Upps, hat da jemand überraschend gebremst? Erdkröten am Kamener Kreuz.- Foto: Elisabeth und Wolfgang Postler
Sonnige Aussichten am Krötenzaun
Laichwanderungen auf dem Höhepunkt / Örtlich setzt bereits die Rückwanderung ein
01. April 2016 – Im Jahr 1140, so will es die Legende, soll es sich zugetragen haben. König Konrad belagerte im Streit mit Herzog Welf die Burg Weinsberg und drohte sie zu zerstören. Nach einigen Verhandlungen stimmte der König zu, wenigstes die Frauen zu verschonen – und so viel Hab und Gut, wie sie tragen könnten. Die Frauen nahmen daraufhin ihre Männer huckepack und konnten so auch deren Leben retten.
Und jedes Weibchen ziehet,
Mit ihrem Männchen schwer im Sack,
So wahr ich lebe! Huckepack.Aus der Ballade „Die Weiber von Weinsberg“
Gottfried August Bürger, 1747–1794
Ums Leben geht es jetzt auch bei den Kröten, aber mehr um das künftige, um die Fortpflanzung. Auch hier nehmen die Weibchen die Männchen huckepack, wobei die Initiaitive von den Männchen ausgeht. Diese passen die Weibchen auf dem Weg zum Laichgewässer ab und klammern sich auf deren Rücken fest. Den Weibchen macht die zusätzliche Last nicht viel aus, denn die Männchen sind in der Regel deutlich kleiner. Für die Männchen lohnt es sich, möglichst früh auf dem Weg ein Weibchen zu finden, denn es herrscht beständig ein starker Männchenüberschuss.
Eindrucksvoll bestätigen dies aktuelle Zahlen aus dem südhessischen Odenwald. Dort herrscht an der L 3119 zwischen Finkenbach und Hainbrunn wie an vielen Orten derzeit Hochbetrieb. Am bisher stärksten Tag (Di.) waren laut NABU Odenwaldkreis von 227 Weibchen bereits 174 verpaart, drei Viertel trugen also Männchen auf dem Rücken. Nur 53 Weibchen kamen solo am Zaun an und stießen dort auf 359 partnerinnensuchende Männchen. Damit konnte sich nur jedes siebte unverpaarte Männchen noch Hoffnungen machen.
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Alle Rücken schon belegt, dann nichts wie weitergehüpft - Foto: Monika Habermann
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Erdkröten-Suchbild im schlammigen Sammeleimer am Ommersheimer Weiher (Saarpfalz-Kreis) - Foto: Jürgen Wiesmeier
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Laichgeschäft erledigt und schon wieder auf dem Rückweg: Ein Erdkrötenweibchen aus Monzingen gräbt sich ein. - Foto: Karl-Heinz Fuldner
„Am Kamener Galgenberg sieht es genauso aus wie überall. Wir haben bisher (30. März) nur etwas über die Hälfte der Kröten zählen können gegenüber dem Vorjahr“, berichten Elisabeth und Wolfgang Postler vom NABU Unna. „Nun haben wir seit drei Tagen schon Rückwanderer beobachten können. Wir hoffen das bei besserer Witterung noch einige Kröten am Galgenberg auf die Wanderung gehen.“
Ähnliches wie in NRW beobachte in Rheinland-Pfalz Karl-Heinz Fuldner vom NABU Bad Sobernheim am Krötenzaun in Monzingen an der Nahe: „Wir haben die ersten Rückläufer erfasst. Ein rücklaufendes Krötenweibchen begann sofort, auf sicherer Seite angelangt sich einzugraben.“ Insgesamt kamen an den letzten beiden Abenden 531 Erdkröten – Männchen zu Weibchen 3,5:1 – und ein Feuersalamanderweibchen an den Alten Steinbruch bei Monzingen.
Die Aussichten
Wie geht es nun weiter – geht es überhaupt weiter? „Wir haben in Hemmingen, Region Hannover, an unserem Schutzzaun inzwischen 1.802 Erdkröten, Grasfrösche und Molche eingesammelt. Zur Zeit sieht es fast so aus, als ginge die Wanderung langsam zu Ende, da jede Nacht nur noch 20 bis 30 Tiere in den Eimern sitzen“, meint zum Beispiel Inge Scherber vom NABU Hemmingen. „2015 waren es insgesamt 3.700 Tiere. Das wäre ein Rückgang von rund 50 Prozent.“
Ist das Krötenfrühjahr gut oder schlecht gelaufen? Noch ist es für Bilanzen zu früh und möglicherweise werden sie von Ort zu Ort ganz unterschiedlich lauten. Das Wetter jedenfalls wird die nächsten Tage frühlingshaft warm, mit tagsüber verbreitet über 20 Grad Celsius und recht milden Nächten. Dabei wird es meist trocken bleiben, was die Amphibien ausbremsen könnte. Wahrscheinlich ist aber, dass sie inzwischen derart in Fortpflanzungsstimmung sind, dass sie die Wanderung einfach „durchziehen“.
Rückblick März
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