Kaffee.
Bedrohung für die Natur
Krieg, Hunger und Bevölkerungswachstum wirken sich in Äthiopien drastisch auf die Umwelt des Landes aus. Entwaldung, Bodenerosion und Landdegradierung stellen das Land vor kaum revidierbare Folgen. Überweidung durch frei weidende Kühe zerstört vielerorts die Vegetationsdecke und führt zu großflächiger Erosion. Jedes Jahr verlieren die Bauern 400 Tonnen pro Hektar fruchtbaren Bodens durch Wind- und Wassererosion.
Große Teile der Landesfläche waren ursprünglich mit Wald bedeckt. Inzwischen ist der Waldbestand auf weniger als drei Prozent gesunken. Größere Naturwaldgebiete gibt es nur noch im Südwesten sowie in abgelegen Gebieten im südlichen Teil des Landes. Die Abhängigkeit der Bevölkerung von Feuerholz ist groß und kann nur zum Teil durch schnell wachsende Gehölze wie Eukalyptus gedeckt werden. Staatliche Wiederaufforstungsprogramme wurden erst in den 70er-Jahren gestartet und konzentrieren sich meist auf schnellwachsende Gehölze anstatt auf einheimische Arten. Nach Angaben der Weltnaturschutzunion (IUCN) sind in Äthiopien derzeit 151 Pflanzenarten, 21 Säugetierarten und 17 Vogelarten vom Aussterben bedroht.
Gleichzeitig nimmt die Ausbeutung der Natur ihren Lauf: Mammut-Wirtschaftsvorhaben und Investitionen seitens westlicher Industriestaaten und aufstrebender Schwellenländer wie beispielsweise der Bau von Wasserkraftwerken oder Papierfabriken oder die Ausbreitung von Rosen- und Energiepflanzenplantagen für beispielsweise Zuckerohr bringen kurzfristigen Profit, hinterlassen jedoch irreparable Natur- und Umweltschäden.
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