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Jetzt NABU-Mitglied werden!Die Tragödie der „Costa Concordia“
Havarie eines Kreuzfahrtschiffes im Naturparadies
Am 13. Januar 2012 verunglückte das Kreuzfahrtschiff Costa Concordia vor der Insel Giglio, 32 Menschen starben. Zwar konnte die große Umweltkatastrophe, die ein Austreten der 2.400 Tonnen Schwer- und Dieselöl ausgelöst hätte, abgewendet werden, dennoch hat die Havarie die Insel verändert. NABU-Meeresschutzexperte Kim Detloff lebte drei Jahre auf der kleinen Insel im Nationalpark Toskanischer Archipel und machte sich auch nach dem Unglück ein Bild vor Ort.
Das Wrack der Costa Concordia glich fast zwei Jahre einer Großbaustelle: Hubinseln, Tanker, Arbeits- und Tauchschiffe, Wohncontainer – mehr als 400 Experten des US-Unternehmen Titan Salvage und der italienischen Firma Micoperi arbeiteten rund um die Uhr an der Bergung des Ozeanriesen. Um die Umwelt zu schonen, entschied man sich richtigerweise für die Bergung und gegen ein Zerlegen des Schiffes vor Ort. Im Juli 2014 war es endlich soweit. Das Wrack wurde in den Hafen von Genua geschleppt, mehr als eine Milliarde Euro soll das Aufrichten, Leerpumpen und Abwracken am Ende kosten.
Blaues Auge für die Umwelt
Glücklicherweise bestätigt sich heute, dass das Unterwasserparadies vor Giglio nichts von seiner Faszination eingebüßt hat. Es gehört mit seinen zerklüfteten und dicht mit Schwämmen und Korallen bewachsenen Steilwänden und seiner artenreichen Fischgemeinschaft weiter zu den faszinierendsten Regionen des Mittelmeeres. Dennoch wird die nähere Umgebung um das Wrack lange brauchen, um sich zu erholen. Es waren massive Eingriffe nötig, um die riesige Stahlkonstruktion am felsigen Meeresboden zu verankern, die das Aufrichten des Schiffes ermöglichte. Am Unglücksfelsen Le Scole sind auch heute die Spuren der Kollision zu erkennen, dort wo die Costa Concordia den tonnenschweren Granitblock in die Backbordseite rammte. Die Natur scheint verändert. Eine ehemals dicht von Seescheiden der Art Clavellina dellavallei bewachsene Wand ist verschwunden. Und noch immer berichten Fischer, dass die großen Barrakudas, Zahn- und Meerbrassen am Unglücksort seltener geworden sind.
Mit enormem finanziellem Aufwand siedelten Biologen aus Rom ein Feld der stark bedrohten Steckmuschel Pinna nobilis um. Naturschutzfachlich erscheint diese Maßnahme heute mehr als fragwürdig, denn kaum eine Muschel hat den Eingriff überlebt. Dennoch spiegelt die Maßnahme den großen Stellenwert wider, der dem Umweltschutz bei der Bergung eingeräumt wird. Die Reederei und die Behörden wollten einen zusätzlichen Umweltskandal unbedingt vermeiden.
Wirtschaftlicher Schaden immens
Nur wenige Menschen auf Giglio haben wirtschaftlich profitiert: Die Fährlinien mit den Tausenden von Sensationstouristen, einige Restaurants und Tauchbasen, denen die Bergungsfirmen gleich die gesamte Ausrüstung samt Boot abkauften. Die Mehrheit klagt jedoch über große finanzielle Einbußen. Über 30 Prozent weniger Übernachtungen und Gäste hatten Hotels, Restaurants und Tauchbasen zum Beispiel in Giglio Campese zu verkraften. Und egal wo man sich umhört, überall wünschen sich die Menschen die Ruhe und die Stimmung aus der Zeit vor der Katastrophe zurück. Als Giglio noch ein Geheimtipp für Wanderer, Ornithologen und Taucher war.
Bericht: Kim Detloff, NABU-Meeresschutz-Experte
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