Sehnsucht nach Ruhe und Geborgenheit – an der Havel wird sie gestillt. Wir wollen nun 90 Flusskilometer der Natur zurückgegeben. Werden Sie Teil dieses einmaligen Unterfangens!
Machen Sie die Havel wieder lebendig!Die Renaturierung ist gut für die ganze Region
NABU-Experte Rocco Buchta im Gespräch

Rocco Buchta hat das Havel-Projekt in mehr als zehnjähriger Arbeit mit engagierten Fachleuten vor Ort entwickelt. Als Sprecher des NABU-Bundesfachausschusses "Lebendige Flüsse" setzt er sich darüber hinaus für mehr Natur an vielen deutschen Bächen und Flüssen ein. Wir befragten ihn zu seiner Motivation für das Großprojekt Havel:
Herr Buchta, was wollen Sie für die Havel erreichen?
Die Havel soll ein lebendiger Fluss werden, der attraktiver Lebensraum für typische Pflanzen und Tiere einer Flussaue ist. Die Generation meiner Kinder soll wieder die Chance haben, im glasklaren Havelwasser zu baden, an Sandstränden zu sitzen und Eisvogel, Biber und Fischotter beobachten zu können.
Wie ist die Idee zum Havel-Projekt entstanden?
Ich bin an und auf der Havel aufgewachsen. In meiner Kindheit sind wir im Frühling ständig an den überschwemmten Wiesen und in den hohen Weiden herumgestromert. Mit Vater, Großvater und einem Angelkahn bin ich dann auch viel auf der Havel unterwegs gewesen. Wunderbare Erinnerungen an ausgedehnte Angelpartien auf der morgendlich-nebligen Havel und tolle Vogelbeobachtungen haben den Grundstein für meine Liebe zur Havellandschaft gelegt.
Gab es im Projektverlauf entscheidende Meilensteine?
Ich fand zum Glück schnell Wegbegleiter, die selbst schon seit Jahren für die Renaturierung der Havel kämpften. Mit der Wende ergaben sich für uns dann neue Möglichkeiten, da die Schifffahrt gänzlich zusammenbrach. Mit dem Verzicht auf die weitere Nutzung der Havel als Bundeswasserstraße wurde eine weitere wichtige Weichenstellung vorgenommen. Dabei ist die Unterstützung der Bevölkerung und der Landesregierungen von Brandenburg und Sachsen-Anhalt aber genauso wichtig für unsere Arbeit. Das Elbe-Hochwasser brachte dann den entscheidenden Durchbruch. Auf der Grundlage von Voruntersuchungen konnten wir endlich überzeugend darlegen: Die Renaturierung ist gut für die ganze Region!
Was wird sich konkret ändern?
Auf etwa 75 Kilometern sollen die Baggerungen reduziert und bis zu 100 Kilometer Ufer von Steinschüttungen befreit werden. Außerdem wollen wir bis zu dreißig der insgesamt 60 Altarme wieder an den Fluss anbinden. Dadurch entstehen beispielsweise Inseln, die von sensibleren Arten bewohnt werden können. Auch drei Fischaufstiege sollen gebaut werden. Das ist notwendige Voraussetzung dafür, dass Lachs und Stör, aber auch Nordseeschnäpel und andere Wanderfische zurückgeholt werden können.
Wird es auf der Havel überhaupt noch Schifffahrt geben?
Nein, es werden nur noch Freizeit-, Fahrgast- und Hotelschiffe fahren dürfen. Die Anschlussstrecke südlich von Rathenow und das Stadtgebiet
Havelberg wird für die Güterschiffe jedoch weiterhin erreichbar sein.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Ich wünsche mir, dass von dem Projekt ein Impuls für das ganze Havelland ausgeht. Das Projekt ist die größte Maßnahme zur Renaturierung eines Flusses in Europa. Unsere Erfahrungen möchten wir deshalb auch anderen Ländern zur Verfügung stellen.
Herr Buchta, wir danken Ihnen für das Gespräch.
Das Interview führte Jörg-Andreas Krüger.