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Ein Naturprodukt zwischen Götternahrung und Genesungshilfe
Schon im Alten Testament schürte die Sage vom Land, wo Milch und Honig fließen, die Sehnsucht nach paradiesischen Verheißungen ewigen Überflusses und Wohlbefindens. Und auch heute noch haftet dem Honig der Ruf des flüssigen Goldes an, das nicht nur lecker schmeckt, sondern obendrein auch noch gesund und der Schönheit förderlich sein soll. Doch was ist dran am Mythos Honig, der einst als Götternahrung verehrt wurde und heute auf keinem Frühstücksbrötchen fehlen darf?
Als Tränen ihres Sonnengottes Ra sollen die alten Ägypter den Honig verehrt haben. Und so überrascht es nicht, dass Archäologen in den Grabkammern der Pharaonen die süße Beigabe fürs Jenseits entdeckten. Den Göttern der griechischen Antike sollte Honig gar Unsterblichkeit verleihen, während die Römer, eher dem Irdischen zugeneigt, auf die angeblich potenzsteigernde Wirkung des göttlichen Nektars setzten. Selbst die entlegensten Zeugnisse der Geschichte werden eifrig bemüht, wenn es darum geht, den Honig zu vermarkten: sei es als natürlichen Brotaufstrich, zur Schönheitspflege in Kosmetika oder neuerdings wieder verstärkt als Heilmittel.
Weltmeister Deutschland
Dabei gelten die Deutschen längst als Weltmeister im Verzehr von Honig. Pro Kopf vernaschen sie im Durchschnitt knapp anderthalb Kilogramm im Jahr. Rund 700.000 Bienenvölker, die von den etwa 75.000 Hobby- und Erwerbsimkern in Deutschland bewirtschaftet werden, sorgen für steten Nachschub. Mit rund 20.000 Tonnen pro Jahr wird jedoch nur etwa ein Fünftel des Honigbedarfs der Deutschen aus heimischer Produktion gedeckt. 85 Prozent des in Deutschland produzierten Honigs landet auf dem Frühstückstisch, der Rest wird von der Industrie bei der Herstellung von Back- und Süßwaren verwendet.
Aus ernährungsphysiologischer Sicht schneidet der süße Brotaufstrich, der zu etwa 80 Prozent aus unterschiedlichen Zuckerarten und zu rund 20 Prozent aus Wasser besteht, kaum besser ab als gewöhnlicher Haushaltszucker. Die nur in geringen Mengen vorhandenen Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente leisten einen eher unbedeutenden Beitrag zur Deckung des täglichen Bedarfs.
Nicht nur Zucker und Wasser
In jüngster Zeit hat das Image des Honigs als gesunder Brotaufstrich erheblich gelitten. Und das, obwohl laut Honigverordnung im Naturprodukt Honig eigentlich nichts anderes sein darf als eben Honig. Die Realität sieht anders aus. So erhielten von 34 im Jahr 2004 im Auftrag der Stiftung Warentest untersuchten Honigen - bei denen es sich in der Mehrzahl um Importprodukte aus dem Ausland handelte - 8 die Note "mangelhaft".
Den Genuss trübten unter anderem Rückstände der Antibiotika Nitrofuran, Streptomycin und Tetracyclin. Vier Honige, darunter zwei Bio-Erzeugnisse, waren so stark mit Antibiotika belastet, dass sie nach Ansicht der Experten nicht hätten verkauft werden dürfen. Bei anderen der getesteten Honige entdeckten die Wissenschaftler Rückstände des Bienenvertreibungsmittels Phenylacetaldehyd, das von den Imkern bei der Honigernte verwendet wird, um ohne Stiche an den Honig zu kommen. In neun Fällen deckten die Laborbefunde überdies dreisten Etikettenschwindel auf: Teure Sortenhonige erwiesen sich als schlichte Blütenhonige.
Honig statt Wundverband
Eine Renaissance erlebt der Honig derzeit in der Medizin, nachdem er lange Zeit allenfalls in der Hausapotheke bei Husten und Heiserkeit eine Rolle spielte. Ob bei der Behandlung von Haut- und Magen-Darmerkrankungen, Zahnfleischentzündungen oder erhöhten Blutfettwerten, die moderne Medizin besinnt sich immer häufiger auf die schon bei Hippokrates und Paracelsus beschriebene Heilwirkung des zähflüssigen Naturprodukts.
In mehr als einem Dutzend Kliniken in Deutschland kommt Honig als Mittel zur Wundheilung inzwischen zum Einsatz. Die im Honig enthaltenen Substanzen haben sich als effektives Mittel gegen Keime und Bakterien erwiesen. Sie wirken auch da, wo moderne Antibiotika versagen. "Bei der Wundheilung ist Honig besser als jeder andere Wundverband", betont der Gießener Mediziner Professor Karsten Münstedt. Zur Anwendung kommt dabei aber nicht der Honig aus dem Supermarkt, sondern ein spezieller medizinischer Honig.
Münstedt warnt aufgrund der Erfahrungen aus der klinischen Praxis jedoch davor, die süße Substanz als "Alternative zu etablierten Therapiekonzepten zu betrachten". Denn mit Ausnahme der Anwendung von Honig bei Wundheilungsstörungen und Verbrennungen habe bislang keines der sonstigen Anwendungsgebiete "vor einem kritischen Auge Bestand". Allerdings hält der Professor auch bei Magen- und Darmerkrankungen sowie im Hinblick auf eine mögliche Blutfett senkende Wirkung weitere klinische Studien zum Einsatz von Honig durchaus für sinnvoll.
von Werner Girgert
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