Restmüllmengen in Deutschland 2020. (2.88 MB)
Das schlummernde Potenzial in der schwarzen Tonne
Zu viele Wertstoffe landen im Restmüll



Weniger Restmüll, mehr Recycling! - Foto: Harald Heinritz/abfallbild.de
In keine Mülltonne werden so viele Abfälle geworfen wie in die Restmülltonne. Im Jahr 2019 fielen in Deutschland 13 Millionen Tonnen Restmüll an. Das sind pro Kopf durchschnittlich 156 Kilogramm. Zum Vergleich: In der Biotonne landen im Durchschnitt jährlich 60 Kilogramm und an Altpapier fallen 66 Kilogramm pro Einwohner*in an.
In den Zahlen ist auch Restmüll aus dem Gewerbe enthalten, beispielsweise von Bürogebäuden. Dieser gewerbliche Anteil beträgt in städtischen Gebieten zehn bis 25 Prozent und im ländlichen Raum unter zehn Prozent des gesamten Restmülls.
Restmüll auf einen Blick
- Jeder Mensch in Deutschland wirft pro Jahr durchschnittlich 156 Kilogramm Abfälle in die schwarze Tonne.
- Der Inhalt der Restmülltonne wird vorrangig verbrannt.
- Doch nur ein Drittel dieser Abfälle ist „echter“ Restmüll; zwei Drittel sind Bioabfälle und Wertstoffe, die in ein Recycling gehen könnten.
- Die EU hat das Ziel, die Restmüllmenge bis 2030 zu halbieren.
- Abfallvermeidung und Mülltrennung sind die Schlüssel.
- Abfallberatung und ein nutzungsfreundliches Angebot an Mülltonnen (z.B. Biotonne, Wertstofftonne) sind Grundvoraussetzung für bessere Mülltrennung.
Im Restmüll ist das Schicksal der Abfälle meist besiegelt: Verbrennung

Restmüll geht nach der Sammlung meist direkt in die Verbrennung. - Foto: Petra Hoeß, FABION Markt + Medien/abfallbild.de
Der überwiegende Teil des Restmülls wird nach der Tonnenleerung direkt in die insgesamt 66 Müllverbrennungsanlagen in Deutschland gefahren und dort verbrannt. Ein kleinerer Teil geht in mechanisch-biologische Aufbereitungsanlagen. Dort werden heizwertreiche Abfälle zu Ersatzbrennstoffen aufbereitet, die anschließend in Zement- oder Kohlekraftwerken verbrannt werden. Energiearme Abfälle werden häufig biologisch behandelt und schließlich deponiert.
Von den Abfällen, die in der Restmülltonne landen, geht somit der Großteil unwiederbringlich in Rauch auf. Einzig Metalle können nach der Verbrennung oder im Zuge der mechanisch-biologischen Behandlung für ein Recycling zurückgewonnen werden.
Die gesetzlich verbindliche Abfallhierarchie schreibt aber vor, dass Abfälle in erster Linie vermieden, wiederverwendet oder recycelt werden müssen. Die Verbrennung steht erst an vierter Stufe. Die Europäische Kommission hat daher das Ziel ausgerufen, bis 2030 die Restmüllmenge in der EU zu halbieren. Statt 156 Kilogramm dürften in Deutschland dann nur noch maximal 78 Kilogramm anfallen. Das kann erreicht werden, wenn zum einen Abfälle generell vermieden und die nicht vermeidbaren Abfälle besser getrennt werden. Denn wenn beispielsweise mehr Bioabfall in der Biotonne, Altpapier in der Papiertonne oder Verpackungsabfälle aus Kunststoff im gelben Sack oder der gelben Tonne landen, verringert sich die Restmüllmenge.
Zu viele Wertstoffe landen in der Restmülltonne

Zwei Drittel der Abfälle in der Restmülltonne gehören dort nicht hinein. Grafik: NABU/M. Jedelhauser, basierend auf Umweltbundesamt (2020)
Das Potenzial ist enorm: Einer Studie des Umweltbundesamts zufolge sind zwei Drittel des Inhalts der Restmülltonne Abfälle, die eigentlich getrennt gesammelt und einem Recycling zugeführt werden könnten. Den größten Anteil nimmt dabei Bioabfall mit knapp vierzig Prozent ein. Aber auch Wertstoffe wie Altpapier, Verpackungsabfälle oder Elektroaltgeräte machen zusammen knapp 28 Prozent des Inhalts der schwarzen Tonne aus. Hinzu kommt ein halbes Prozent Problemstoffe wie Batterien oder Energiesparlampen. Im Umkehrschluss bedeutet diese fehlerhafte Mülltrennung, dass nur ein Drittel der Tonne „echter“ Restmüll wie Kehricht, Asche, Zigarettenkippen oder Staubsaugerbeutel ist.
Vereinfacht formuliert gilt: Je schlechter die Mülltrennung, desto mehr Restmüll. Das Restmüllaufkommen eines Landes, einer Stadt oder einer Gemeinde ist somit ein guter Indikator dafür, wo wir auf dem Weg zu einer Kreislaufwirtschaft stehen. Der NABU hat die Restmüllmengen in Deutschland auf Ebene der Städte und Kreise analysiert und einige interessante Erkenntnisse gewonnen.
Haushalte brauchen ein besseres Tonnenangebot

Jährlich gesammelte Mengen an Restmüll pro Einwohner*in. Download als pdf.
Mülltrennung ist nicht nur Aufgabe der Bürger*innen. Kommunen und Abfallbetriebe müssen ein möglichst nutzerfreundliches Angebot an Mülltonnen und Entsorgungsmöglichkeiten anbieten. Das ist die Grundvoraussetzung dafür, dass Abfälle besser getrennt werden und nicht mehr im Restmüll landen. Diese ist jedoch keinesfalls überall erfüllt.
Eine NABU-Analyse zu Bioabfällen zeigt, dass in fast jedem siebten Kreis in Deutschland die Biotonne nicht allen Haushalten zur Verfügung steht. Dies äußert sich auch in Zahlen: In Städten und Kreisen mit Biotonne landen durchschnittlich pro Kopf gut zwanzig Kilogramm weniger Abfälle im Restmüll als in Kreisen ohne Biotonne oder mit einem Bringsystem. Bei diesem müssen die Bürger*innen ihre Bioabfälle aufwendig zu einer zentralen Sammelstelle transportieren.
In den meisten Kreisen und Städten in Deutschland gibt es außerdem keine bequeme Möglichkeit, Plastik- und Metallabfälle, die keine Verpackungen sind (die sogenannten stoffgleichen Nichtverpackungen), in einer anderen Tonne als der Restmülltonne zu entsorgen. In die gelbe Tonne oder den gelben Sack dürfen nur Verpackungsabfälle. Kaputtes Kinderspielzeug oder alte Töpfe landen daher meist im Restmüll. Abhilfe kann die Wertstofftonne schaffen, in der sowohl Verpackungen als auch andere Abfälle aus Kunststoff, Metall und Verbundstoffen entsorgt werden können. Dadurch können etwa sieben Kilogramm mehr getrennt gesammelt werden und in ein Recycling gehen. Das seit 2019 gültige Verpackungsgesetz stellt es Städten und Kreisen aber frei, sich für diese Art der Wertstoffsammlung zu entscheiden. Eine Wertstofftonne steht daher aktuell nur etwa zwölf bis 15 Millionen Bürger*innen zur Verfügung.
Die Restmüllmenge ist in Großstädten am größten
In Großstädten landet mehr Abfall in der Restmülltonne als in kleinstädtischen und ländlichen Kreisen. Dies kann nur teilweise damit erklärt werden, dass in Großstädten die Menge an gewerblichem Restmüll größer ist, beispielsweise aufgrund der höheren Dichte an Büros und Geschäften. Die Zahlen deuten darauf hin, dass die Mülltrennung in Städten schlechter ist und somit weniger Abfälle in der Biotonne, der Altpapiertonne oder dem gelben Sack und stattdessen mehr Abfälle im Restmüll entsorgt werden.

Jährlich in Deutschland gesammelte Mengen an Restmüll pro Einwohner*in (2018) nach Siedlungsstruktur. Eigene Berechnung basierend auf den Abfallbilanzen der Bundesländer.
Es braucht daher spezielle Maßnahmen, um die Abfälle in Großstädten besser getrennt zu sammeln. Neben einer umfassenden und modernen Abfallberatung vonseiten der Verwaltung und der Abfallbetriebe müssen die Abfallgebührensysteme finanzielle Anreize für die Bürger*innen schaffen, ihren Müll richtig zu trennen. Bei sogenannten verursachergerechten Gebührensystemen wird mittels eines Ident-Systems, die individuelle Abfallmenge und die entsprechende Abfallgebühr eindeutig dem einzelnen Haushalt zugeordnet. Bezahlt man nur für die Menge an Abfall, die man selbst produziert, ist das ein Anreiz, Abfälle sowohl zu vermeiden als auch getrennt zu sammeln. In einem Pilotprojekt in Großwohnanlagen in Berlin konnte durch die Umstellung des Gebührensystems, verbunden mit gezielter Abfallberatung und Reinigung der Sammelplätze, die Abfallmenge in der Restmülltonne innerhalb von drei Jahren von über 230 Kilogramm auf 84 Kilogramm pro Kopf reduziert werden.
Städte mit Müllverbrennungsanlagen produzieren mehr Restmüll
Die NABU-Analyse zeigt einen Zusammenhang zwischen der Restmüllmenge und der Verfügbarkeit einer Müllverbrennungsanlage vor Ort. Während in städtischen Kreisen mit Müllverbrennungsanlage durchschnittlich pro Kopf knapp 190 Kilogramm Restmüll anfallen, sind dies in städtischen Kreisen ohne Verbrennungsanlage „nur“ gut 140 Kilogramm. Betrachtet man ausschließlich kreisfreie Großstädte beträgt der Unterschied knapp dreißig Kilogramm (201 bzw. 172 Kilogramm).
Die Zahlen deuten darauf hin, dass Müllverbrennungsanlagen den kommunalen Handlungsspielraum reduzieren, Abfälle umfänglich getrennt zu erfassen. Einmal getätigte Investitionen in die Modernisierung oder sogar den Neubau von Verbrennungsanlagen führen zu langfristigen finanziellen und infrastrukturellen Abhängigkeiten. Denn für den rentablen Betrieb müssen die Anlagen mindestens zu siebzig Prozent, besser sogar zu mehr als achtzig Prozent ausgelastet sein. Der Nachschub an Restmüll darf daher nicht abreißen, was dazu führt, dass es die Anreize fehlen, Abfälle zu vermeiden und mehr zu recyceln.
Das fordert der NABU:
- Verbindliche Ziele und Maßnahmen für die Reduktion der Gesamtabfallmenge sowie spezifischer Abfallfraktionen, z.B. Verpackungsabfälle, Lebensmittelabfälle oder Einwegartikel
- Flächendeckende Getrenntsammlung von Bioabfall mittels Pflicht-Biotonne
- Bundesweite Einführung einer Wertstofftonne im Rahmen des Verpackungsgesetzes
- Allgemeine Qualitätsstandards für die Abfallberatung durch Kommunen, Entsorgern und dualen Systemen
- Verursachergerechte Gestaltung der Abfallgebühren verbunden mit Tonnenkontrollen zur Sicherstellung hoher Sammelqualitäten
- Kommunale Zero-Waste-Konzepte mit schrittweiser Reduzierung der Verbrennungskapazitäten und Verteuerung der Müllverbrennung durch CO2-Bepreisung im Rahmen des Bundesemissionsschutzgesetzes
- Entwicklung einer deutschen Kreislaufwirtschaftsstrategie als Rahmen für bundesweite Ziele und Maßnahmen für eine ressourcen- und klimaschonende Wirtschaft
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Ein erheblicher Teil unserer Abfälle landet in Müllverbrennungsanlagen. Doch je mehr verbrannt wird, desto weniger kann recycelt werden. Eine große Hürde für eine echte Kreislaufwirtschaft. Mehr →
Bioabfall getrennt zu sammeln leistet einen wichtigen Beitrag zu Natur- und Klimaschutz. Doch trotz gesetzlicher Pflicht hinken zahlreiche Städte und Gemeinden hinterher. Häufig gibt es die Biotonne nur auf freiwilliger Basis oder sie wird überhaupt nicht angeboten. Mehr →
Zwischen zwölf und 15 Millionen Bürger*innen in Deutschland haben bereits Erfahrungen mit gelben oder orangenen Mülltonnen, in die nicht nur Verpackungen sondern auch sonstiges Plastik und Metall geworfen werden darf. Der NABU hat Fakten zur Wertstofftonne zusammengestellt. Mehr →