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Sieben Grundprinzipien für einen naturverträglichen Ausbau der Stromnetze
Juni 2024 – Der Bau von neuen Stromleitungen ist wichtiger denn je, trotzdem gilt auch beim Umbau des Stromnetzes: Die Biodiversitätskrise darf nicht vergessen werden. Deswegen muss wirksamer Vogelschutz von Anfang an mitgedacht und umgesetzt werden. Denn auch das ist ein Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt.
Um zu zeigen, wie dieser Plan erfolgreich umgesetzt werden kann, hat der NABU gemeinsam mit weiteren europäischen Naturschutzorganisationen sieben Grundprinzipien entwickelt. Ein Anfang, weitere Schritte müssen jetzt folgen. Dafür knüpft im Oktober 2024 die Wingspan-Tagung an, auf der Akteur*innen aus Zivilgesellschaft, Industrie, Politik und Naturschutz die aufgestellten Prinzipien und ihre Umsetzung diskutieren.
Sieben Prinzipien für ein vogelfreundliches Stromnetz in Europa
1. Sinnvoller und konstruktiver europäischer Multi-Stakeholder-Austausch
Einrichtung einer alle zwei Jahre stattfindenden europaweiten Konferenz und einer zentralen Online-Datenbank, um die Zusammenarbeit zu fördern, Forschungsergebnisse auszutauschen und die Wechselwirkungen zwischen Vögeln und Netzen auf Grundlage der neuesten Erkenntnisse und Innovationen zu berücksichtigen.
2. Kooperation auf Ebene der Mitgliedstaaten
Die Mitgliedstaaten sollten in interdisziplinärer/sektorübergreifender Zusammenarbeit nationale Aktionspläne für vogelfreundliche Stromnetze entwickeln. Nationale Arbeitsgruppen sollten den Wissensaustausch und gegenseitige Schulungen zwischen NGOs und Netzbetreibern erleichtern.
3. Nachhaltige Finanzierungsquellen für die Zivilgesellschaft
Die Zivilgesellschaft ist für den Vogelschutz und die Bereitstellung von Informationen für Projektentwickler von entscheidender Bedeutung.
Die politischen Entscheidungsträger*innen sollten für stabile finanzielle Mittel und den Aufbau von Kapazitäten für NGOs sorgen, um das Verständnis der Öffentlichkeit für Stromnetzprojekte und ihr Engagement zu fördern.
4. Standardisierung der Vogeldatenerfassung im Rahmen eines Open-Source-Ansatzes
Eine zugängliche, standardisierte, zentralisierte und digitale Datenbank ist für die Verwaltung von Daten über Vogelverluste, Netzinfrastruktur und die Anwesenheit von Vögeln von entscheidender Bedeutung, um eine naturverträgliche Planung sowie Minderungsstrategien zu ermöglichen. Dies wird umfassende wissenschaftliche Bewertungen und fundierte Entscheidungen für den Vogelschutz ermöglichen.
5. Umfassende landesweite Mortalitätsrisikokarten von Vögeln
Die Kartierung der Empfindlichkeit von Vogelpopulationen (Sensitivity-Mapping) in Europa ist unvollständig. Umfassende Risikokarten der Mortalitätsgefährdung von Vögeln für Europa, die regelmäßig mit neuen Daten aktualisiert werden, würden Stromnetzinfrastrukturen aus sensiblen Gebieten fernhalten und die Abhilfemaßnahmen für bestehende Netze verbessern.
6. Eine verbesserte Umsetzung des europäischen Rechts- und Verwaltungsrahmens
Standardisierung der Durchsetzungsmechanismen in den EU-Mitgliedstaaten zum Schutz gefährdeter Arten und ihrer Lebensräume, Verbesserung der Forschung, Bereitstellung klarer Überwachungsrichtlinien und Schaffung von Anreizen für Minderungsmaßnahmen in Netzprojekten. Umfassende Bewertungskriterien und Benchmarks sind für eine effektive Berichterstattung und Überwachung von Minderungsstrategien unerlässlich.
7. Starke europäische technische Leitlinien
Es sollten einheitliche europäische Leitlinien erstellt und verbreitet werden, um einen wirksamen Vogelschutz entlang von Stromleitungen zu gewährleisten. Diese Leitlinien sollten vogelfreundliche Mastkonstruktionen und Isoliermaterialien, Vogelschutzmarkierungen, Methoden zur Vermeidung der Störung brütender Vögel und Alternativen wie Erdkabel umfassen.
Hier Ergebnisbericht herunterladen
Oktober 2022 – Auf der Konferenz im September 2022 im Rahmen des Portals „Vogelfund und Stromleitung“ wurden bereits erste Handlungsschritte von Akteur*innen aus Zivilgesellschaft, Industrie, Politik und Naturschutz erarbeitet.
Die Politik ist gefragt
Von fundamentaler Bedeutung sind ein transparenter, vertrauensvoller Austausch und die Vernetzung relevanter Akteur*innen. An dieser Stelle ist die Politik gefordert, denn dieser Austausch muss aktiv gefördert und unterstützt werden. Es braucht Ressourcen, um Arten- und Klimaschutz zu vereinen. Themenspezifische Arbeitsgruppen können den interdisziplinären Austausch unterschiedlicher Stakeholder und die Findung von gemeinsamen Lösungsansätzen für den Vogelschutz im Stromnetz fördern.
Um den Stromnetzausbau zu beschleunigen und gleichzeitig dabei den Artenschutz nicht zu vernachlässigen, müssen künftig relevante Informationen besser erhoben, geteilt und berücksichtigt werden. Dafür braucht es zeitnah Standards, denn nur so können Erkenntnisse auch über konkrete Vorhaben hinaus genutzt werden. Um Vogelschutz in der Praxis fest zu verankern, braucht es außerdem Standards für Anwendungsfälle bei Nachrüstung und Leitungsneubau. Eine räumliche Risikoanalyse, die die Gebiete identifiziert, wo Vogelarten durch Stromleitungen besonders gefährdet sind, kann einen Beitrag dazu leisten. Planungsverfahren können verbessert und beschleunigt werden, wenn eine entsprechende Sensitivitätenkarte als Planungsinstrument anerkannt wird.
Sechs Impulse für ein vogelsicheres Stromnetz
Konkrete Lösungsansätze wurden auf der Konferenz „Gemeinsamer Luftraum – Auf dem Weg zu einem vogelfreundlichen Stromnetz“ erarbeitet:
- Es sollten wissenschaftlich anerkannte, verbindliche, bundeslandübergreifende Standards sowohl für Methoden als auch für Anwendungsfälle bei Nachrüstung und Neubau im gesamten Stromnetz – insbesondere für kritische Leitungsbereiche – festgelegt werden.
- Daten sollten nach zu definierenden Standards gesammelt werden und in eine zentrale, bundesweite Datenbank fließen. Ein offener Umgang mit bereits vorhandenen und zukünftig erhobenen Daten aus relevanten Vorhaben ist notwendig, um den Wissensstand zu verbessern.
- Eine bundesweite Analyse der Gefährdungs-Hotspots für Vögel im Stromnetz sollte regelmäßig durchgeführt und eine Sensitivitätenkarte als Ergebnis erstellt werden, die als verbindliches Instrument für Netzausbau und Bestandsnetz dient.
- Es braucht interdisziplinäre Plattformen und Arbeitsgruppen, um Erkenntnisse zu teilen, Know-How aufzubauen, Forschungstransparenz zu erhöhen und Forschungslücken, z.B. zu den Themen Vogelschutzarmaturen und Mastgeometrie zu schließen.
- Alle relevanten Akteure sollten bei konkreten Netzausbauvorhaben frühzeitig und ergebnissoffen eingebunden werden, um Technik, Netzbetrieb und Vogelschutz zu vereinbaren.
- Es sollten Anreize geschaffen und Mittel bereitgestellt werden, damit alle relevanten Akteure die Kapazitäten erhalten, Lösungsmaßnahmen für den Vogelschutz zu implementieren.
Gemeinsam seit 2017 auf einem guten Weg
NABU, die Renewables Grid Initiative und Stromnetzbetreiber sind gemeinsam bereits auf einem guten Weg: Seit 2017 gibt es Bemühungen, die Kollision von Vögeln mit Stromleitungen zu reduzieren. Dafür können auf dem Portal „Vogelfund und Stromleitung“ bundesweit bereits Unfälle durch Leitungskollision oder Stromtod gemeldet werden. Es gibt auch eine Anleitung von NABU und RGI, was zu tun ist, wenn ein totes Tier in der Nähe einer Stromleitung gefunden wird.
Diese Kollaboration führte dazu, dass Vogelschutz im Stromnetz ernst genommen wird – und sorgte schlussendlich dafür, dass die jeweiligen Akteur*innen das Gespräch suchten. Der dadurch entstandene vertrauensvolle, lösungsorientierte Austausch soll weitergeführt werden, zum Beispiel in der „AG Vogelmarkierung“, die im Rahmen des Projekts an der Schließung von Forschungslücken im Bereich Vogelschutzarmaturen arbeitet.
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