Am Unteren Niederrhein ist ein wichtiges Brutgebiet für den stark gefährdeten Kiebitz – doch auch hier lauern viele Gefahren. Bitte helfen Sie dabei, die Kinderstuben des kleinen Vogels zu schützen!
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Die Biosphäre Bliesgau und ihre Vielfalt
Wer durch den Bliesgau wandert, fühlt sich fast in die Toscana versetzt – weite, offene Landschaften, sind charakteristisch für die sonnenreiche Region im südöstlichen Saarland an der Grenze zu Frankreich im Süden, Rheinland-Pfalz im Osten sowie der saarländischen Landeshauptstadt Saarbrücken im Westen. Auch der Weinbau hatte hier jahrhundertealte Tradition – der häufig vorkommende Familienname Rebmann weist auf die Verbreitung des Weinbaus im Spätmittelalter hin. Während aber die Weinbauterrassen spätestens Anfang des 20. Jahrhundertes weitestgehend verschwanden, charakterisieren Streuobstwiesen bis heute die vielfältige Landschaft zwischen Ballungsraum und dünn besiedelten Landstrichen.
Bliesgau-Saft von Streuobstwiesen
Erste erfolgreiche Vermarktungs-Projekte wurden im Rahmen des bundesweiten Wettbewerbes „Region aktiv“ initiiert. Heute arbeiten Biosphärenzweckverband und regionale Erzeuger traditionell gut zusammen. Die Regionalvermarktungsinitiative „Bliesgau-Genuss“ setzt sich für die umweltschonende Erzeugung und Vermarktung regionaler Lebensmittel ein. Von der Bio-Milch über Pflanzenöle bis zum Streuobst-Saft reicht die Palette.
Die Pflege der Streuobstwiesen hat sich der Verein „Bliesgau-Obst“ zur Aufgabe gemacht. Für einen garantierten Aufpreis wird Streuobstsaft regional erzeugt und vermarktet – selbstverständlich garantiert ohne Einsatz synthetischer Pestizide. Im Bliesgau gibt es noch zahlreiche weitere Streuobst-Projekte, Streuobstlehrpfade oder Anpflanzungen von 2,5 Metern hohen Streuobstbäumen mit der Option, später Holznutzung und Naturschutz gemeinsam zu realisieren. Kräftige Unterstützung gibt es von den örtlichen NABU-Gruppen und vom NABU Saarland, der sich schon seit den 1980ern für den Erhalt der saarländischen Streuobstbestände engagiert.
Vom ehemaligen NABU-Landesvorsitzenden und späteren Landesumweltminister Stefan Mörsdorf ging bereits 2000 die Initiative zur Einrichtung eines Biosphärenreservates aus. In der „Pflegezone“ der Biosphäre ist eine naturverträgliche Nutzung Tradition und Zukunft zugleich: Extensiver Landbau, Weidewirtschaft und naturnahe Forstwirtschaft sollen sicherstellen, dass neben den Streuobstbeständen auch die Orchideen- und Salbei-Glatthafer-Wiesen, die Auenlandschaft der Blies und die Kalkbuchenwälder erhalten bleiben. Immerhin kommen auf den mageren Muschelkalkböden des Bliesgaus rund die Hälfte der mehr als 60 in Deutschland beheimateten Orchideen-Arten vor. Eine Seltenheit im internationalen Vergleich ist daher die Kombination von Streuobstbeständen und Halbtrockenrasen – in dieser Form in Deutschland am ehesten noch in Südhessen und im Bereich Saale-Unstrut verbreitet.
Dicht besiedelte Kulturlandschaft
Seinen einzigartigen Charakter verdankt der Bliesgau der Schönheit seiner Landschaft und der Vielfalt an Tier- und Pflanzenarten ebenso sehr wie dem dichten Nebeneinander von städtischem und ländlichem Raum. 311 Menschen leben im Schnitt auf jedem der 361 Quadratkilometer des Biosphären-Areals. Kein anderes Biosphärenreservat in Deutschland erreicht eine vergleichbare Bevölkerungsdichte. Aus diesem engen Miteinander von Mensch und Natur erwächst für Walter Kemkes, Geschäftsführer des Biosphärenzweckverbandes Bliesgau, die besondere Herausforderung für die Zukunft der Region. „Naturschutz und Regionalentwicklung lassen sich nicht trennen“, betont Kemkes. Naturverträgliche Landwirtschaft und regionale Vermarktung der Produkte gehören für ihn deshalb genauso zum Biosphärenkonzept wie sanfter Tourismus, die Nutzung erneuerbarer Energien und nachhaltige Siedlungsentwicklung.
Werner Girgert