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Holzöfen stoßen enorme Mengen Feinstaub aus



Kaminfeuer - Foto: Fotolia/Denis Tabler
Die Tatsache, dass der Mensch schon seit Urzeiten gern ins Feuer starrt, hat die Industrie zu einem Wohntrend inspiriert. In jedem vierten Haushalt steht heute ein holzbefeuerter Ofen. Die knisternden Flammen am offenen Kamin, hinter einer dekorativen Glasscheibe oder im alten Kachelofen verströmen eine Atmosphäre archaischer Behaglichkeit und zeugen darüber hinaus von der Naturverbundenheit des Hausvorstandes. Zumal Holz ein ökologisch unbedenklicher Brennstoff ist, der nachwächst und klimaneutral verbrennt. So denkt der Laie und heizt ein, bis der Kamin glüht.
Doch so einfach ist es nicht. „Der Rauch eines Holzfeuers enthält große Mengen an Feinstaub und Stickoxiden sowie Produkte unvollständiger Verbrennung wie PAK oder Kohlenmonoxid“, erläutert Anja Nowack vom Umweltbundesamt (UBA). Die Mengen gesundheitsschädlichen Feinstaubs aus Holzfeuerungen überstiegen mittlerweile sogar die aus den Abgasen des Straßenverkehrs, stellt die Expertin fest. Feinstaub kann Asthma und Atemwegserkrankungen auslösen und gilt als krebserregend. Auch PAK, ein Kürzel für Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe, erzeugen Krebs. Stickoxide hingegen schädigen die Atmungsorgane, während Kohlenmonoxid hochgiftig ist.
Ein Drittel weniger Brennstoff
Besonders viel Schadstoffe blasen Alt-Öfen in die Luft: „Ein Kaminofen mit Baujahr vor 1990 emittiert etwa fünfmal mehr Feinstaub als ein Ofen mit Baujahr ab 2015“, erläutert Anja Nowack. Deshalb schreibt die Kleinfeuerungsverordnung vor, dass bis Ende 2020 alle Öfen stillzulegen, nachzurüsten oder auszutauschen sind, die vor dem 1. Januar 1995 zugelassen wurden. Ende 2024 ist dann für alle Geräte mit Zulassung vor dem 21. März 2010 der Ofen aus. Über die Einhaltung der Fristen wacht im Zuge der regelmäßig fälligen Feuerstättenschau die Schornsteinfeger*innen. Auf diese Weise werden veraltete Öfen nach und nach aus dem Verkehr gezogen.

Brennholzstapel - Foto: Helge May
In den letzten Jahren hat die Verbrennungstechnik in Kaminöfen einen Sprung nach vorn gemacht. Im Vergleich zu älteren Geräten, wo die von unten über den Ascherost geführte Verbrennungsluft für Verwirbelungen in der Brennkammer sorgt, verbrennen die Holzscheite in modernen Öfen dank optimierter Luftzufuhr ruhiger und rückstandsärmer. Dadurch kommt mehr Wärme im Raum an und man spart bis zu einem Drittel Brennstoff. Die von der EU geförderte Initiative Clean Heat, an der die Deutsche Umwelthilfe (DUH) beteiligt ist, hält jedoch auch moderne Kaminöfen für „nicht emissionsarm“. Denn das Zulassungsverfahren habe mit der Realität nur wenig zu tun, moniert DUH-Chef Jürgen Resch: „Komfortkamine halten die Grenzwerte lediglich auf dem Prüfstand ein. In der Realität stoßen sie deutlich mehr Schadstoffe aus als deklariert.“
Pelletheizung als bessere Alternative
Tatsächlich überstieg bei Labortests des internationalen Forschungsverbundes „be real“ der Schadstoffausstoß gängiger Öfen und Kamine die vom Hersteller angegebenen Werte zum Teil um das Doppelte bis Dreifache. Neun der dreizehn geprüften Öfen überschritten den gesetzlichen Grenzwert für Kohlenmonoxid, zehn den für Feinstaub. Die Abweichungen erklären sich aus den Kriterien des Zulassungsverfahrens, die den Hersteller*innen erlauben, den Schadstoffausstoß ihrer Öfen bei Vollbrand in vorgeheizter Brennkammer zu messen. Denn Holz muss zunächst vergasen, um sauber verbrennen zu können, und das klappt am besten bei hohen Temperaturen. Die Phase des Anfeuerns, bei der es besonders kräftig qualmt, fällt dabei jedoch unter den Tisch. Clean Heat fordert deshalb „realitätsnähere Messverfahren und eine wirksame Marktüberwachung“.

Rauchender Kamin - Foto: Helge May
Doch UBA-Expertin Anja Nowack warnt davor, die Diskussion über das Heizen mit Holz auf den Schadstoffausstoß zu verengen: „Wer deshalb Holzöfen verbieten will, muss auch Alternativen nennen“, sagt sie: „Denn letztendlich müssen wir weg von fossilen Brennstoffen.“ Mit Blick auf die Emissionen rät sie allerdings eher zur holzbefeuerten Zentralheizung. Solche Anlagen arbeiten mit einem Heizkessel, der vollautomatisch mit Pellets – das sind kurze, aus Holz- und Sägeabfällen gepresste Stäbchen – als Brennstoff beschickt wird. „Da sind Bedienungsfehler ausgeschlossen“, sagt die Expertin.
Plädoyer für Kaskadennutzung
Meist ist es nämlich auf Bedienungsfehler zurückzuführen, wenn Kaminöfen mehr Schadstoffe ausstoßen als nötig. Man sollte beispielsweise nur Holz verwenden, das weniger als 20 Prozent Wasser enthält. Denn je trockener es ist, desto sauberer verbrennt es. Wer zudem die Scheite von oben anstatt von unten anzündet, senkt den Schadstoffausstoß während der kritischen Anfeuerungsphase deutlich. Es liegt also weitgehend in der Hand der Betreiber*innen, wie ökologisch ihr Ofen brennt.
Ein gutes Öko-Gewissen verschafft zudem der Ruf des Holzes als klimaneutraler Brennstoff, der die CO2-Menge, die beim Verbrennen frei wird, während der Wachstumsphase als Baum bereits der Atmosphäre entzogen hat. Eine Sichtweise, der NABU-Waldexperte Heinz Kowalski jedoch widerspricht: Nur ein Baum, der bis zu seinem natürlichen Ende im Wald stehe, habe sein Potenzial als CO2-Speicher ausgeschöpft, wendet er ein. „Deshalb kann das Heizen mit dem Holz früher geschlagener Bäume gar nicht klimaneutral sein.“ Kowalski plädiert für die sogenannte Kaskadennutzung, bei der Holz mehrfach verwendet wird: etwa zunächst im Hausbau, dann in der Möbelschreinerei und schließlich im Ofen: „Holz ist viel zu wertvoll, um nur verheizt zu werden.“
Hartmut Netz
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