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Mehr Informationen zur Patenschaft!NABU klagt gegen Bau von Nord Stream 2
Gaspipeline schädigt Meer und Klima





Meere sind Naturschutzgebiet - Foto: NABU/Volker Gehrmann
55 Milliarden Kubikmeter Erdgas soll die Pipeline Nord Stream 2 pro Jahr von Russland nach Mecklenburg-Vorpommern mitten durch die Ostsee transportieren. Mit dem Bau wurde im Mai 2018 begonnen. Von Anfang an bewertete der NABU das Projekt kritisch. Denn die Trassenführung durch fünf Meeresnaturschutzgebiete führt zu irreparablen Schäden der empfindlichen Meeresumwelt der Ostsee.
Nachdem das Bergamt Stralsund im Januar 2018 die Genehmigung zum Bau der Gaspipeline erteilte, hat der NABU im März des gleichen Jahres Klage am zuständigen Oberverwaltungsgericht Greifswald eingereicht. Der NABU befürchtet erhebliche Umweltauswirkungen in mehreren FFH- und Vogelschutzgebieten. Die Klage begründet sich darüber hinaus durch Fragen des Klimaschutzes und durch eine Reihe von Verfahrensfehlern.
Darum klagt der NABU
Nord Stream 2 verursacht Schäden in Meeresschutzgebieten.
In den deutschen Gewässern verläuft die Gaspipeline vollständig durch Meeresschutzgebiete des Netzwerks Natura 2000. Im Küstengewässer wird der Meeresboden dazu bis zu 80 Meter breit aufgebaggert. Geschützte Lebensräume wie Makrophytenbestände und Steinriffe werden zerstört, bedrohte Schweinswale, Flussneunaugen und Meeresenten gefährdet und vertrieben. Allein im Greifswalder Bodden und in der Pommerschen Bucht werden 254 Tonnen bioverfügbaren Phosphors freigesetzt - noch mehr Nährstoffe für die ohnehin stark überdüngte Ostsee. Durch ein verstärktes Algenwachstum und notwendige Abbauprozesse können sich dadurch sauerstoffarme Todeszonen am Meeresboden ausbreiten.
Aus Sicht des NABU ist ein derartig dramatischer Eingriff in streng geschützte Lebensräume nicht zu rechtfertigen.
Das Genehmigungsverfahren war fehlerhaft.
Der gesamte Prozess der Planfeststellung entspricht nicht den Erwartungen des NABU an ein unabhängiges, behördliches Genehmigungsverfahren.
Aus dem Projekt der ersten Gaspipeline Nord Stream 1 fehlten große Teile der Monitoring-Daten. So war es dem NABU und anderen Interessengruppen nicht möglich, die Umweltauswirkungen und die dem Monitoring zugrundeliegende fachliche Methodik nachzuvollziehen. Ergänzungen zum Projektantrag und wesentliche Planänderungen sind keiner vollständigen Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen worden. Damit widerspricht die Genehmigung der geltenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, das bei der geplanten Weservertiefung entsprechend geurteilt hatte.
Es gibt keinen Bedarf für eine weitere Pipeline.
Die erwarteten Umweltauswirkungen müssen im Genehmigungsverfahren sorgfältig gegen ein mögliches öffentliches Interesse am Bau der Pipeline abgewogen werden. Ein Gutachten einer Professorin vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) zeigte bereits 2018, dass kein Bedarf an zusätzlicher Gasinfrastruktur besteht. Der Zubau weiterer Gasleitungen gefährde vielmehr die von Deutschland unterzeichneten Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens und damit die Energiewende. Inzwischen zeigt uns auch die Realität, wie recht das Gutachten hatte und wie falsch die Nord Stream 2-Prognosen waren: Der Pipelinebauer hatte einen steigenden Gasbedarf und Versorgungslücken ab 2020 vorhergesagt. Beides ist nicht eingetreten. Ein aktualisiertes Gutachten des DIW aus dem Jahr 2021 erwartet zudem einen weiter abnehmenden Gasverbrauch. Angesichts eines fehlenden Bedarfs sind jedoch die massiven Umweltauswirkungen keinesfalls zu rechtfertigen.
Was kann der NABU mit seiner Klage erreichen?
Auch wenn die Klage die Pipeline nicht verhindern konnte: Nord Stream 2 baut wegen des noch laufenden Verfahrens auf eigenes Risiko. Sollte die Klage erfolgreich sein, darf die Pipeline womöglich nicht betrieben werden. Das wäre eine gute Nachricht für den Klimaschutz, denn weitere Milliarden Kubikmeter billiges Gas blockieren die Energiewende und heizen den Klimawandel weiter an.
Update: DIW-Gutachten im Auftrag des NABU enttarnt Mythos von Versorgungslücken und Brückentechnologien
13. Januar - Um die Gaspipeline Nord Stream 2 fertigstellen zu können, hat das Landesparlament von Mecklenburg-Vorpommern am 7. Januar über die Gründung einer landeseigenen Stiftung Klimaschutz entschieden. Auf diese Weise sollen angedrohte Sanktionen der USA umgangen werden. Nun gibt es vermehrt öffentliche Kritik. Gleichzeitig muss das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrografie (BSH) über einen Antrag entscheiden, mit dem der Bau der Pipeline auch zur Vogelrastzeit in der deutschen Ostsee fertiggestellt werden kann. Ein aktuelles Gutachten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) im Auftrag des NABU enttarnt die Argumente der Pipeline-Befürworter: Nord Stream 2 ist energiewirtschaftlich unnötig und gefährdet geltende Klimaschutzziele.
Das Fazit des Gutachtens zeigt: Es besteht weder kurz- noch langfristig eine Deckungslücke für Gas. Die bestehende Gas-Infrastruktur deckt den aktuellen und zukünftigen Bedarf. Vielmehr drohen durch Nord Stream 2 gefährliche Lock-in-Effekte, die den Ausbau erneuerbarer Energien verzögern können. Das Gutachten enttarne die rückwärtsgewandten Argumente der Pipeline-Befürworter und auch die Rechtfertigungsversuche der Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern zur Gründung der Klimaschutzstiftung MV, sagt NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger. Weder gehe ohne fossile Energieträger das Licht aus, noch sei Gas eine klimafreundliche Brückentechnologie. Das Gegenteil sie der Fall. Durch die Methanemissionen bei Förderung, Transport und Nutzung sei Erdgas ein Klimakiller, genau wie Kohle.
Zum Gutachten
Diskussion um Nord Stream 2 spitzt sich zu
Nord Stream 2 polarisiert wie kaum ein anderes großes Infrastrukturprojekt in Europa. Vielfach überwiegen in der Diskussion geopolitische und auch europapolitische Argumente. So haben sich neben der Europäischen Kommission auch Polen, Dänemark, die Baltischen Staaten sowie die Ukraine und die USA gegen das Projekt positioniert.

Seegraswiesen werden auch als Kinderstube der Meere bezeichnet und sind sehr empfindlich - Foto: NABU/Kim Detloff
Der NABU und der WWF wandten sich im Januar 2018 in einem Offenen Brief an die Fraktionsspitzen der CDU/CSU und SDP und forderten sie auf, sich gegen Nord Stream 2 auszusprechen. Fast 4.000 Menschen unterzeichneten unseren Brief!
Auch Politiker der CDU, CSU, FDP und Bündnis 90/Die Grünen des Bundestages und des EU-Parlamentes appellierten in einem gemeinsamen Brief an die Bundesregierung, die Entscheidung zu Nord Stream 2 in europäische Hand zu legen.
Mit dem Anschlag auf den russischen Oppositionspolitiker Alexei Anatoljewitsch Nawalny gelangte der Ausstieg aus dem Projekt erneut auf die Tagesordnung, befürchtet werden jedoch hohe Schadensersatzforderungen. Aber: Wegen der laufenden Klage des NABU baut Nord Stream 2 auf eigenes Risiko. Sollte die Klage positiv entschieden werden, so würde sich dies auch auf die Frage der Schadensersatzforderungen auswirken.
Wettlauf zwischen Klage und Pipelinebau
Der Bau der umstrittenen Gaspipeline 2 hat trotz der Anfang Februar vom NABU am Oberverwaltungsgericht (OVG) Greifswald eingereichten Klage wenig später an der Anlandestelle Lubmin begonnen. Am 15. Mai 2018 hat Nord Stream 2 schließlich die Bauarbeiten in den deutschen Küstengewässern gestartet. Aus diesem Grund hat der NABU seine Klage im sogenannten Eilverfahren eingereicht. Fachlich und finanziell unterstützt wird der NABU in seiner Klageführung vom WWF Deutschland.
Am 9. Mai 2018 beantragte der NABU zusätzlich eine sogenannte Zwischenverfügung, einen Eilantrag im Eilverfahren, um zu verhindern, dass irreparable Schäden in den Meeresschutzgebieten entstehen, bevor das OVG die Möglichkeit hatte, die Kritikpunkte des NABU an der Genehmigung zu prüfen. Doch der Antrag für einen vorläufigen Baustopp wurde am 1. Juni 2018 abgelehnt - und das trotz bereits massiver Verschmutzungen durch Schmierfette im Greifswalder Bodden kurz nach Baubeginn.
Der NABU reagierte Anfang Juli mit einer Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss. Ziel war es, an höchster Stelle den effektiven Rechtsschutz im Fall zu überprüfen und eine sofortige Unterbrechung der Bauarbeiten zu erwirken. Am 19. Juli 2018 wurde die Beschwerde von den Karlsruher Richterinnen und Richtern bedauerlicherweise abgelehnt. Allerdings ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens Anfang 2021 weiter offen. Das OVG Greifswald hat noch keinen neuen Verhandlungstermin angesetzt.
In einem parallelen Verfahren hat der NABU Widerspruch gegen die Baugenehmigung in der ausschließlichen Wirtschaftszone eingelegt. Diese sieht vor, dass Nord Stream 2 seine Eingriffe in der Meeresumwelt lediglich mit einem Ersatzgeld „kompensiert“. Wir lassen nicht zu, dass sich Nord Stream 2 freikauft.
Inzwischen ist die Pipeline im Küstenmeer fertiggestellt, es fehlt noch der Abschnitt in der ausschließlichen Wirtschaftszone. Für diesen Bauabschnitt stellt Nord Stream 2 immer neue Änderungsanträge und untergräbt Naturschutzvorgaben.
Massive Unterstützung bekommt die Pipeline im Januar 2021 von der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern. In einer Hauruck-Aktion, ohne die notwendige Ressortbeteiligung, holt sich Ministerpräsidentin Manuela Schwesig auf einer Sondersitzung von Kabinett und Landtag grünes Licht für eine Landeseigene „Stiftung Klimaschutz “, die „einen Beitrag zum Fortgang der Arbeiten an der Pipeline Nord Stream 2“ leisten soll. Klimaschutz dient so als Feigenblatt für fossile Infrastruktur.
AKTUELLE ENTWICKLUNGEN
Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde des NABU abgelehnt. Damit gräbt sich die Gaspipeline Nord Stream 2 weiter durch die Ostsee - ohne juristisch überprüfte Genehmigung. Mehr →
Einen Monat nach der Ablehnung des vorläufigen Baustopps von Nord Stream 2 durch das OVG Greifswald hat der NABU gegen diesen Beschluss Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe eingereicht. Damit wird an höchster Stelle der effektive Rechtsschutz im Fall überprüft. Mehr →
Zwei Wochen nach Beginn der Baggerarbeiten in der Ostsee hat das Oberverwaltungsgericht Greifswald den Antrag des NABU auf einen vorläufigen Baustopp für die umstrittene Gaspipeline Nord Stream 2 abgelehnt - trotz bereits massiver Verschmutzungen durch Schmierfett. Mehr →
Die Baggerarbeiten für die Gaspipeline Nord Stream 2 haben zu massiven Verschmutzungen durch mineralölbasierte Schmierfette geführt. Im Greifswalder Bodden wurden Hunderte pinkfarbene Fettklumpen an die Strände gespült. Mehr →
Um den ökologischen Zustand der Ostsee ist es schlecht bestellt, typische Lebensräume sind gefährdet oder schon gänzlich verschwunden. Mit „Nord Stream 2“ sollen trotzdem zwei Pipelines durch fünf Schutzgebiete gelegt werden - und das ohne dringlichen Bedarf. Mehr →