Am Unteren Niederrhein ist ein wichtiges Brutgebiet für den stark gefährdeten Kiebitz – doch auch hier lauern viele Gefahren. Bitte helfen Sie dabei, die Kinderstuben des kleinen Vogels zu schützen!
Jetzt spenden!Ein Paradies für den Wiedehopf
Schutzgebiet Hutelandschaft Altranft-Sonnenburg
Am Rande des Oderbruchs, direkt hinter dem kleinen Museumsdorf Altranft, zeigt sich eine für die waldreiche und intensiv genutzte Region ungewöhnliche Landschaft: Weites Grasland und offene Sandhänge wechseln sich hier mit kiefernbewachsenen Hügeln und lichten Wäldern ab. Mit dem beginnenden Frühjahr steigen über den Wiesen die ersten Feldlerchen senkrecht in den Himmel, im Sommer verwandeln Sand-Strohblume, Tausendgüldenkraut und Karthäusernelke die Landschaft in ein buntes, summendes Blütenmeer. Die nährstoffarmen Magerrasen bieten Insektenspezialisten wie dem Wiedehopf einen reich gedeckten Tisch und machen die alte Hutelandschaft zwischen Altranft und Sonnenburg zu einem Naturparadies.
Geformt von Schafen und Panzern
Wie der Name verrät, ist die Hutelandschaft bis auf wenige ackerbaulich genutzte Bereiche durch Beweidung entstanden. So grasten hier über Jahrhunderte Schafe und sorgten für eine strukturreiche Offenlandschaft, sogar während der militärischen Nutzung. Nach dem Zweiten Weltkrieg trainierten Soldaten der Sowjetarmee in dem hügeligen Gelände und hinterließen mit ihren Panzern sichtbare Spuren in der Landschaft. Die schweren Kettenfahrzeuge sorgten durch Bodenverletzungen für wertvolle Pionierstandorte, auf denen sich Silbergrasfluren ausbreiteten. Die ehemalige „Panzerwäsche“, eine kleinere zubetonierte Senke, ist heute eines der wenigen Feuchtbiotope für Libellen und Amphibien in dem ansonsten ausgesprochen trockenen Gebiet.
Durch die verschiedenen räumlich und zeitlich gestaffelten Nutzungen entwickelte sich eine abwechslungsreiche Vegetation, die insbesondere wärmeliebende Arten anlockt. Auf den schwach bewachsenen Sandrasen leben unzählige Grillen, Käfer und Feldheuschrecken, darunter die Italienische Schönschrecke und die Blauflügelige Ödlandschrecke. Wildbienen, Schmetterlinge und viele andere Fluginsekten suchen in den Kalkmagerrasen nach Nektar. Von diesem Insektenreichtum profitieren wiederum bedrohte Wiesenvögel wie Grauammer, Neuntöter, Heidelerche und die besonders zahlreich vertretene Feldlerche. Aber auch unser Vogel des Jahres, der Wiedehopf, jagt regelmäßig auf den kurzwüchsigen Wiesen oder im lockeren Bodennach Insekten, Spinnen und Würmern.
Stück für Stück in NABU-Hand
Nach dem Abzug des Militärs übernahm der Bund Mitte der 1990er Jahre den ehemaligen Übungsplatz bei Altranft und startete mit der Privatisierung des Geländes. Seit 2005 engagiert sich die NABU-Stiftung Nationales Naturerbe für die Hutelandschaft und kauft Stück für Stück Wiesen-, Brache- und Waldflächen in dem etwa 570 Hektar großen Naturschutzgebiet auf. Über das Grundeigentum kann die Stiftung sicherstellen, dass diese Flächen auch in Zukunft als Lebensraum für Wiedehopf und Co. erhalten bleiben.
Partner vor Ort ist ein Schäfer, der die stiftungseigenen Flächen naturschonend beweidet und zur Heugewinnung nutzt. Über Jahrzehnte brachgefallene Wiesen, die zunehmend mit Büschen und Gehölzen zuwachsen, lässt die NABU-Stiftung freistellen und anschließend wieder beweiden. Die angrenzenden Stiftungswälder dürfen sich ungestört entwickeln, sodass hier nach und nach mehr Lebensräume für Höhlenbrüter wie den Wiedehopf entstehen.
Naturschutzacker als Puffer
Im Sommer 2021 erweiterte die NABU-Stiftung ihr Engagement für das Naturparadies und erwarb mithilfe von Spenden 38 Hektar Grün- und Ackerland, die direkt an das Schutzgebiet grenzen. Mit verschiedenen Naturschutzmaßnahmen will sie in den kommenden Jahren das Nahrungsangebot für den Wiedehopf und weitere Wiesenvögel vergrößern. Der rund zehn Hektar große Ackerwird ohne den Einsatz von Pestiziden oder synthetischen Düngemitteln und künftig auch mit breiteren Reihenabständen bewirtschaftet, um für Insekten und Feldvögel optimale Bedingungen zu schaffen.
Die tierischen Besucher können sich beispielsweise über eine im Winter 2021 neugepflanzte Hecke aus unter anderem Schlehe, Weißdorn und Heckenrose freuen. Sie soll den Acker künftig vor Spritzmitteln der Nachbarflächen schützen, wird aber mit der Zeit zudem neue Verstecke sowie Brut- und Nahrungsräume für die Vogelwelt bereitstellen.
Die erworbene Grünlandfläche hat die NABU-Stiftung bereits an den Schäfer verpachtet, der die Wiese durch extensive Beweidung und Mahd zu einem insektenreichen Grasland entwickeln wird. Zusätzlich wurden im vergangenen Jahr Niströhren für den Wiedehopf auf dem Stiftungsland aufgehängt. So findet der Vogel des Jahres 2022 bei seiner Rückkehr in diesem Frühjahr nicht nur gute Nahrungsbedingungen, sondern auch ausreichend Nistplätze vor.
Christiane Winkler
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