Water for Life
Äthiopien: Partnerschaft für eine nachhaltige Zukunft des Lake Tana-Wassereinzugsgebiets






Das Wassereinzugsgebiet des Tanasees umfasst etwa 15.000 km², darin eingeschlossen ist die Seeoberfläche. - Foto: P. Schütz
Der Tanasee, seine ausgedehnten Feuchtgebiete und seine Zuflüsse sind als Ursprungsgebiet des Blauen Nils von nationaler und internationaler Bedeutung. Das Einzugsgebiet stellt 50 Prozent der Süßwasserressourcen Äthiopiens und bildet die Lebensgrundlage für mehr als 200 Millionen Menschen in Äthiopien, Ägypten und im Sudan.
Das Wasser ist die Grundlage für eine ertragreiche Landwirtschaft und Lebensmittelversorgung, dient als Transportmittel und zur Stromerzeugung und ermöglicht zunehmend Einkommen aus dem wachsenden Tourismussektor. Die steigende Bevölkerung, intensivierte Landnutzung, der Klimawandel und die Industrialisierung strapazieren jedoch die Ökosysteme und deren Funktionen.
Auch wenn sich verschiedene Akteure aus der Region vereinzelt bereits mit möglichen Lösungen für die komplexen Probleme des Lake Tana-Wassereinzugsgebiets beschäftigt haben, wurden bisher noch nicht alle relevanten Interessensvertreter gezielt für gemeinsames Handeln und einen positiven Wandel einbezogen.
Mittels einer regionalen Multi-Akteurs-Partnerschaft (MAP) soll eine nachhaltige und angemessene Wasserversorgung und -qualität für alle Nutzer*innen langfristig gewährleistet werden. Es werden Prozesse angestoßen und praktikable Umsetzungsmöglichkeiten aufgezeigt, die zukünftig auch auf andere Wassereinzugsgebiete ausgeweitet werden können und im nationalen Diskurs verbreitet werden.
Das Projekt wird vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) unterstützt.
-
Einer der vielen Beteiligten des Projekts: Fischer im traditionellen Papyrusboot. – Foto: Philipp Schütz
-
Tourismus und Transport gehören zu den Wachstumsbranchen am See. - Foto: Angelika Berndt
-
Das Wassereinzugsgebiet wird von kleinbäuerlichen Betrieben dominiert, Reste des früheren Waldes verbleiben nur noch in den sogenannten Kirchenwäldern. - Foto: Bruno D’Amicis
-
Verschmutzung stellt eine ernsthafte Bedrohung für das Wassereinzugsgebiet dar. - Foto: Philipp Schütz
-
Wachsender Druck auf Feuchtgebiete und Arten: die zunehmende landwirtschaftliche Nutzung. - Foto: Philipp Schütz
-
Der Zugang zu sicherem Trinkwasser stellt für viele Gemeinden nach wie vor eine Herausforderung dar. - Foto: P. Schütz
-
Eine invasive Art bedroht das Ökosystem: die Wasserhyazinthe. - Foto: Bruno D’Amicis
-
Erosion verursacht schwere Verluste fruchtbarer Böden und den Eintrag von Sedimenten in den See. - Foto: Bruno D’Amicis
-
Der NABU bezieht die örtlichen Interessensgruppen bei der Organisation der vielfältigen laufenden Aktivitäten mit ein. - Foto Bruno D’Amicis
-
Auftakt des Projekts: die erste Konferenz der beteiligten Akteure 2019. - Foto: NABU
Projektdaten
Projekttitel
Water for Life – Partnerschaft für eine nachhaltige Zukunft des Lake Tana-Wassereinzugsgebiets
Land
Äthiopien
Zeitraum
August 2019 bis April 2023
Partner
siehe Auswahlmenü unten
Finanzierung / Unterstützung
Das Projekt wird vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) unterstützt.
Mit diesem Projekt tragen wir zu den folgenden Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDG) bei
SDG 6, SDG 12, SDG 14 und SDG 17
Nähere Details
Ziel und Projektleitung
Unser gemeinsames Ziel
Unser Ziel ist es, gemeinsam eine repräsentative und nachhaltig verankerte Multi-Akteurs-Partnerschaftsstruktur aufzubauen. Sie bringt Entwicklungsbedarf und Umweltschutz in Einklang, indem sie den kontinuierlichen Zugang zu sauberem Wasser und die Resilienz des Ökosystems im Einzugsgebiet des Tanasees sichert.
Die praktische Umsetzung des Projekts
Die Partnerschaft, die alle relevanten Akteure aus dem Lake Tana-Wassereinzugsgebiets einbezieht, fördert den Austausch und die Kooperation über verschiedene Sektoren und Branchen hinweg, um die Grundursachen von Armut und Migration zu reduzieren, indem sie
a) eine integrierte Strategie zur Bewahrung und gegebenenfalls Wiederherstellung der physischen und biologischen Integrität des Wassereinzugsgebiets entwickelt,
b) einen Politikwandel sowie die Weiterentwicklung und Durchsetzung bestehenden Rechts unterstützt,
c) branchenübergreifende Programme durchführt, die die Hauptrisiken in den Blick nehmen,
d) für das Thema Wasserressourcen und -versorgung sensibilisiert und Verhaltensänderungen herbeiführt sowie
e) die Zivilgesellschaft stärkt, um den Umweltschutz zu verbessern.
Leitung des Projekts
Der NABU moderiert und steuert die Prozesse der Multi-Akteurs-Partnerschaft. In der ersten Phase des Projekts wurden Governance-Strukturen für die Partnerschaft entwickelt und mit den Akteuren abgestimmt. Auch alle weiteren Maßnahmen wurden in Abstimmung mit den Partnern entwickelt. Zunächst wurde ein Gründungskomitee eingesetzt, um mit den Projektverfahren zu beginnen. Auf der ersten Konferenz mit allen Akteuren wurde der Water for Life-Vorstand gewählt, der durch die Arbeit eines Sekretariats unterstützt wird. Die verschiedenen Akteure sind in sechs Arbeitsgruppen zu den Schwerpunktthemen der Partnerschaft organisiert. Über ihre Ergebnisse und Erfolge berichten sie regelmäßig auf den Vorstandssitzungen und den jährlichen Akteurs-Konferenzen. Details zu den beteiligten Institutionen finden sich in der folgenden Grafik:

Überblick über die Leitungsstruktur im Multi-Akteurs-Partnerschaftsmodell (MAP) von Water for Life - Grafik: NABU
Partner und Akteure
Die Multi-Akteurs-Partnerschaft (MAP) bietet die Gelegenheit, die verschiedenen Akteure im Einzugsgebiet des Tanasees durch gemeinschaftlich gesetzte Ziele zu verbinden. Das Projekt richtet sich an 29 Bezirke des Einzugsgebiets des Tanasees, wozu auch das Gebiet des Biosphärenreservats Tanasee gehört.
Zu den Hauptakteuren der Partnerschaft – mit unterschiedlichen und manchmal gegensätzlichen Interessen – gehören die regionale Regierung sowie die Stadt- und Bezirksverwaltungen, zivilgesellschaftliche Organisationen, die lokale Bevölkerung, der gewerbliche Bereich und Vertreter*innen der Naturwissenschaften. Alle Partnerschaftsakteure werden in die Entscheidungsprozesse eingebunden. Auf Grundlage der abgestimmten Entscheidungen unterstützt das Projekt praktische Maßnahmen vor Ort.
Hauptakteure
... sind die Regionalregierung von Amhara (Behörde für Umwelt, Wald- und Wildtierschutz und -entwicklung (EFWPDA)), die Agentur für den Schutz und die Entwicklung des Tanasees und anderer Wasserflächen (LToWBPDA), das Landwirtschaftsbüro (BoA), das Büro für Finanzen und Wirtschaftskooperation (BoFEC) und das Kultur- und Tourismusbüro (BoCT) mit ihren Fachabteilungen und Ämtern auf Ebene der Woredas und Kebeles der jeweiligen Zonen.
… der private Sektor (landwirtschaftliche Großbetriebe (Blumen, Reis, Gemüse), Fabriken (Textil/Leder), Kooperativen (Honig/Kaffee/sonstiges), Touristikunternehmen und Unternehmensverbände (Fischerei, Tourismus, Bootseigner, Hotels, Reiseleiter). Zu den weiteren Akteuren gehören gemeinschaftsbasierte Organisationen und Verbände (z.B. Kooperativen, Nutzerverbände) sowie lokale Gemeinschaften (z.B. Landwirt*innen, Wassernutzer*innen).
Akteure der zweiten Ebene
… sind Universitäten und Forschungsinstitutionen (Bahir Dar University, Gondar, Debre Tabor und Enjibara, Amhara Agricultural Research Institute (ARARI), Ethiopian Environment and Forest Research Institute, Abay Basin Authority), zivilgesellschaftliche Organisationen (z.B. Amhara Development Association (ADA), Organization for Rehabilitation and Development in Amhara (ORDA), Bees for Development, Biological Society of Ethiopia) sowie religiöse Organisationen.
Auf Landesebene gehören das Ministerium für Bewässerung und Elektrizität (MoWIE), das Ministerium für Kultur und Tourismus (MoCT), das Landwirtschaftsministerium (MoA), die Environment, Forest and Climate Change Commission (EFCCC) dazu sowie internationale Entwicklungshilfeorganisationen (wie die GIZ, JICA, DANICA).
Über das Einzugsgebiet des Tanasees
Das Einzugsgebiet des Tanasees im Nordwesten des Landes erstreckt sich über 15.000 km² und beinhaltet den Tanasee, seine Nebenflüsse, saisonal überflutete Ebenen und ausgedehnte Feuchtgebiete. Es befindet sich im Herzen der Region Amhara ungefähr 560 Kilometer von Addis Abeba entfernt. Der See selbst, der mehr als ein Drittel des Wassereinzugsgebiets ausmacht, ist der größte See Äthiopiens und liefert zusammen mit seinen zahlreichen Zuflüssen etwa 50 Prozent der Süßwasserressourcen Äthiopiens. Er dient als natürlicher Hochwasserschutz, indem er das Wasser aus dem oberen Einzugsgebiet sammelt und ihm zugleich einen kontrollierten Abfluss gewährt, da aus ihm der Blaue Nil entspringt. Das Wasser des Sees und seiner 60 Zuflüsse (zu den größten gehören der Gilgel Abay, der Rib, der Gumara, der Megech, der Dirma, der Geldaw und der Arno-Garno) stellt die Grundlage für diverse Versorgungsleistungen für die örtlichen Gemeinden, Städte und Industrien dar. Dazu gehören die Trinkwasserversorgung und Wasser für die Landwirtschaft, Nahrungsmittelversorgung (z.B. Fisch), Transportmittel, fruchtbare landwirtschaftliche Böden, Energieerzeugung und verschiedene Einkünfte im Zusammenhang mit dem nationalen und internationalen Tourismus aufgrund der zahlreichen Kirchen und Klöster in der Gegend. Die verschiedenen Habitate im Wassereinzugsgebiet beherbergen bedrohte Vögel, endemische Waldinseln und Fischarten. In dem Gebiet wohnen knapp vier Millionen Menschen, die stark von natürlichen Ressourcen abhängig sind und zu 80 Prozent von Subsistenzlandwirtschaft leben. Das Einzugsgebiet besteht aus vier Verwaltungszonen, 29 Bezirken (Woredas) und 429 Kebeles (der kleinsten Verwaltungseinheit) mit den Städten Gondar, Debre Tabor und Bahir Dar, der Regionshauptstadt.
Ökosysteme unter Druck
Wasserqualität und -quantität des Tanasees sinken unter anderem aufgrund der Degradation der natürlichen Wälder und der Vegetationsdecke im Einzugsgebiet, der uneingeschränkten Abfall- und Abwasserwirtschaft, und der intensiven Reis- und Blumenzucht mit Bewässerung und Chemikalieneinsatz. Darüber hinaus fordern die Rodung und Umwandlung von Feuchtgebieten, die Kanalisierung großer Flüsse für landwirtschaftliche Investitionen, der Bau von Gebäuden an Seeufern und die Umleitung von Wasser für Wasserkraftwerke ihren Tribut. Auswirkungen des Klimawandels wie Dürren oder starke Regenfälle sowie invasive Arten wie die Wasserhyazinthe fordern die sensiblen Ökosysteme zusätzlich heraus und gefährden die Ernährungssicherheit und den Lebensunterhalt der lokalen Gemeinden. Die Bevölkerungsdichte und Wachstumsrate am Tanasee sind sehr hoch. Um den Bedarf der Gemeinden an Nahrungsmitteln zu decken, wurden große Wald-, Gras- und Feuchtgebiete in Ackerland umgewandelt, und die Viehbestände auf den Weiden steigen. Abholzung und Überweidung haben zur Zerstörung großer Mengen an natürlicher Vegetation, einem Rückgang der biologischen Vielfalt sowie zu Wüstenbildung und Bodenerosion geführt. Wenn sich dieser Trend fortsetzt, steht das Wassereinzugsgebiet mit seinen zahlreichen Dienstleistungen für Millionen von Menschen auf dem Spiel. Ein totaler Zusammenbruch der aquatischen Ökosysteme und damit verstärkter Armut und Migration wäre das Ergebnis.
Der NABU setzt sich international für die Einrichtung und den Erhalt von Großschutzgebieten ein. Hierzu zählt unter anderem der Aufbau von Biosphärenreservaten wie am äthiopischen Tanasee. Mehr →
Das neue Biosphärenreservat Tanasee ist ein einzigartiges Ökosystem und gilt als Gen-Zentrum für einheimische Nutzpflanzen. Die Anerkennung als UNESCO-Biosphärenreservat ist ein wichtiger Schritt, um das Gebiet langfristig zu schützen. Mehr →
Der Tanasee in Äthiopien bietet mehr als 200 Millionen Menschen eine Lebensgrundlage. Unser Projekt Water for Life zum Erhalt des Sees wurde, wie der Großteil der internationalen Projektarbeit, stark durch COVID-19 eingeschränkt. Mehr dazu im Blog. Mehr →