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Jetzt NABU-Mitglied werden!Pferde wehren Wolfsattacke ab
NABU-Beweidungsprojekt: Erster in Deutschland nachgewiesener Angriff
05. November 2015 - Auf einem ehemaligen Militärgelände in der Oranienbaumer Heide betreibt der NABU Köthen mittels der gemeinnützige Gesellschaft Primigenius gGmbH seit 2008 ein Beweidungsprojekt für den Naturschutz. Auf rund 800 Hektar leben hier in Sachsen-Anhalt unter anderem Heckrinder und Konik-Pferde, die das ganze Jahr über erfolgreich dafür sorgen, dass der Bewuchs auf dem Boden kurz gehalten wird. Die Tiere helfen somit, den offenen Heidecharakter und die geschützten Lebensraumtypen sowie viele bedrohte Arten zu erhalten. Die Tiere leben sehr naturnah und ursprünglich in dem Gebiet, haben eine Fläche zur Verfügung, die so groß ist wie 560 Fußballfelder. Das Gebiet ist in weiten Teilen als Naturschutzgebiet ausgewiesen.
Seit 2013 lebt auch nahe des Projektgebietes ein einzelner weiblicher Wolf. Die Fähe wurde auch mehrfach auf den Flächen des Beweidungsprojekts direkt gesichtet, Wolfsfährten und -kot sowie Fotofallenbilder belegen die Anwesenheit der Wölfin ebenfalls. Bei einem der täglichen Kontrollgänge entdeckten Mitarbeiter von Primigenius im Juni bei einem wenige Wochen alten Fohlen leichte Bissverletzungen. Die Wunde wurde von den Mitarbeitern mit Wundspray versorgt. Gemeinsam mit der Mutter konnte das Fohlen in der Herde verbleiben und lief schon einen Tag später beschwerdefrei. Die gründliche DNA-Auswertung durch das Senckenberg-Institut in Gelnhausen lieferte jetzt den Beweis, dass diese Verletzung auf die Wölfin zurückzuführen ist. Es ist der erste wissenschaftlich gesicherte Übergriff eines Wolfes auf ein Pferd oder Pony in Deutschland überhaupt – der erste in 15 Jahren. Die Alttiere konnten das Fohlen offensichtlich verteidigen und die Wölfin in die Flucht schlagen.
Die Beweidungsfläche ist bewusst naturnah gestaltet, sodass sich hier die natürliche Artengemeinschaft befinden kann. Die Fläche ist lediglich mit einem Drahtzaun umgeben. Er verhindert einerseits, dass die Pferde und Rinder auf umliegende Straßen entlaufen. Andererseits ist er für Wildtiere durchlässig. Der Zaun bietet nach unten hin einen Durchschlupf von mehr als 30 Zentimetern, demnach können auch Wölfe – genauso wie die andere Arten – auf das Gelände gelangen.
Pferde und Rinder sind aufgrund ihrer Körpergröße und Wehrhaftigkeit für den Wolf als potenzielle Beute nicht sehr interessant. Vielmehr besteht seine Nahrung in Deutschland zu über 95 Prozent aus wildlebenden Huftieren wie Reh, Hirsch und Wildschwein. Während Ziegen und Schafe in Wolfsgebieten flächendeckend geschützt werden müssen, bestehen für Pferde und Rinder wegen ihrer Wehrhaftigkeit weniger hohe Anforderungen. Dennoch: Übergriffe auf Pferde sind nie ganz auszuschließen, so gering die Wahrscheinlichkeit auch ist.
Da es sich um ein Pferd in einem eigenen Projekt handelt, bewertet der NABU diesen Fall nicht nur aus der Perspektive des Wolfsschutzes sondern auch als betroffener Nutztierhalter. Dass es zu seltenen Fällen von Übergriffen auf Pferde kommen kann, war stets Einschätzung des NABU. Daher sieht der NABU keine Abkehr von seinem Ziel, den Wolf in Deutschland willkommen zu heißen. Die Koexistenz von Wölfen und Pferden ist möglich.
Für Pferdehalter in Wolfsgebieten hat der NABU, gemeinsam mit der Pferdeland Niedersachsen GmbH, der AG Herdenschutzhunde, dem Trakehner-Verband sowie Wissenschaftlern der Universität Hildesheim, einen Leitfaden entwickelt:
Handlungsleitfaden „Pferd und Wolf“
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