Biotonnen-Angebot in Deutschland 2020 (2.35 MB)
Ressourcen bleiben ungenutzt
Zu viele Haushalte haben keine Biotonne



Bioabfälle lassen sich leicht sammeln und ökologisch sinnvoll verwerten - Foto: Helge May
Seit 2015 sind Städte und Gemeinden in Deutschland verpflichtet, ihren Bürger*innen ein System zur Getrenntsammlung von Bioabfällen, also von Küchen- und Gartenabfällen, bereitzustellen. Diese Pflicht ist notwendig, damit das wertvolle Biogut nicht in der Restmülltonne landet, sondern getrennt gesammelt und verwertet wird.
Bioabfälle getrennt zu sammeln ist echter Ressourcen- und Klimaschutz. Durch die Kompostierung der Abfälle können torffreie Kompost- und Erdenprodukte hergestellt werden. Diese ersetzen konventionelle Dünger und torfhaltige Erden und tragen aktiv zum Schutz der Moore bei. Als Vergärungsmaterial stellt das Biogut darüber hinaus einen wichtigen Baustein der Energiewende dar, indem aus den Abfällen klimafreundliches Biogas erzeugt wird.
Getrennte Sammlung von Bioabfällen im KrWG
Mit dem Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) setzt Deutschland die Abfallrahmenrichtlinie der EU in nationales Recht um. Das Gesetz verpflichtet in § 20 Abs. 2 KrWG öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger dazu, Bioabfälle getrennt zu sammeln. Dies bezieht sich sowohl auf Garten-, Park-und Landschaftspflegeabfälle als auch auf Nahrungs-und Küchenabfälle. Hierfür muss den privaten Haushalten ermöglicht werden, Bioabfälle getrennt vom Restmüll entsorgen zu können, vorzugsweise durch die haushaltsnahe Biotonne. Für die Umsetzungskontrolle des Gesetzes ist das jeweilige Bundesland zuständig.
Zu niedriger Anschlussgrad an die Biotonne
Jährlich werden knapp fünf Millionen Tonnen Bioabfälle getrennt gesammelt. Hier ist noch viel Luft nach oben, das Potenzial wird auf über acht Millionen Tonnen geschätzt. Denn zu viel wertvolles Biogut landet in der Restmülltonne. Laut Umweltbundesamt liegt der Anteil an Bioabfällen im Restmüll bei knapp vierzig Prozent. Diese werden somit im Regelfall direkt verbrannt statt zunächst in eine energetische (Vergärung) und anschließend eine stoffliche Verwertung (Kompostierung) zu gehen.
Die Biotonne ist die Grundvoraussetzung dafür, dass große Mengen Biogut getrennt gesammelt werden können. Schätzungen gehen jedoch von einem Anschlussgrad an die Biotonne von nur 55 bis 60 Prozent aus. Das bedeutet, dass knapp die Hälfte der Haushalte keine Biotonne hat, um Küchen- und Gartenabfälle zu entsorgen. Zwei Gründe sind hierfür zentral:
- mangelhafte Umsetzung der gesetzlichen Pflicht zur Getrenntsammlung
- freiwillige Biotonne statt Pflichttonne
Mangelhafte Umsetzung der Getrenntsammlungspflicht

Biotonnen-Angebot in Deutschland 2020. Download als pdf.
Sechs Jahre nach Einführung der gesetzlichen Pflicht lässt sich festhalten, dass die Getrenntsammlung oftmals gar nicht oder nur unzureichend umgesetzt wird. In 56 von 402 Landkreisen und kreisfreien Städten, also in fast jedem siebten Kreis, wird im Jahr 2020 keine flächendeckende Biotonne angeboten:
- In 15 Kreisen gibt es nach wie vor keine Getrenntsammlung der Bioabfälle aus den Haushalten.
- Weitere 28 Kreise und kreisfreie Städte kommen zwar der gesetzlichen Pflicht nach, bieten jedoch statt einer haushaltsnahen Biotonne nur ein wenig nutzerfreundliches Bringsystem an. Bei diesem müssen die Bürger*innen ihre Bioabfälle zu einer zentralen Sammelstelle transportieren. Es ist naheliegend, dass dadurch deutlich weniger Biogut gesammelt wird als über eine bequeme Biotonne direkt vor dem Haus.
- In sieben Kreisen wird zwar eine Biotonne angeboten, jedoch nicht für das gesamte Kreisgebiet, sondern nur in ausgewählten Gemeinden, Modellregionen oder Räumen mit höherer Bevölkerungsdichte.
- Weitere sechs Kreise haben zumindest zugesichert, eine Getrenntsammlung zeitnah einzuführen. Jedoch ist teilweise noch nicht entschieden, ob diese über eine Biotonne oder nur über ein Bringsystem erfolgen wird.
Vermeintlich flächendeckend: die freiwillige Biotonne

Bioabfallmengen in Deutschland 2018. Download als pdf.
Dass die Einführung der Biotonne nicht automatisch mit einer umfassenden Steigerung der getrennt gesammelten Bioabfälle einhergeht, zeigt die NABU-Analyse der jährlichen Sammelmengen. Obwohl beispielsweise in Städten wie Herne, Solingen, Bochum und Düsseldorf oder in den Landkreisen Zwickau, Havelland und Ostprignitz-Ruppin eine Biotonne eingeführt wurde, werden dort jährlich weniger als zwölf Kilogramm pro Einwohner*in gesammelt. Zum Vergleich: Der Bundesdurchschnitt liegt bei 60 Kilogramm. Der Grund hierfür ist, dass zwar „auf dem Papier“ eine Biotonne angeboten wird, diese aber nur freiwillig ist und von den Bürger*innen extra bestellt werden muss. Das hat zur Folge, dass nur wenige Haushalte an die Biotonne angeschlossen sind und die Sammelmengen somit zu niedrig sind.
Landkreise, in denen die Biotonne als Pflichttonne eingeführt wurde, zeigen wie es geht. Der Saalekreis in Sachsen-Anhalt führte 2017 die Biotonne flächendeckend ein und konnte bereits nach einem Jahr Pro-Kopf-Sammelmengen von über 100 Kilogramm erzielen. Ähnliches gilt für die Stadt Zweibrücken in Rheinland-Pfalz. Dort werden über 115 Kilogramm pro Einwohner*in gesammelt, wodurch die Restmüllmenge fast halbiert werden konnte. Vergleichbare Erfolge sind im Vogelsbergkreis (Hessen), im Landkreis Eichstätt (Bayern) sowie in der kreisfreien Stadt Frankenthal (Rheinland-Pfalz) festzustellen.
Die Beispiele verdeutlichen, dass eine flächendeckende Pflichttonne die sinnvollste Art ist, Bioabfälle getrennt zu sammeln und zum Wohle von Ressourcen und Klima zu verwerten.
Räumliche und siedlungsstrukturelle Unterschiede

Biotonnen-Sammelmengen (kg pro Einwohner*/in) in Kreisen mit flächendeckender Biotonne nach Siedlungsstruktur (2018)
Je nach räumlicher Struktur wird die Getrenntsammelpflicht unterschiedlich umgesetzt. Es sind vorrangig ländliche Kreise, die sich der Getrenntsammlung verweigern oder nur Bringsysteme anbieten. Betrachtet man die Sammelmengen in Kommunen mit Biotonnenangebot, zeigt sich hingegen, dass in Großstädten mit jährlich 48 Kilogramm pro Einwohner*in am wenigsten Bioabfälle getrennt gesammelt werden.
Während also in ländlichen Kreisen das Ziel sein muss, die Biotonne flächendeckend auszuweiten, um den Anschlussgrad weiter zu erhöhen, stehen die öffentlich-rechtlichen Entsorger in den Großstädten in der Verantwortung, neben einem verpflichtenden Anschluss an die Biotonne auch dafür zu sorgen, dass mittels Aufklärungsarbeit Fehlwürfe reduziert und Sammelmengen gesteigert werden. Beispiele wie Wolfsburg, Mönchengladbach, Jena, Erlangen und Ingolstadt zeigen, dass auch in Großstädten Sammelmengen von 100 Kilogramm und mehr erzielt werden können.
Bundesländer mit wichtiger Rolle
Die Bundesländer sind für den Vollzug der gesetzlichen Pflicht zur Getrenntsammlung zuständig. Insbesondere auf jene Städte und Kreise, die sich noch immer einer Getrenntsammlung verweigern, müssen sie Druck ausüben, damit Biotonnen flächendeckend eingeführt werden. Außerdem sollten die Länder ambitionierte Abfallwirtschaftspläne formulieren. Rheinland-Pfalz legte beispielsweise in seinem Abfallwirtschaftsplan 2013 das Ziel fest, im Jahr 2025 mindestens 170 Kilogramm Bioabfälle pro Einwohner*in über die Biotonne und kommunale Grüngutsammlung zu sammeln. Dieses Ziel ist bereits heute erreicht, wodurch Rheinland-Pfalz das Bundesland mit der höchsten Bioabfall-Sammelmenge pro Kopf ist. Gleichzeitig konnte die Hausmüllmenge (Rest- und Sperrmüll) von 189 Kilogramm pro Einwohner*in auf 135 Kilogramm verringert werden.
Vorbehalte gegenüber der Biotonne entkräften
Die Gründe dafür, dass Kommunen ihrer Pflicht zur Getrenntsammlung nicht nachkommen, sind vielfältig. Es kursieren zahlreiche Vorbehalte gegenüber der Biotonne, die sich jedoch allesamt entkräften lassen:
„In unserem Landkreis brauchen wir keine Biotonne, wir kompostieren selbst.“
Auch wenn Sie selbst im eigenen Garten kompostieren, kann eine Biotonne unter bestimmten Bedingungen sinnvoll sein. Dies hängt in erster Linie von der verfügbaren Gartenfläche ab. Oftmals stehen die Menge an Kompost und die Größe des Gartens in keinem passenden Verhältnis zueinander, was zu Überdüngung führen kann. Hier gilt: Qualität kommt vor Menge! Das heißt, man sollte so viel kompostieren, wie die Beete tatsächlich brauchen. Ein Gemüsebeet mit einer Fläche von einem Quadratmeter braucht höchstens drei Liter Kompost. In Gärten mit niedrigem Nährstoffbedarf genügt ein Liter. Vereinzelt schreiben kommunale Entsorger daher für die Eigenkompostierung eine Mindestgröße des Gartens vor, die zwischen zwanzig und fünfzig Quadratmeter pro Einwohner*in rangiert. Berechnungen im Auftrag des Umweltbundesamts ergeben sogar notwendige Mindestgrößen von siebzig Quadratmetern. Das bedeutet, ein Vier-Personen-Haushalt benötigt eine Ausbringungsfläche im Garten von mindestens 280 Quadratmetern.
Wenn in der Küche also mehr Bioabfall anfällt, als im Garten benötigt wird, ist eine Biotonne sinnvoll. Außerdem sollten einige Küchenabfälle wie Knochen- oder Fleischreste sowie Zitrusfrüchte nicht auf den Kompost. Laut bifa Umweltinstitut sind weniger als sechzig Prozent der Küchenabfälle für den eigenen Kompost geeignet. Die Biogas- oder Großkompostierungsanlage kann manche Abfälle viel besser verwerten. Bedenken Sie auch, dass bei der Eigenkompostierung die wertvolle Energie im Bioabfall nicht genutzt werden kann. Vergärungsanlagen gewinnen aus dem Biogut wertvolles Biogas.
Biotonne und Komposthaufen widersprechen sich also nicht, sondern ergänzen sich vielmehr. Das melden auch Landkreise, die trotz hohem Eigenkompostiereranteil die Biotonne erfolgreich eingeführt haben.
Praxistipps zum Kompostieren finden Sie hier.
„Die Biotonne bringt ökologisch nicht viel und ist teuer.“
Die getrennte Sammlung und Verwertung von Bioabfällen ist ökologisch sinnvoll. Durch die Kompostierung der Abfälle werden torffreie Kompost- und Erdenprodukte hergestellt, die konventionelle Dünger und torfhaltige Erden ersetzen und aktiv zum Schutz der Moore beitragen. Das größte Ressourcen- und Klimaschutzpotenzial entfaltet sich, wenn energiereiches Biogut wie Küchenabfälle zunächst vergoren wird und später die flüssigen und festen Reststoffe zu Dünger und Komposterden aufbereitet werden. Für sortenreinen Grünschnitt oder Landschaftspflegeabfälle sind andere stoffliche Verwertungswege sinnvoller, genauso wie für Altfette aus Küchen. Sind die Bioabfälle getrennt gesammelt worden, muss im Einzelfall das beste, also hochwertigste Behandlungsverfahren ausgewählt werden.
Die Biotonne reduziert somit die ökologischen Kosten unseres Abfallsystems und leistet einen wirkungsvollen Beitrag zu Ressourcen-, Klima- und Naturschutz sowie zu einer dezentralen Energiewende und lokalen Nährstoff- und Humusversorgung der Landwirtschaft.
Das Biogas aus der Vergärung oder den Humus aus der Kompostierung kann der Kreis bzw. Anlagenbetreiber für die eigene Infrastruktur nutzen oder verkaufen. Wirtschaftlichkeit und Ökobilanz der Biotonne verbessern sich für gewöhnlich mit einem höheren Anschlussgrad, sodass es auch nicht sinnvoll ist, auf Freiwilligkeit zu setzen. Dass Bringsysteme der gesetzlichen Pflicht nicht Genüge tun, zeigen die niedrigen Sammelmengen in den entsprechenden Kreisen.
Bedenken Sie auch: Wer Bioabfälle getrennt sammelt, hat viel weniger Restmüll. Mit der Bestellung einer Biotonne kann daher oft auch eine kleinere und günstigere Restmülltonne gefordert werden. Bei vielen Kommunen ist die Bestellung der Biotonne außerdem nicht mit Mehrkosten verbunden. Fragen Sie einfach direkt bei Ihrer Kommune nach.
„Die Biotonne macht nur Ärger: Sie stinkt und lockt Ungeziefer an.“
Manche Kommunen zeigen auch deswegen eine Abneigung gegen die Biotonne, weil sie wegen des Gestanks oder Ungeziefers bei den Bürger*innen unbeliebt ist. Auch in diesem Fall belegen praktische Erfahrungen, wie durch stetige Öffentlichkeitsarbeit im Zuge der Einführung der Biotonne diese Bedenken entkräftet werden können. Wem bewusst ist, warum der Abfall getrennt wird und warum man damit einen wichtigen Beitrag für die Umwelt leistet, der trennt mit Überzeugung. Wie Sie die Biotonne möglichst geruchsarm halten und viele weitere Praxistipps zur Biotonne finden sich hier.
Das fordert der NABU:
- Deutschlandweit flächendeckende Getrenntsammlung von Bioabfall mittels Pflichttonne im „Holsystem“. „Bringsysteme“ für je nach Jahreszeit anfallenden Grünschnitt sind sinnvolle Ergänzungen, können aber die Biotonne nicht ersetzen.
- Quersubventionierung der Biotonne über die Gebühren der Restmülltonne und Anreizsysteme für getrennte Bioabfallsammlung durch niedrigere Gebühren für kleinere Restmülltonnen.
- Konsequenter Vollzug der Getrenntsammelpflicht und ambitionierte Abfallwirtschaftsplanung durch die Bundesländer.
- Steigerung der Sammelmengen (unter Berücksichtigung des Primats der Abfallvermeidung, also der Vermeidung von Lebensmittelabfällen).
- Verbesserung und Vereinfachung der Abfallberatung, sodass alle Küchenabfälle zukünftig in der Biotonne und nicht im Restmüll landen.
- Eigenkompostierung als einziger zulässiger Grund für keine oder nur eine sehr kleine Biotonne – ein gesundes Verhältnis von Kompostmenge und Gartenfläche vorausgesetzt. Ein gewisser Anteil an Haushalten mit Eigenkompostierung darf jedoch keine Ausrede für Kommunen sein, der Getrenntsammelpflicht von Bioabfällen nicht nachzukommen.
Beitrag vom Dezember 2020
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