Moorschutz im „Verzauberten Land“
Wiederherstellung des Moores „Chorne Bagno“ in Transkarpatien
Die dichten, grünen Buchenwälder der Karpaten erscheinen wie direkt aus einem Märchenbuch. Wohl nicht ohne Grund trägt der Nationalpark „Zacharovanyj Kraj“ in den ukrainischen Karpaten seinen Namen: Er bedeutet übersetzt „Verzaubertes Land“. Aber der Zauber des Nationalparks liegt nicht nur in seinen Wäldern. Tatsächlich ist er ein Mosaik verschiedener Lebensräume, darunter auch verschiedene Moortypen. Insbesondere Hang- und Quellmoore sind hier zu finden, die von nationaler und internationaler Bedeutung für die Artenvielfalt und den Klimaschutz sind. Doch historische Entwässerungen setzen den Mooren stark zu.
Daher startete der NABU 2021 ein Projekt zur Wiederherstellung eines naturnahen Wasserhaushalts des Moores Chorne Bagno im Nationalpark Zacharovanyj Kraj. Die Flächen befinden sich im Bezirk Irschawa in der ukrainischen Region Transkarpatien im Westen des Landes.
Expert*innen geben Einblicke in das Projekt
Chorne Bagno – Kleines Moor mit großer Verantwortung
Trotz seiner geringen Fläche von nur 17 Hektar zählt Chorne Bagno, übersetzt „Schwarzes Moor“, zu den bedeutendsten Mooren weltweit und steht seit 2011 durch die Ramsar-Konvention unter Schutz. Und das aus gutem Grund: Das nährstoffarme Moor beherbergt eine außergewöhnlich hohe Artenvielfalt, darunter 15 Pflanzenarten, die auf der Roten Liste der Ukraine stehen. Durch das Speichern von Kohlenstoff und seine kühlende Funktion für die umgebende Landschaft, leistet das Moor einen wertvollen Beitrag für den globalen Klimaschutz. Gleichzeitig dient es der Wissenschaft zur Erforschung der Evolution von Pflanzen und zur Datierung der anthropogenen Verschmutzung in den letzten Jahrhunderten. Das macht einzigartige Gebirgsmoore wie Chorne Bagno unverzichtbar für Artenvielfalt, Klimaschutz und Wissenschaft.
Doch das Moor und seine Funktionen waren in Gefahr. Da es hauptsächlich durch Niederschläge gespeist wird und ein relativ kleines Einzugsgebiet hat, ist es von der künstlichen Entwässerung in Kombination mit der Klimakrise besonders stark betroffen. Die Konsequenzen waren bereits zu spüren. Besonders die Entwässerung der Moore, führte zwischen 2018 und 2020 zu einer extremen Sommertrockenheit in der Region. Dabei ist es von entscheidender Bedeutung, die Moore vor dem Austrocknen zu bewahren. Denn nur nasse und intakte Moore sind als Kohlenstoffsenken wirksame Klimaschützer, können die Biodiversität bewahren und die Umgebung bei starken Regenfällen vor Überschwemmungen schützen. Das Ziel des Projektes war es daher, den Wasserpegel im Chorne Bagno zu erhöhen und das Gebiet langfristig zu erhalten.
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Im Gelände überprüft das Team den Fortschritt der Wiedervernässungsmaßnahmen. - Foto: NABU/ Ivan Tymofeiev
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Dämme wie dieser wurden verstärkt, um den Wasserstand in den Mooren zu erhöhen und diese vor dem Austrocknen zu bewahren. - Foto: USPB
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Bei den Begehungen waren nasse Füße keine Seltenheit. Ein gutes Zeichen, denn: Moor muss nass! - Foto: USPB
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Charakteristische Pflanzen der Hochmoore, wie der Sonnentau, sind perfekt an das nährstoffarme und saure Milieu angepasst. - Foto: NABU/ Ivan Tymofeiev
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Das kleine Moor Chorne Bagno ist bedeutend für den internationalen Klima- und Artenschutz. - Foto: NABU/ Ivan Tymofeiev
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Das nährstoffarme Hochmoor ist das Zuhause zahlreicher Pflanzenarten. - Foto: NABU/ Ivan Tymofeiev
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Die Biberdämme halten das Wasser im Moor und schützen es vor dem Austrocknen. - Foto: NABU/ Ivan Tymofeiev
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Hier waren eindeutig Biber am Werk. - Foto: NABU/ Ivan Tymofeiev
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Der Nationalpark Zacharovanyj Kraj ist Teil des Cluster-UNESCO-Weltnaturerbes „Buchennaturwälder Europas“. - Foto: NABU/ Tom Kirschey
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Im Nationalpark sind viele wertvolle Moorlandschaften zu finden. - Foto: NABU/Tom Kirschey
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Die Projektmitarbeiter begehen die schneebedeckten Landschaften in der Umgebung des Chorne Bagno-Moors. - Foto: NABU/Ivan Tymofeiev
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Gemeinsam mit den Partnern begehen NABU-Mitarbeiter das Projektgebiet und begutachten bestehende Dämme. - Foto: NABU/Ivan Tymofeiev
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Ukrainische Medien berichteten über den Startschuss des Projektes. NABU-Mitarbeiter Tom Kirschey stand der Presse Rede und Antwort. - Foto: NABU/ Ivan Tymofeiev
Biber als Moorschützer
Bei der Wiedervernässung des Moores Chorne Bagno erhielt das Projekt tierische Unterstützung. Vor einigen Jahren kehrten Biber auf natürliche Weise nach ihrer Ausrottung in die südliche Karpatenregion aus Ungarn zurück und haben sich seitdem bereits als effektive Moorschützer erwiesen. Denn dank ihrer Dämme wurden wichtige Bereiche des Moores in den drei aufeinanderfolgenden Trockenjahren 2018, 2019 und 2020 vor dem Austrocknen bewahrt. Die fleißige Arbeit der Biber machte sich das Projekt zu Nutze. Dort wo die Biber das künstliche Grabensystem noch nicht funktionslos gemacht hatten, wurden die Gräben im Projekt mit einem Kleinbagger verschlossen. So wurde im Rahmen das Projekts ein etwa 300 Meter langer Entwässerungsgraben, der das Moor über mehrere Jahrzehnte förmlich ausbluten ließ, wieder verschlossen.
Spenden Sie für die Ukraine
Unsere Partner in der Ukraine versuchen auch in diesen Tagen den Schutz der Natur aufrecht zu erhalten. Hier können Sie unseren Partner USPB bei seiner Arbeit für den Moorschutz in Transkarpatien unterstützen.
Grünes Klassenzimmer
Um auch zukünftige Generationen für den Moorschutz zu begeistern, unterstützte das Projekt die Renovierung und Neugestaltung des „Grünen Klassenzimmers“, einer Einrichtung auf dem Gelände der Nationalparkverwaltung, das mittlerweile zu einem regelmäßigen Veranstaltungsort geworden ist. In enger Zusammenarbeit mit zwei Schulen in seinem Bezirk hat der Nationalpark sogenannte „Grüne Klassen“ im Fach Naturkunde eingeführt. In den renovierten Räumlichkeiten können sich nun Schulklassen, aber auch Mitarbeitende des Nationalparks, in einem gemeinsamen Raum treffen und Veranstaltungen in der Natur organisieren. So entsteht ganz nebenbei ein neues Umweltbewusstsein unter jungen Bürger*innen von Zakarpattia mit einer bewussteren Einstellung zur Natur ihrer Heimat.
Wasserhaushalt künftig im Managementplan
Alle Maßnahmen fanden in enger Abstimmung mit der Nationalparkverwaltung statt, die nun in ihrer Gebietsmanagementplanung auch den Moorschutz stärker berücksichtigen wird.
Ein Moorlehrpfad wurde angelegt, um Besucher*innen über die Besonderheit und große Bedeutung von Chorne Bagno für Klima, Flutprävention und Biodiversität aufzuklären. Für eine schnellere Bekämpfung der leider allzu häufigen Brände wurde außerdem ein Löschfahrzeug angeschafft.
Moorschutz zu Kriegszeiten
Obwohl Chorne Bagno ganz im Westen der Ukraine liegt, stellte der russische Angriffskrieg die Projektumsetzung vor gewaltige Herausforderungen: Plötzlich wurden Kraftstoffe für Fahrzeuge rationiert, Wehrpflichtige eingezogen und Stromausfälle waren an der Tagesordnung. Die Kosten der Maßnahmen schnellten in die Höhe und viele Flüchtende aus der Ostukraine kamen in die Region. Doch letztendlich konnten alle geplanten Maßnahmen umgesetzt werden – dank guter Projektsteuerung und einigem Improvisationstalent.
Jetzt, nach Abschluss des Projekts, organisieren Mitarbeitende des Nationalparks Moorführungen als therapeutische Maßnahme für Geflüchtete. Der neue Moorlehrpfand ist sowohl dafür als auch für Tourist*innen, die das Moor auf eigene Faust erkunden, ideal.
Das wurde im Projekt umgesetzt
Video: VGP Foundation / Das Video ist englischsprachig
Verbesserung der Vegetation
Wo ehemals Entwässerungsgräben waren, etabliert sich bereits ein Jahr nach Projektabschluss wieder torfbildende Vegetation, sodass bald nicht mehr zu sehen sein wird, wo sie sich einst befanden. Dass auch im gesamten Moor die Vegetation von dem höheren Wasserpegel profitiert, wird allerdings erst nach und nach spürbar werden. Über die nächsten Jahre wird die Nationalparkverwaltung diesen Prozess durch ein Vegetationsmonitoring begleiten und überprüfen. Die Re-Etablierung der torfbildenden Vegetation zeigt, dass die Funktionsfähigkeit des Moores wiederhergestellt wird - vor allem, dass es wieder Kohlenstoff aus der Atmosphäre binden kann.
Das Projekt hat Potential als Zukunftsmodell, da es neben klassischen wasserbaulichen Methoden zur Wiederherstellung des Gebietswasserhaushaltes auch auf natürliche Prozesse setzt, um die Anpassungsfähigkeit der Moore an den Klimawandel zu stärken. Diese natürliche Strategie im Moorschutz kann als Beispiel für weitere Projekte zur Wiederherstellung von Feuchtgebieten in anderen Regionen der Welt dienen.
Laufzeit:
April 2021 - September 2022
Partner:
Das Projekt ist eine Kooperation zwischen dem NABU, der NABU International Naturschutzstiftung und der Ukrainischen Gesellschaft für Vogelschutz (USPB) und wird in enger Zusammenarbeit mit der Verwaltung des Nationalparks Zacharovanyj Kraj („Verzaubertes Land”) umgesetzt.
Förderung:
Gefördert wird das Projekt von der VGP Stiftung.
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