Am Unteren Niederrhein ist ein wichtiges Brutgebiet für den stark gefährdeten Kiebitz – doch auch hier lauern viele Gefahren. Bitte helfen Sie dabei, die Kinderstuben des kleinen Vogels zu schützen!
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Kockrowsberg und Kleines Gehege im Spreewald
von Kathrin Klinkusch
Zwei Silberreiher schreiten durch die Wasserlache zwischen dichten Schilfinseln, mehrere Graureiher sind zu sehen und zahlreiche Kiebitze rasten hier. In der Ferne zieht ein Seeadler weite Kreise über hohen Erlen. Die Idylle wird nur kurz gestört, als ein Wanderfalke auf der Jagd am Horizont erscheint und die anderen Vögel aufschreckt. Das Schutzgebiet Kockrowsberg/Kleines Gehege im Spreewald südlich von Berlin ist heute ein wichtiger Lebensraum für viele Vögel, Säugetiere, Amphibien und Insekten.
Für Ornithologen ist dieser Teil des Spreewalds ein beliebter Beobachtungsort. Alle Rohrsängerarten und viele Schilfbrüter sind hier vertreten, Limikolen, Grau- und Silberreiher, Weiß- und Schwarzstörche finden in den feuchten Wiesen Nahrung. Wanderfalke, Habicht und Seeadler gehen erfolgreich auf Beutejagd. Seltene Libellenarten teilen sich das Niedermoor mit tausenden Moorfröschen, die im Frühjahr für eine beeindruckende Geräuschkulisse sorgen. Aber auch Hirsche und Wildschweine, Fischotter, Iltis und Wiesel tummeln sich in dem etwa 1400 Hektar großen Feuchtgebiet zwischen Lübben und Lübbenau.
120 Hektar NABU-Eigentum
Bereits seit 1981 gab es hier ein etwa 70 Hektar großes Schutzgebiet, in der DDR hatte die Landwirtschaft jedoch Vorrang vor dem Naturschutz. Erst mit der Wende kam allmählich der Wandel. "Noch 1990 wurde in dem ganzen Bereich intensive Landwirtschaft betrieben und zu jeder Zeit konnte das Gebiet mit Traktoren oder Mähmaschinen befahren werden", sagt Arnulf Weingardt vom NABU Spreewald. Damals gab es hier nur kurzes Gras und viele Weidetiere.
Heute sind Kockrowsberg und das Kleine Gehege - so die alten Flurbezeichnungen - Landschaftsschutzgebiet, ein Teil davon gehört zum Naturschutzgebiet Innerer Spreewald. 120 Hektar der Fläche sind Eigentum des NABU. Bis zu 1000 Kraniche rasten hier im Herbst und Schwarzstörche finden im flachen Wasser besonders viele Fische. "Für Schwarzstörche ist das hier das McDonald"s des Spreewalds", meint Weingardt. Die scheuen Großvögel fänden ihre Nahrung hauptsächlich in diesem Teil des Gebiets.
"Kurz nach der Wende haben wir mit 60.000 Mark die erste Fläche gekauft", erinnert sich Naturschützer Weingardt. Mit diesem Geld wurde bei der Anhöhe Kockrowsberg einen Kranichschlafplatz gesichert. Die kleine Wasserstelle ist jetzt mit dichtem Schilf bewachsen und für Menschen nur schwer zugänglich. 1994 kaufte der NABU mit 400.000 Mark der Nordrhein-Westfalen-Stiftung viele Sumpfwiesen dazu.
Vertragsnaturschutz für den Wachtelkönig
Der Name Kockrowsberg leitet sich laut Weingardt entweder von einem Wort für Hahn ab, weil dort verstärkt Birkhähne gebalzt haben, oder aber das Gebiet einer Familie Kockrow gehörte. Das Kleine Gehege schließt unmittelbar an. Dieser Name erinnert an eine frühere große Lichtung im inneren Spreewald. "Im 19. und 20. Jahrhundert hatten die Bauern dort ihre Wiesen und Weiden", erläutert Weingardt. Durch das Gebiet fließt die Krumme Mudnitza, auch als Großes Fließ bezeichnet. Das Gewässer ist eine Hauptstrecke des Kahnbetriebes im Spreewald. "Früher liefen im Bereich Kleines Gehege rund um die Uhr die Schöpfwerke", ergänzt Weingardt. Heute sind die Schuppen mit den Schöpfmaschinen, die den Wiesen Wasser entzogen, dicht mit Sträuchern bewachsen.
Doch die Landwirtschaft muss nicht zum Nachteil der Natur sein. "Wichtig ist, dass die nutzbaren Wiesen vernünftig bewirtschaftet werden und Bauern darauf achten, dass sie den Artenreichtum erhalten", meint Weingardt. Denn Vogelarten wie der Wachtelkönig bevorzugen gemähte Wiesen, in denen sie brüten und Nachwuchs aufziehen. Auch der NABU hat Flächen an Landwirte verpachtet, die dort Grünlandwirtschaft betreiben und Gras und Heu produzieren.
Vom Land Brandenburg erhalten die Landwirte Gelder, damit sie bestimmte Flächen naturverträglich bewirtschaften. Dieser so genannte Vertragsnaturschutz ist jedoch in Zeiten knapper Kassen bedroht. "Für 2007 fehlt Geld. Wir wissen nicht, wie es mit dem Vertragsnaturschutz im Land Brandenburg weitergeht", berichtet Hans Bulligk, Geschäftsführer der Agrargenossenschaft Radensdorf. Die dort erzeugte Milch hat ein Bio-Siegel. Der Landwirt hat erkannt, dass naturverträgliche Landwirtschaft Region und Tourismus nutzt. Mit eigenen Mitteln hat Bulligk Holztafeln finanziert und vor seinen Gebäuden aufgestellt. Darauf gibt es Informationen über die Tiere der Region, ihre typischen Merkmale wie Aussehen, bevorzugte Nahrung oder Aufzucht der Jungen.
Ziel naturnahe Auenlandschaft
Neben dichten Schilfwiesen wird das Gebiet durch einen Wald begrenzt. Erlen, Eschen und Eichen geben Schutz und bieten vielen Vögeln Unterschlupf. Arnulf Weingardt entdeckt die Silhouette eines Vogels am Himmel. Durch sein Fernglas erkennt er einen Wespenbussard. "Die Art ist typisch für das kleine Gehege. Hier gibt es ausreichend Futter für ihn", freut er sich. Weingardt weist auf einen ausgetrockneten Flusslauf hin. Der Altarm soll im Rahmen des Gewässerrandstreifenprojektes Spreewald wieder angeschlossen werden. Ziel ist es, die typische Auenlandschaft im Spreewald wieder herzustellen. Davon profitiert auch das Landschaftsschutzgebiet Kockrowsberg/Kleines Gehege. Es wird nach Abschluss des Projektes in etwa zehn Jahren auch den Status eines Naturschutzgebietes haben. "Vielleicht brüten dann die Silberreiher endlich auch wieder bei uns", hofft Weingardt. Bislang haben die weißen Vögel das Gebiet nur zum Fressen und Schlafen entdeckt.
Kontakt: NABU Spreewald, c/o Arnulf Weingardt, Tel. 0 35 46-18 04 02, kontakt@nabu-spreewald.de.