Queller (Wattpflanze) - Foto: imagebroker/Michael Dietrich
Meeresschutz ist Klimaschutz
Die Rolle der Meere im Klimahaushalt
Die Meere und ihre Bewohner nehmen eine bedeutende Rolle für das Klima ein. 93 Prozent des weltweiten Kohlendioxids durchlaufen den marinen Kohlenstoffkreislauf. Seegraswiesen, Kelpwälder, Salzwiesen, aber auch durch Muscheln und andere riffbildende Arten entstandene Lebensräume, sind in der Lage, riesige Mengen an CO₂ zu speichern. Jeder zweite Atemzug entstammt den Meeren und etwa 20 bis 30 Prozent des in den letzten vier Jahrzehnten vom Menschen verursachten CO₂ wurde von den Meeren aufgenommen. Die Menge an Treibhausgasen, die in den Ozeanen gespeichert ist, ist etwa 50-mal größer als in der Atmosphäre. Dennoch hat unser Handeln dazu geführt, dass die ursprünglich tausende Quadratkilometer großen Seegrasbestände entlang der deutschen Nord- und Ostseeküste durch Zerstörung und Nährstoffbelastung in der Ostsee auf ein Drittel, in der Nordsee auf nur noch etwa zehn Prozent der ehemaligen Ausdehnung geschrumpft sind. Die einst häufige Europäische Auster, damals ein „Arme-Leute-Essen“, gilt seit den 1930er Jahren in der deutschen Nordsee als ausgestorben.
Ozeane unter Druck
Die Ozeane, Ursprung des Lebens auf unserem Planeten, stehen zunehmend unter Druck. Durch die technischen Fortschritte der letzten Jahrzehnte entnimmt der Mensch den Meeren immer mehr Ressourcen aus den Meeren und dringt in Bereiche vor, die bisher relativ unberührt waren. Riesige Container- und Kreuzfahrtschiffe durchqueren die Ozeane. Die Fischerei durchpflügt mit Bodenschleppnetzen den Meeresboden und zerstört sensible Lebensräume. Freiräume für eine natürliche Entwicklung der Meere, wie sie die neue marine Raumordnung in unseren Hausmeeren hätte schaffen können – Fehlanzeige! Als Folge sind wichtige Ökosysteme massiv zurückgegangen, ganze Arten verschwunden und somit haben klimarelevante Ökosystemleistungen abgenommen oder drohen sogar ganz zu verschwinden.
Artenvielfalt und Klimaschutz
Nur gesunde und artenreiche Meere sind in der Lage, die beeindruckenden Ökosystemleistungen und ihre stabilisierende Wirkung auf das Klima aufrechtzuerhalten. Laut Bericht des Weltbiodiversitätsrats (IBPES 2019) werden klimatische Katastrophen und sogenannte „ökologische Kipppunkte“ zunehmen, je mehr biologische Vielfalt verloren geht. Am Ende könnte die Welt, wie wir sie kennen, verschwinden und viele Teile der Erde unbewohnbar werden. Daher kommen gesunden und diversen Ökosystemen und ihrer Funktion als Kohlenstoffsenke im Kampf gegen die Klimakrise eine immens wichtige Rolle zu. Zerstören oder schädigen wir sie, schädigen wir also letztendlich uns selbst. Ein Anstieg des Meeresspiegels, einhergehend mit Überschwemmungen und Flutkatastrophen, wäre die Folge und würde weltweit viele Millionen Menschen und deren Lebensgrundlagen bedrohen.
Technische Lösungen für eine existentielle Bedrohung?
Die Klimakrise bedroht uns alle. Ein sofortiges Handeln ist notwendig, um auch die zukünftigen Generationen in ihren Freiheitsrechten nicht massiv zu beschneiden. Dem geringeren Energieverbrauch und dem Ausbau erneuerbarer Energien kommt dabei eine wichtige Rolle zu. Klimaneutralität bis 2045 wird ohne den Ausbau der Windenergie nicht möglich sein.
Doch der massive Ausbau der Windenergie ohne Berücksichtigung der ökologischen Belastungsgrenzen der Meere wird den Natur- und Artenschutz als Verlierer zurücklassen. Lebensräume und Arten werden durch den Bau und Betrieb der Windenergieanlagen gestört und verdrängt und im schlimmsten Fall sogar zerstört beziehungsweise. getötet. Großtechnische Eingriffe in globale Umweltprozesse, sogenanntes Geo-Engineering, von denen man sich beispielsweise die ‚Endlagerung‘ von CO₂ in der Tiefsee verspricht, beherbergen ungeahnte Risiken und drohen den Klimahaushalt noch mehr aus dem Gleichgewicht zu bringen. Hier scheinen wir unsere alten Fehler zu wiederholen. Statt natürliche Funktionen zu erhalten, geben wir uns weiterhin der Illusion hin, alles technisch lösen zu können.
Gesunde Meere als effektiver und kostengünstiger Klimaschutz
Laut Weltklimarat (IPCC) können effektiv gemanagte Meeresschutzgebiete mit ausreichend Ruhezonen nicht nur Refugien für bedrohte Arten darstellen, sondern auch die Klimafunktion der Meere stärken. Auch die EU-Bioversitätsstrategie 2030 sieht in der Natur unsere stärkste Verbündete im Kampf gegen den Klimawandel und fordert mindestens 15 Prozent der geschädigten Meeresflächen wiederherzustellen – insbesondere Ökosysteme mit kohlenstoffreichen Lebensräumen. Ohne diese sogenannten ‚nature-based solutions‘ sind weder die Ziele für Klimaschutz, noch die Ziele zum Erhalt der Biodiversität erreichbar. Diese Erkenntnis scheint jedoch bei der Bundesregierung noch nicht angekommen zu sein. Anders ist die Verfehlung des guten Umweltzustandes von Nord- und Ostsee, wie in der EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie gefordert, kaum zu erklären. Hier müssen Bund und Länder schnellstens gegensteuern. Denn nur durch eine ambitionierte Meerespolitik werden wir den Kampf gegen den Klimawandel und damit um unsere Zukunft gewinnen können.
Dazu gehören gesunde Meere mit einer hohen Widerstandsfähigkeit gegen die Auswirkungen der Klimakrise und artenreiche Meeresökosysteme mit einer hohen Aufnahmekapazität für CO₂.
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