Am Unteren Niederrhein ist ein wichtiges Brutgebiet für den stark gefährdeten Kiebitz – doch auch hier lauern viele Gefahren. Bitte helfen Sie dabei, die Kinderstuben des kleinen Vogels zu schützen!
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Nahrungserwerb und Wohnungsbau unserer Spechte
Spechte sind ein medizinisches Wunder. Ein Mensch, der seinen Schädel mit vergleichbarer Wucht gegen einen Baum schlagen würde, wäre auf der Stelle tot. Ein Specht, der dies bis zu 20-mal pro Sekunde tut, trägt nicht einmal eine Gehirnerschütterung davon. Dass Spechte nicht komplett hirngeschädigt sind, liegt an der speziellen Anatomie ihres Schädels. Das Zungenbein, eine Knochen-Muskelstruktur, die sich vom Schnabel um den Schädel windet, federt die Wucht der Schläge ab wie ein Helm. Zudem leitet der untere Teil des Schnabels, der minimal länger ist als der obere, die Aufprallenergie ab, was sich ebenfalls hirnschonend auswirkt.
Alle mal herhören!
Spechte hämmern bis zu 12.000-mal pro Tag. Ein Grund findet sich immer. Etwa weil sie in das morsche Holz eines toten Baumes eine Nisthöhle zimmern. Oder weil sie unter seiner Borke nach Käferlarven suchen. Zudem schlagen sie einen Trommelwirbel, um kundzutun, dass dies ihr Revier ist. Im Frühling trommeln sie jedoch hauptsächlich, um ein Weibchen oder Männchen anzulocken – getrommelt wird nämlich von beiden Geschlechtern. Damit das Trommeln möglichst weit zu hören ist, braucht es einen Resonanzkörper. Das kann ein dürrer Ast, ein hohler Baumstamm, aber auch eine Dachrinne sein. Hat der Specht das Passende gefunden, setzt er sich in Positur, plustert das Gefieder und schlägt seinen Wirbel.
„Jede Spechtart trommelt anders“, berichtet Klaus Ruge, langjähriger Leiter der Vogelschutzwarte Baden-Württemberg. Dauer und Rhythmus der Wirbel, aber auch Anzahl der Schläge und der zeitliche Abstand dazwischen seien unterschiedlich und für jede Art charakteristisch. Die lautesten und längsten Trommelwirbel schlägt der etwa krähengroße Schwarzspecht, unverwechselbar durch sein schwarzes Gefieder und den Scheitel, der beim Männchen durchgängig, beim Weibchen nur am Hinterkopf leuchtend rot ist.
Werkbank und Schlachtbank
Der Schwarzspecht ist die größte der neun bei uns heimischen Spechtarten. Der Mittelspecht dagegen, leicht zu verwechseln mit dem Buntspecht, macht sich lieber mit seinem markant quäkenden Ruf bemerkbar als durch Trommeln. Auch der Grünspecht trommelt äußerst selten und wenn, dann nur schwach.
Mit Abstand am häufigsten sind bei uns die kurzen Trommelwirbel des Buntspechts zu hören. Man erkennt den amselgroßen Vogel, der sich in Laub- und Nadelwäldern, aber auch in Parks mit altem Baumbestand aufhält, am schwarz-weißen Federkleid mit rotgefärbtem Unterschwanz. Wie alle Spechtarten ernährt er sich hauptsächlich von Insekten wie Käfern, Raupen und Ameisen. Er frisst aber auch Samen und Nüsse und betätigt sich gelegentlich als Bruträuber.
Zum Nüsse knacken legen Buntspechte sogenannte Spechtschmieden an. Dafür meißeln sie eine Kerbe ins Holz, die als Werkbank dient. Haben sie eine Nuss ergattert, fliegen sie ihre Schmiede an, klemmen die Nuss in der Werkbank fest und hacken sie auf. Auf die gleiche Weise verfahren sie mit Vogelbrut, die sie beispielsweise aus Meisenhöhlen räubern.
Baumsaft als Nahrungsergänzung
Das Spektrum fester Nahrung ergänzen Buntspechte, aber auch Mittel- und Dreizehenspechte, insbesondere im Frühling durch den Rindensaft bestimmter Baumarten. Dafür krallt sich der Specht am Stamm fest, schlägt seitlich ein Loch durch die Rinde, dann eines direkt vor sich, dann eines auf der anderen Seite. Schließlich rückt er ein Stück weiter und wiederholt die Prozedur. Auf diese Weise bearbeitet er dünnere Stämme rundum; dickere oft nur in Teilabschnitten, bevorzugt auf der sonnenbeschienenen Seite. Man spricht vom Ringeln, denn die Löcher werden in waagrechter Linie in die Rinde gehackt.
Der aus den Löchern rinnende Saft enthält im zeitigen Frühjahr, kurz vor dem Blatttrieb, Eiweiß, Zucker und Aminosäuren; die Spechte nehmen ihn mit dem Unterschnabel schöpfend auf. „Besonders begehrt sind Ahorn und Birke“, erläutert Klaus Ruge. Aber auch Hainbuche und Roteiche seien beliebte Saftbäume. Am Fuß der Hainbuchen bildeten sich oft regelrechte Pfützen, führt der Spechtexperte aus: „Insbesondere Dreizehenspechte verbringen viel Zeit mit Ringeln und Saftlecken.“ Ansonsten decken Spechte ihren Flüssigkeitsbedarf mit dem Wasser aus Pfützen, Bächen oder Asthöhlungen.
Gute Chancen auf freie Wohnungen
Spechte gelten als Indikatoren für lebendige Wälder mit viel Totholz und unterschiedlichen Baumarten in allen Altersstadien. Insbesondere Kleinspechte, die man für Buntspechte halten könnte, wären sie nicht nur spatzengroß, sind darauf angewiesen. Doch die Annahme, Spechte lebten ausschließlich im Wald, sei falsch, stellt Ruge klar. Insbesondere Bunt- und Grünspechte siedeln auch in der Stadt. Den Grünspecht, gelb-grünes Gefieder, schwarze Gesichtsmaske, findet man dort häufig im Park, wo er auf Wiesen nach Ameisen sucht.
Grünspechte nisten nach Möglichkeit in leerstehenden Höhlen anderer Spechte. Die Chancen auf eine freie Wohnung stehen meist gut, denn einen gewissen Leerstand gibt es immer: „Manche Spechtarten zimmern sich jedes Jahr eine neue Nisthöhle“, erläutert Klaus Ruge. Und nicht jede werde fertiggestellt: „Manchmal bauen sie nur so ein bisschen rum.“ Das kommt Höhlenbrütern wie Meise, Kleiber und Waldkauz zugute; aber auch Wespen, Hummeln und Hornissen. Sogar Eichhörnchen suchen Unterschlupf in Spechthöhlen. Indem sie ständig neuen Wohnraum für alle möglichen Tierarten schaffen, sind Spechte unermüdliche Baumeister im Dienste der Artenvielfalt.
Hartmut Netz (Naturschutz heute 2021)
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