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Maßnahmen zum Herdenschutz


Dass der Wolf in Deutschland wieder heimisch wird, stellt Nutztierhalter*innen vor neue Herausforderungen. Nach der langen Zeit ohne Wölfe gilt es, bewährte Techniken zum Herdenschutz wieder zu erlernen und anzuwenden und sie gegebenenfalls mit innovativen Maßnahmen zu kombinieren. Aber wie lässt sich der Schutz von Schafen und Co. gut und effektiv gewährleisten?
Wölfe müssen mit ihrer Energie haushalten und Verletzungen vermeiden. Sie sind deshalb opportunistische Wildtiere: Sie bevorzugen die Nahrung, die am leichtesten zu erbeuten ist. Treffen sie auf ungeschützte Schafe, sind diese leichter zu erlegen als beispielsweise frei lebende Hirsche – diese Gelegenheit nutzen Wölfe. Um den Wölfen ihren Beutezug auf Nutztiere zu vermiesen, müssen Herdenschutzmaßnahmen angewendet werden: Mit Elektrozäunen und Herdenschutzhunden wird es für Wölfe wesentlich schwerer und unattraktiver, Schafe und andere Nutztiere anzugreifen. Dort, wo Wölfe wieder dauerhaft leben, werden die Tierhalter vom Land finanziell bei der Anschaffung solcher Maßnahmen unterstützt – jedoch variieren die Förderungen von Land zu Land.
Mit Strom gegen Wölfe
Die zentrale Regel für den richtigen Herdenschutz ist, dass die Tiere vollständig eingezäunt sein müssen – eine der Hauptmaßnahmen sind daher Elektrozäune. Die stromführenden „Euronetze“ müssen beispielsweise bis zum Boden reichen, damit Wölfe sich nicht unter dem Hindernis durchgraben können.
Aber Achtung: Effektiver Herdenschutz ist eine komplexe Angelegenheit. Jede Weidefläche ist anders, so dass Lösungen für die jeweilige Fläche stets individuell mit Herdenschutzspezialisten besprochen werden müssen.
Herdenschutz kann keine hunderprozentige Garantie bieten, Risse vollkommen zu verhindern. Es kann immer passieren, dass der Strom absinkt, ein Zaun beschädigt wird, zum Beispiel durch Wildtiere oder Sturm, oder dass ein besonders cleverer Wolf einen Weg findet, diesen Schutz zu überwinden. Herdenschutz minimiert die Risse jedoch signifikant.
Ziel muss es sein, Herdenschutz-Maßnahmen noch abweisender zu gestalten, ohne den Mehraufwand über ein praktikables Maß zu treiben. Bei den meisten Wölfen genügt ein gut installierter Grundschutz, zum Beispiel in Form von 90 Zentimeter hohen Zäunen, welche gegebenenfalls auf 120 Zentimeter erhöht werden können. Wölfe sind körperlich definitiv in der Lage, diese zu überspringen. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass sie dies eher ungern machen, vor allem, wenn sie die Erfahrung haben, dass der Kontakt mit dem Stromzaun ordentlich schmerzt.
Herdenschutzhunde im Einsatz
Im Gegensatz zu Hütehunden, die Schafe oder Ziegen zusammenhalten sollen, besteht die Aufgabe von Herdenschutzhunden darin, die ihnen anvertrauten Herden vor Eindringlingen zu schützen. In Frage kommen dafür große und kräftige Arbeitshunde wie zum Beispiel Pyrenäenberghunde, Maremmanos oder Kangals.
Doch die Rasse alleine macht noch keinen Herdenschutzhund aus, Charakter und Lernvermögen sind entscheidend. Um diese Aufgabe gut ausführen zu können, beginnt die Ausbildung am besten so früh wie möglich. Die Hunde wachsen in der Regel eng bei den Weidetieren mit auf. Für den richtigen Umgang und Anleitung von Herdenschutzhunden müssen die Halter*innen über die entsprechende Erfahrung verfügen. Herdenschutzhunde sind jedoch sehr eigenständig, sie orientieren sich vor allem an den anderen erfahrenen Herdenschutzhunden, die ihnen als Mentoren dienen. Daher ist es auch empfehlenswert, einem Team aus jungen Herdenschutzhund nicht die alleinige Verantwortung für eine Herde zu überlassen, sondern immer ältere und jüngere Tiere zu kombinieren. Darüber hinaus werden sie bei der Aufzucht lediglich an die Hütehunde und Hirt*innen gewöhnt, anderen Vier- und Zweibeinern gegenüber sind sie eher skeptisch. Trotzdem müssen auch sie den Besuch beim Tierarzt oder das Laufen an der Leine lernen und beherrschen.
Während ihres Einsatzes befinden sie sich die ganze Zeit bei der Herde. Sie sind speziell auf diese Ansprüche gezüchtet, ihr dickes Fell schützt sie beispielsweise vor Kälte und Regen. Einen Witterungsschutz, auch vor Sonne, benötigen sie jedoch trotzdem, wie auch die Weidetiere. Herdenschutzhunde sind stark territorial, das heißt sie verteidigen ihre Weide. Ausbüchsen dürfen sie jedoch nicht, deshalb wird ihnen das Überspringen des Zaunes abtrainiert. Sie sollen mit lautem Bellen jeden Störenfried abwehren und – falls dies nicht ausreichen sollte - gegebenenfalls den Störenden angreifen, der in die Weidefläche eindringt. Gut ausgebildete Herdenschutzhunde bleiben jedoch innerhalb der Abzäunung ihrer Herde. Fußgänger*innen werden so zwar unter lautem Gebell am Zaun entlang begleitet, aber nicht angegriffen. In Anwesenheit von Herdenschutzhunden lassen Wölfe in der Regel von Angriffen auf Schafherden ab, da sie kämpferische Auseinandersetzungen vermeiden, um selbst keine Verletzungen zu riskieren.
Kompensationszahlungen
Sollten Wölfe trotz vorhandener Schutzmaßnahmen oder in neu besiedelten Gebieten Nutztiere reißen, bekommen Landwirt*innen, geregelt nach den Wolfsmanagementplänen beziehungsweise den entsprechenden Förderrichtlinien der Länder, einen Schadensausgleich. Voraussetzung ist, dass sogenannte Rissgutachter*innen die toten Nutztiere untersuchen und feststellen, dass es sich beim Verursacher tatsächlich um einen Wolf gehandelt hat, oder dies nicht ausgeschlossen werden kann. Erst dann zahlt das Land.
Die Förderung von Herdenschutzmaßnahmen, die Durchführung der Rissbegutachtung und die Zahlung des Schadensausgleichs sind noch nicht in allen Bundesländern festgeschrieben worden. Eine einheitliche Regelung gibt es nicht. Der NABU nimmt die Sorgen der Nutztierhalter*innen sehr ernst und setzt sich zum Beispiel auf politischer Ebene für eine umfangreiche Unterstützung ein. Neben dem Material von Zäunen und dem Kauf von Herdenschutzhunden muss vor allem der personelle Aufwand für deren Betreuung und Pflege erstattet werden.
Damit Informationen zu praktikablen Herdenschutzmaßnahmen für Nutztierhalter*innen bereitstehen, sollte es eine Bündelung dieser Informationen zum Beispiel in einem dafür einzurichtenden bundesweiten Herdenschutzzentrum geben. Diese, lange vom NABU geforderte, Fachstelle wurde 2021 vom Bundeslandwirtschaftsministerium gegründet. Aufgabe soll es zum Einen sein, in- und ausländische Erfahrungen mit Herdenschutz zu sammeln und auszuwerten. Zum Anderen mit Praxis (Weidetierhaltende, Wolfsexpert*innen oder Herdenschutzberater*innen) und Forschung zukünftig noch effizientere Systeme zu entwickeln. Damit sind die Bundesländer nicht aus der Verantwortung entlassen, ihre Weidetierhaltenden so gut wie möglich zu unterstützen. Abseits von Herdenschutz eignet sich auch eine sogenannte „Weidetierprämie“, um die Weidewirtschaft grundsätzlich zu stabilisieren.
Der NABU fordert zusammen mit Partnerverbänden schon lange diese Stütze – einige Bundesländer wie Thüringen und Baden-Württemberg haben sie schon eingeführt, doch vor allem die CDU sträubte sich bisher gegen eine Förderung der Europäischen Agrarpolitik (GAP), die von Flächen entkoppelt ist und pro Tier bezahlt wird. Es liegt nun jedoch der Entschluss der Agrarminister*innenkonferenz vom April 2021 vor, eine Weidetierprämie bundesweit und aus der GAP gefördert ab 2023 umzusetzen. Wie die Konditionen hierfür sind, muss noch entschieden werden. Der NABU steht hier an der Seite der weidetierhaltenden Betriebe, deren Leistungen für Natur und Gesellschaft nicht zu ersetzen sind.
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Gemeinsam mit zehn anderen Organisationen aus der Landwirtschaft und Nutztierhaltung, des Natur- und Tierschutzes sowie der Jagd hat der NABU eine Empfehlung für einen bundeseinheitlichen Herdenschutz und Kriterien zur Tötung von Wölfen, die wiederholt Nutztiere gerissen haben, vorgelegt. Mehr →
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