Altarme sind strömungsberuhigte Zonen im Flusssystem mit Seerosen und Röhricht. Im Dickicht verstecken sich Jungfische vor jagenden Eisvögeln und Ringelnattern. - Illustration: NABU/Lisa Rock
Naturraum Untere Havel
Ein charakteristischer Tieflandfluss im Wandel

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Verschiedene Weidenarten prägen den Lebensraum der Auen- und Uferwälder. In den Tümpeln lebt die Rotbauchunke und der Biber baut hier seine Burg. - Illustration: NABU/Lisa Rock
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Viele Havelwiesen stehen bis zu einem halben Jahr durch das Hochwasser unter Wasser. Kiebitz, Uferschnepfe und Rotschenkel finden hier reichlich Nahrung. - Illustration: NABU/Lisa Rock
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Auf den sandigen Hügeln finden sich Kiefernwäldchen, Heidekräuter und Trockenrasen. Der Wiedehopf ist hier zu Hause, ebenso wie Eidechsen und Schmetterlinge. - Illustration: NABU/Lisa Rock
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Der Weißstorch brütet gerne auf Masten und Dächern im Havelland. Steinkäuze, Fledermäuse und Schwalben nutzen die Häuser und Ställe als Unterkunft. - Illustration: NABU/Lisa Rock
Die Havel ist ein typischer Tieflandfluss. Sie hat einen 341 Kilometer langen Verlauf, zuerst in südlicher, dann in westlicher und schließlich in nordwestlicher Richtung. Dabei überwindet der Fluss lediglich ein Gefälle von rund 40 Metern. Die direkte Luftlinienentfernung von der Quelle bis zur Mündung beträgt allerdings nicht einmal 100 Kilometer.
Die Havel ist nach Moldau und Saale der drittgrößte Nebenfluss der Elbe. Von ihrer Typologie her ist sie ein Ausnahmefall in Deutschland. Sie ist ein sandgeprägter, teilorganischer und gefällearmer Fluss des Tieflandes mit jährlichem Winter- und regelmäßigem Sommerhochwasser. Die Untere Havel ist sehr verzweigt und mäandrierend.
Wo die Havel in die Elbe mündet, vereinigen sich die Wasserströme großer Teile Brandenburgs, Sachsens, Sachsen-Anhalts und Mecklenburg-Vorpommerns. Ausgedehnte und unzerschnittene Feuchtgebiete charakterisieren die sehr dünn besiedelte Untere Havelniederung. Typisch sind die jährlichen großflächigen Überflutungen, wobei sich im Frühjahr das Elbhochwasser bis zu 50 Kilometer in die Havelniederung hineinstaut. Auf den etwa 90 Kilometern Flusslauf zwischen Pritzerbe und der Mündung in die Elbe gibt es hauptsächlich weite Wiesen und Weiden, aber auch große Schilfröhrichte und Weidenwälder. Neben den nassen und feuchten Flächen findet man auch sehr trockenes Terrain. Diese Standortvielfalt ist einzigartig für Deutschland.
In dem von der Unteren Havel angebotenen Lebensraum, der über die Ausstattung normaler Auenlandschaften weit hinausgeht, hat sich eine erstaunliche Tier- und Pflanzenwelt entwickelt und – wenn auch teilweise nur in Resten – bis heute erhalten können. Insgesamt wurden etwa 1.000 bedrohte und geschützte Arten nachgewiesen. Das ist einzigartig in Deutschland und Mitteleuropa.
Neben ihrer Funktion als Rückzugs- und Geburtsstätte bedrohter heimischer Tiere und Pflanzen ist die Untere Havelniederung für den gesamten europäischen Raum, insbesondere als Rast- und Überwinterungsraum wandernder Vogelarten, überaus bedeutsam. Zwar sind viele Arten auch an der Unteren Havel sehr selten geworden, gleichwohl haben andere hier einen ihrer letzten Zufluchtsorte. So findet man Vogelarten wie See- und Fischadler, Bekassine, Rotschenkel, Uferschnepfe, Flussuferläufer, Uferschwalbe, Eisvogel, Großer Brachvogel und Wachtelkönig.
Es gibt weiterhin stabile Vorkommen von Biber und Fischotter. Die seltenen Fischarten Rapfen, Schlammpeitzger und Flussneunauge sind ebenso nachweisbar, wie bei den Libellen, als wassergebundenen Insektengruppe, die Asiatische Keiljungfer. Sumpfdotterblume, Lungenenzian und Schwarze Segge stehen stellvertretend für die enorme Pflanzenvielfalt.