Paarung des Kleinen Frostspanners, links das nahezu flügellose Weibchen.
Duftendes Liebeswerben in kalten Nächten
Beobachten und melden: Die Frostspanner sind unterwegs


-
-
Männchen des Kleinen Frostspanners an einer Hauswand.
-
Blick auf den Unterboden: Frostspanner an einer Fensterscheibe.
-
Wenn es richtig Winter wird, geht es mit dem Falter zu Ende. Lediglich die geschützt abgelegten Eier des Frostspanners überwintern.
Wer sich fürs Liebesspiel im Freien gezielt in frostigen Nächten trifft, muss dafür wohl einen guten Grund haben. Wenn es dann auch noch ausgemachte Spanner sind, die sich dort treffen, bedarf das Treiben dringend einer Erklärung. „Kleiner und Großer Frostspanner sind nun im Dunkeln unterwegs, um für eine neue Generation zu sorgen. Im Lichtkegel der Scheinwerfer sieht man nachts vor allem in Waldgebieten helle Falter flattern“, löst Sönke Hofmann vom NABU Bremen das Rätsel auf. „Die Frostspanner-Männchen sind auf der Suche nach Weibchen, die in Baumkronen sitzen und sie mit verführerischen Sexualduftstoffen locken, den sogenannten Pheromonen.“

Beide Frostspanner-Arten bilden nur eine Generation im Jahr aus. Beim Kleinen Frostspanner (Operopthera brumata) erscheinen die grün gefärbten Raupen bereits Anfang April. Sie fressen an Sträuchern wie Schlehe oder Haselnuss genauso wie an Linden, Weiden und Apfelbäumen. Meist erst ab Anfang November schlüpfen die fertigen Falter aus den Puppen. Die unauffällig grau-braunen Männchen mit einer Spannbreite von nur rund 2,5 Zentimetern finden sich im Spätherbst öfters auch an Hauswänden sitzend.
Farblich etwas vielfältiger präsentiert sich der Große Frostspanner (Erannis defolaria). Seine gelb und braun gemusterten Raupen schlüpfen erst einen Monat nach den kleinen Verwandten, ihr Nahrungsspektrum ist aber ähnlich, ergänzt um Eichen und Hainbuchen. Die Falter wiederum erscheinen rund einen Monat vor dem Kleinen Frostspanner. Die hellbraun mit Querbinden gemusterten Männchen (im Bild) haben eine Spannweite von drei bis vier Zentimetern.
Während für Menschen der knisternde Kamin Inbegriff der Romantik ist, kommen die Frostspanner bei Kälte auf Touren. Die Falter nutzen geschickt die Jahreszeit ohne Feinde und Duftkonkurrenz für die Paarung. Während Fledermäuse und Igel Winterruhe halten, können sie keine Nachtfalter fressen. Andere Insektenjäger wie die Schwalben machen derzeit die afrikanische Savanne unsicher. Freie Bahn also für die Frostspanner, die sich als weitere Besonderheit ein ausgeprägt unterschiedliches Erscheinungsbild der Geschlechter leisten. Die Weibchen haben keine Flügel und klettern besonders gerne an Obstbäumen hoch.
Wer rechtzeitig im Jahr Leimringe am Stamm anbringt, kann größeren Schaden verhindern. „Für die Leimringe ist es jetzt im Spätherbst allerdings schon viel zu spät“, erläutert Hofmann. „Die vom Aussehen her käferähnlichen Frostspannerfrauen sitzen bereits in den Baumkronen und verströmen Lockstoffe, die die Männchen über Kilometer wahrnehmen und sie herbeiflattern lassen.“
Nach der Paarung legt das Weibchen winzige Eier in Rindenritzen ab. Dort schlüpfen die Raupen im Frühjahr pünktlich zum Blattaustrieb. Im Gegensatz zu ihren Eltern, deren Mundwerkzeuge verkümmert sind und die ihre wenigen Lebenstage allein von Luft und Liebe leben, haben die Frostspannerraupen einen gefürchteten Appetit. Die grünen Raupen des Kleinen Frostspanners können ganze Bäume kahl fressen und in Obstplantagen ziemlichen Schaden anrichten. Allerdings treiben die Bäume wieder aus, für sie ist der Kahlfraß wie für uns ein lästiger Schnupfen.
Die Giftkeule sollte deshalb nicht herausgeholt werden. In einem naturnahen Garten braucht man ja auch Nahrung für die Räuber. Für Meisen sind die leicht zu erbeutenden Raupen die ideale Babynahrung. Da die Frostspanner-Mütter nicht allzu weit krabbeln können, sorgen die Raupen für die Verbreitung. Ähnlich wie die Spinnen im Altweibersommer produzieren sie in den ersten Lebenstagen einen Flugfaden, mit dem der Wind sie zu neuen Nahrungsquellen treibt, bis sie zu schwer werden.
-
Voll gespannt: Raupe des Großen Frostspanners.
-
Raupe des Kleinen Frostspanners
Von ihren Raupen haben die Frostspanner auch den zweiten Teil ihres Namens: Wie oft in Witzbildern gezeichnet, krümmen sich die Raupen zur Fortbewegung wie ein Hufeisen zusammen, ziehen damit den hinteren Teil nach und strecken sich dann wieder, das nennen Biologen „spannen“.