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Der NABU setzt sich für einen Nationalpark im Schwarzwald ein
Sonnenstrahlen dringen sanft durch die dichten Nadelzweige der Tannen und Fichten auf den Waldboden, nicht weit entfernt erklingt das Klopfen eines Schwarzspechtes ans Ohr von Ingrid Eberhardt-Schad. Sie bleibt stehen, lauscht und atmet tief ein und aus. Auf ihrem Spaziergang zum Bannwald Wilder See am Ruhestein im Kreis Freudenstadt genießt die Naturschutzreferentin des NABU Baden-Württemberg die Ruhe vor jeglichem Motoren- und Baustellenlärm.
Hier in der unberührten Natur des Nordschwarzwalds lässt Eberhardt-Schad ihren Blick schweifen. Entlang des Weges sieht sie alte und junge, große und kleine, dicke und dünne aber auch umgestürzte Bäume, die von zahlreichen Pilzen und Käfern langsam zersetzt werden. So wie in diesem 100 Jahre alten Bannwald könnte es auch in einem Nationalpark Nordschwarzwald einmal aussehen.
Studie zur Tauglichkeit
Die Diskussion um dieses Thema hat im letzten Mai begonnen, als der NABU das Ergebnis einer Studie der Öffentlichkeit vorstellte. „In diesem naturschutzfachlichen Screening wurden anhand fachlicher Kriterien alle Regionen in Baden-Württemberg auf ihre Nationalparktauglichkeit hin untersucht“, berichtet Eberhardt-Schad. Das Fazit: Nur die Wälder des Nordschwarzwalds erfüllen in Baden-Württemberg alle Kriterien für einen Nationalpark.
Zu diesen Kriterien zählen, dass das Gebiet mindestens 10.000 Hektar umfassen soll, die Fläche großteils naturnah ist, nicht durch Verkehrswege zerschnitten wird und sich hauptsächlich in öffentlicher Hand befindet. „Unser Ziel ist ein Entwicklungsnationalpark“, sagt Eberhardt-Schad. In diesem können bis zu 30 Jahre lang Waldflächen in der Kernzone genutzt und zu Urwäldern von morgen entwickelt werden. So können sich Mensch und Natur auf die „Wildnis“ einstellen. Außerdem haben Forstwirtschaft, Holzindustrie und auch der Tourismus die Möglichkeit, sich vorzubereiten.
Die Gegner formieren sich
Eine Reaktion auf die Forderung des NABU ließ nicht lange auf sich warten. Die Gegner eines möglichen Nationalparks formierten sich und schürten Sorgen und Ängste. Wer in der Gegend um Baiersbronn und im Murgtal unterwegs ist, fühlt sich heute an den Stuttgart-21-Protest erinnert. Denn die Gegner haben zahlreiche grüne Schilder mit der Aufschrift Nationalpark – von einem roten Balken durchgestrichen – aufgestellt.
Mit Unterschriftenlisten und Flyern versuchen die Gegner, die Bürger auf ihre Seite zu ziehen. Bei der Fachtagung „Ist ein Nationalpark im Nordschwarzwald möglich?“ demonstrierten sie im September in Bad Wildbad gegen einen Nationalpark, während der NABU auf seinen Plakaten für ein „Ja zum Nationalpark“ plädierte und forderte: „Informieren kommt vor Demonstrieren“. Denn mit der Fachtagung hat die neue grün-rote Landesregierung die Bürger bei der Vorbereitung eines Gutachtens in den Entscheidungsprozess von Beginn an miteinbezogen. Dieses soll die Vor- und Nachteile eines Nationalparks untersuchen. Und so stellten Bürger sowie Vertreter aus Kommunen, Industrie und Interessenverbänden an die 2.000 Fragen. Doch einige Gegner verschließen sich der Diskussion, wollen auch das Ergebnis des Gutachtens nicht abwarten, sondern kämpfen von vornherein gegen einen Nationalpark.
Ängste abbauen und informieren
Um den Menschen ihre Ängste zu nehmen und sie zu informieren, hat der NABU die Webseite www.NationalparkNordschwarzwald.de ins Leben gerufen. Zusätzlich erläutert der NABU in einem Flyer, was ein Nationalpark bedeutet, was noch möglich ist und was nicht. Anfang Dezember schließlich gründete sich zudem ein „Freundeskreis Nationalpark Schwarzwald“. Dieser möchte einen offenen Dialog führen und mit objektiven Argumenten die Menschen für den Nationalpark begeistern – damit aus einer Vision schon bald Realität wird.
Bei diesem Prozess zählt jede Unterstützung. Deshalb wirbt der Freundeskreis unter www.pro-nationalpark-schwarzwald.de um neue Mitglieder, die den Verein stark machen. Der NABU Baden-Württemberg ist Gründungsmitglied und möchte den Freundeskreis so gut es geht unterstützen.
Bianka Brobeil
Natur zulassen
Fragen an Thomas Fritz, Sprecher des Freundeskreises Nationalpark Schwarzwald
Warum engagieren Sie sich für einen Nationalpark im Nordschwarzwald?
Es liegt auch in meiner persönlichen Verantwortung, dass meine eigenen Kinder und weitere Generationen auf bestimmten Flächen eine wilde Natur vorfinden, die artenreiche Vielfalt erlaubt und eigene Dynamik zulässt. Als Pädagoge ist es mir ein besonderes Anliegen darauf hinzuweisen, dass Natur weit mehr ist als das, was wir in der gezähmten Kulturlandschaft vorfinden. Die Natur ist selbstständig und kann auf sich alleine aufpassen. Wir müssen es nur zulassen.
Warum sollen sich die Menschen aus ihrer Sicht für einen Nationalpark im Nordschwarzwald entscheiden?
Ein Nationalpark im Schwarzwald ist das Beste für die Natur, wirtschaftlich wichtig für die Region Nordschwarzwald und gut für die Menschen in ganz Baden-Württemberg. Ich bin mir sicher, dass das Gutachten genau diese Aussagen bestätigen wird.
Die Gegner machen massiv Stimmung gegen einen Nationalpark. Wie kommen Sie mit den negativen Reaktionen, die ihnen entgegengebracht werden, zurecht?
Wir leben in einer demokratischen Gesellschaft, daher freue ich mich über jede sachliche Diskussion und jeden engagiert geführten Disput. Für falsch und nicht nachvollziehbar halte ich die Vorverurteilungen der Nationalparkidee und die Ablehnung des begonnenen, zutiefst demokratischen Prozesses.