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Jetzt spenden!Das Kreislaufwirtschaftspaket der Europäischen Union
Kreislaufwirtschaft muss mehr sein als Recycling
Im April 2018 verabschiedete das Europäische Parlament das EU-Kreislaufwirtschaftspaket, das zum Ziel hat, den Übergang von einer linearen zu einer kreislauforientierten Wirtschaft zu erreichen. Das Paket liefert gesetzliche Vorgaben, damit Abfälle recycelt und somit Ressourcen und Klima geschont werden. Das oberste Ziel, nämlich Abfälle zu vermeiden und Produkte wiederzuverwenden, wird mit den geplanten Maßnahmen jedoch nicht erreicht werden.
Im Rahmen des Pakets wurden unter anderem die folgenden EU-Rechtsakte überarbeitet, die die europäischen Mitgliedstaaten bis Juli 2020 in ihre nationalen Gesetzgebungen überführen müssen.
EU-Abfallrahmenrichtlinie
Kernelement der Richtlinie ist die fünfstufige Abfallhierarchie, die vorschreibt, nach welcher Priorität Abfall zu behandeln ist. Demnach stehen Vermeidung und Wiederverwendung ganz oben. Im Gesetzestext fehlen jedoch konkrete Vorgaben, wie Abfälle vermieden oder zur Wiederverwendung aufbereitet werden sollen. Stattdessen werden die Mitgliedstaaten angehalten, eigenständig Maßnahmen zu entwickeln.
Konkreter ist die Richtlinie beim Recycling, der dritten Stufe der Abfallhierarchie. Sie schreibt vor, dass bis 2035 mindestens 65 Prozent der Siedlungsabfälle in den Mitgliedsstaaten recycelt oder wiederverwendet werden sollen. Als Zwischenschritte werden 50 Prozent für 2020, 55 Prozent für 2025 und 60 Prozent für 2030 vorgegeben. In diesem Zuge wird auch die Methodik neu geregelt, nach der die Recyclingquoten berechnet werden. Momentan gilt als Berechnungsgrundlage stets die Abfallmenge, die in die Recyclinganlagen hineingeht (Input). Im Zuge des Recyclingprozesses fällt jedoch Ausschuss an und Verunreinigungen werden entfernt, so dass der Output der Anlage stets niedriger ist als der Input. Zukünftig soll eine outputbasierte Berechnung die tatsächliche Recyclingpraxis korrekter abbilden.
Was sind Siedlungsabfälle – und wie viel wird recycelt?
Siedlungsabfall ist in der Abfallrahmenrichtlinie definiert als „gemischte Abfälle und getrennt gesammelte Abfälle aus Haushalten […] und aus anderen Herkunftsbereichen, sofern diese Abfälle in ihrer Beschaffenheit und Zusammensetzung Abfällen aus Haushalten ähnlich sind“. Siedlungsabfälle umfassen Papier und Karton, Glas, Metall, Kunststoff, Biogut, Holz, Textilien, Verpackungen, Elektro- und Elektronikgeräte, Batterien und Akkus sowie Sperrmüll. Nicht unter die Definition fallen beispielsweise Abfälle aus der Produktion oder der Landwirtschaft sowie Klärschlamm.
Das Aufkommen an Siedlungsabfällen im Jahr 2017 in Deutschland betrug 51,8 Mio. Tonnen und somit 626 Kilogramm pro Kopf. 67 Prozent hiervon wurden laut Statistik recycelt – die Berechnung erfolgt jedoch inputbasiert, spiegelt also nicht die reale Verwertungspraxis wider. Durch die zukünftige Umstellung auf die outputbasierte Berechnungsweise wird sich die Recyclingquote reduzieren. Schätzungen gehen von einer neuen Quote von knapp 50 Prozent aus. Um die gesetzliche Vorgabe von 55 Prozent bis 2025 zu erreichen, sind somit noch gewisse Anstrengungen notwendig. Gleichwohl ist die gesetzliche Quote nur eine Mindestvorgabe. Die Ambitionen Deutschlands – des ehemaligen „Recyclingweltmeisters“ – sollten höher liegen.
Aktuell wird das deutsche Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) novelliert, um alle Vorgaben der Abfallrahmenrichtlinie in nationales Recht zu überführen. Der NABU hat den ersten Entwurf in der Vergangenheit bereits als nicht weitgehend genug kritisiert und fordert die Bundesregierung auf, ambitionierter zu sein. EU-Gesetze sind Kompromisse von 27 Mitgliedstaaten. Deutschland als ehemaliger Vorreiter der Kreislaufwirtschaft sollte darüber hinausgehen und fortschrittliche nationale Ziele entwickeln.
Einige Vorgaben der Richtlinie sind in Deutschland bereits umgesetzt, etwa die Pflicht, Bioabfälle getrennt zu sammeln. Diese gilt seit 2015, wird von einigen Landkreisen und Städten in Deutschland jedoch noch immer ignoriert. Eine neue Vorgabe gilt für Alttextilien. Diese müssen ab 2025 als eigene Abfallfraktion getrennt gesammelt werden.
EU-Richtlinie über Verpackungen und Verpackungsabfälle
Wie die Abfallrahmenrichtlinie konzentriert sich auch die Verpackungsrichtlinie auf das Thema Recycling und verzichtet auf verbindliche Vorgaben, wie Verpackungsabfälle vermieden werden können. Zwar werden Instrumente wie Pfandsysteme oder Mehrwegquoten erwähnt, es steht den Mitgliedstaaten jedoch frei, diese einzuführen.
Ein Kernelement der Richtlinie sind Recyclingquoten für Verpackungsabfälle. Bis 2025 müssen die Mitgliedstaaten mindestens 65 Prozent ihrer Verpackungsabfälle recyceln. Bis 2030 erhöht sich die Quote auf 70 Prozent. Außerdem wurden Vorgaben für einzelne Verpackungsmaterialien festgelegt. Beispielsweise müssen bis 2025 mindestens 50 Prozent der Kunststoff- und 75 Prozent der Papierverpackungsabfälle recycelt werden. Im deutschen Verpackungsgesetz sind höhere Quoten als die europäischen Mindestvorgaben festgesetzt. Demnach müssen bereits 2022 mindestens 63 Prozent der Kunststoff- und 85 Prozent der Papierverpackungsabfälle recycelt werden.
Damit die Recyclingquoten erfüllt werden können, müssen ausreichend recyclingfähige Verpackungen auf dem Markt sein. Insbesondere bei Kunststoffen scheitert das Recycling aktuell noch zu häufig daran, dass beim Design der Verpackungen das Recycling nicht mitgedacht wird, beispielsweise wenn verschiedene Materialien oder Kunststoffarten in der Verpackung miteinander verbunden sind. In der Sortierung und dem Recycling lassen sich diese dann nicht mehr voneinander trennen. Die EU hat deshalb in ihrer Kunststoffstrategie das Ziel formuliert, dass ab 2030 nur noch Kunststoffverpackungen auf den Markt kommen dürfen, die zu einhundert Prozent recyclingfähig sind.
EU-Richtlinie über Abfalldeponien
Die europäische Deponie-Richtlinie schreibt vor, dass die Mitgliedstaaten ab 2035 maximal zehn Prozent ihrer Siedlungsabfälle deponieren dürfen. Während in Deutschland seit 2005 ohnehin ein Deponierungsverbot für unbehandelte Siedlungsabfälle gilt, ist eine europaweite Einschränkung dringend notwendig, um Ressourcen und Klima zu schützen. Wenn die Deponierung erschwert wird, besteht jedoch die Gefahr, dass stattdessen Müllverbrennungsanlagen gebaut werden und somit die Abfälle zwar nicht mehr abgelagert, aber dafür verbrannt werden. Aus Ressourcenperspektive wäre dadurch wenig gewonnen.
Eine ambitionierte Kreislaufwirtschaft muss zum Ziel haben, Abfälle zu vermeiden oder zu recyceln und Produkte wiederzuverwenden. Gesetzliche Vorgaben wie verbindliche Abfallvermeidungsziele und Recyclingquoten sowie eine Besteuerung der Müllverbrennung sind daher notwendig, um Abfälle, die heute deponiert oder verbrannt werden, zukünftig zu minimieren.
NABU-Forderungen
- Vollständige Umsetzung und konsequenter Vollzug: Die EU muss die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Vorgaben des Kreislaufwirtschaftspakets unterstützen und falls notwendig im Rahmen ihrer Sanktionsmöglichkeiten einfordern.
- Reduktionsziel für den Ressourcenverbrauch: Die EU muss das Ziel festsetzen, ihren materiellen Fußabdruck bis 2030 zu halbieren, und dieses mit konkreten und verbindlichen Maßnahmen untermauern.
- Vermeidungsziele für das Abfallaufkommen: Die EU muss sowohl für die gesamten Siedlungsabfälle als auch für einzelne Abfallfraktionen, etwa Verpackungsabfälle, Vermeidungsziele definieren und in der EU-Abfallrahmenrichtlinie festschreiben. Diese sollten auch für gewerbliche und industrielle Abfälle gelten.
- Wiederverwendungsziele für ausgewählte Abfallfraktionen: Textilien, Elektrogeräte und Sperrmüll müssen ab 2025 mindestens zu 5 Prozent und ab 2030 mindestens zu zehn Prozent zur Wiederverwendung vorbereitet werden. Auch für den Anteil von wiederverwendeten Verpackungen an den insgesamt in Verkehr gebrachten Verpackungen sollten verbindliche Mindestquoten festgelegt werden.
- Reduzierung der Deponierung in der EU: Die EU muss die Deponierung von Abfällen stärker regulieren. Die Deponierung recyclingfähiger Abfälle sollte bis 2025 verboten und die Deponierung von Siedlungsabfall auf fünf Prozent bis 2030 reduziert werden – unter begleitenden Maßnahmen , die eine Verbrennung der vormals deponierten Abfälle verhindern (z.B. Besteuerung der Verbrennung unsortierter Abfälle).
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