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Die Blockade einer Vision: Zehn Jahre Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt
30. Mai 2017 - Ziel der „Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt“ es, den Schwund an Arten und Lebensräumen in Deutschland aufzuhalten. Darin werden ambitionierte und visionäre Zielvorgaben gemacht. Anlässlich des Jubiläums warnen BUND, DUH, NABU, WWF und der Dachverband DNR jedoch eindringlich vor einem Scheitern. Eines der größten Probleme ist die Blockade der Anstrengungen des Bundesumweltministeriums durch andere Ressorts. Wo bleibt die Richtlinienkompetenz der Regierungschefin?
Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik und trägt dafür die Verantwortung.
Artikel 65, Satz 1 Grundgesetz
Auch auf Ebene einzelner Bundesländer und Kommunen wird die nationale Strategie durch massives Störfeuer immer wieder konterkariert. In einer gemeinsamen Analyse kommen die Umweltverbände zu dem Schluss, dass sich der Zustand der biologischen Vielfalt in den vergangenen zehn Jahren nicht etwa verbessert, sondern sogar verschlechtert hat. Der Schwund an Arten und Lebensräumen hält ungebremst an.
Viele deutsche Schutzgebiete sind durch jahrelanges Missmanagement in einem katastrophalen Zustand. Die Meeresschutzgebiete werden durch nicht nachhaltige Fischerei weiterhin ausgebeutet und geplündert, die Intensivierung der konventionellen Landwirtschaft lässt ganze Landstriche veröden. Die Vorkommen von Insekten und Singvögeln sind in Folge dessen dramatisch eingebrochen.
Ein Haupttreiber des Artenschwunds in Deutschland ist die industrielle Landwirtschaft. Insekten und Vögeln fehlt die Nahrung, weil kein Platz ist für Hecken, Sträucher und Wildblumen. Die Strukturvielfalt muss erhöht und der Einsatz von Pestiziden massiv gesenkt werden. Wir wollen die Landwirte bei ihrem Engagement unterstützen und für ihre Naturschutzleistungen bezahlen. Pauschale Flächenprämien sollen der Vergangenheit angehören. Voraussetzung dafür ist eine grundlegende Reform der EU-Agrarpolitik.
NABU-Präsident Olaf Tschimpke
Auch beim Waldschutz hinkt die Bundesregierung hinterher. Selbst gestecktes Ziel ist es, bis 2020 auf fünf Prozent der deutschen Waldflächen eine natürliche Entwicklung zuzulassen. Bisher dürfen sich allerdings nur zwei Prozent der Wälder zu „Urwäldern von morgen“ entwickeln.
Die Ziele zum Schutz der biologischen Vielfalt in Deutschland können nach einhelliger Einschätzung der Umweltverbände bis 2020 nur noch erreicht werden, wenn massiv umgesteuert wird. In einem Zehn-Punkte-Plan schlagen sie Sofortmaßnahmen vor, die ein Scheitern abwenden sollen:
1. Neuausrichtung der Agrarpolitik für Mensch und Natur
a) Pauschale Flächenprämien ohne konkrete Gegenleistung nach 2020 abschaffen. Landwirte bei ihrem Engagement unterstützen und für ihre Naturschutz-Leistungen angemessen honorieren. b) Gemeinschaftsaufgabe „Ländliche Entwicklung“ mit einem Finanzvolumen von 100 Millionen Euro pro Jahr für den Schwerpunkt Naturschutz schaffen. c) Auswirkung und Einsatz von Pestiziden minimieren: Verschärfen des Zulassungs- und Risikomanagements sowie der Anwendungsbestimmungen.
2. Meeres- und Küstenschutzgebiete wirksam schützen
a) Mindestens 50 Prozent der gesamten deutschen Natura 2000-Gebietskulisse von jeglicher wirtschaftlicher Nutzung frei halten. b) Alle Meeresschutzgebiete in der Raumordnung als ökologische Vorranggebiete anerkennen. Dort sind naturverträgliche Fischereitechniken sicherzustellen. c) Der Bund muss die Länder beim Schutz der fünf Küstennationalparks im Wattenmeer und an der Ostsee stärker unterstützen.
3. Flüssen und Auen wieder mehr Raum geben
a) Das Bundesprogramm Blaues Band für naturverträgliche Flussentwicklung bedarfsorientiert finanzieren und mit einem Auenschutzprogramm ergänzen. b) Naturschutz im Nationalen Hochwasserschutzprogramm in Planung und Umsetzung verankern.
4. Konsequentere Umsetzung von Naturschutzzielen im Wald
a) Ökologische Mindeststandards der Waldbewirtschaftung („gute fachliche Praxis“) definieren und verbindlich in allen Waldgesetzen von Bund und Ländern verankern. b) Mindestens zehn Prozent der öffentlichen Wälder dauerhaft und rechtsverbindlich ihrer natürlichen Entwicklung überlassen. c) Einen Waldnaturschutzfonds dauerhaft einrichten für Leistungen, die über die Sozialpflichtigkeit des Eigentums hinausgehen.
5. Mehr Wildnis in Deutschland
a) Die Umsetzung des NBS-Ziels, auf zwei Prozent der Landesfläche Wildnisgebiete einzurichten, mit Nachdruck vorantreiben. b) Wildnisfonds für Gebiete von gesamtstaatlicher Bedeutung mit Mitteln des Bundes einrichten. c) Anreize für Beiträge privatrechtlicher Initiativen und Privatpersonen zum Zwei-Prozent-Wildnisziel beispielsweise durch steuerliche Erleichterungen schaffen.
6. Schutzgebiete und Biotopverbund als Rückgrat des Naturschutzes
a) Sofortige Verkaufsstopps für den gesamten in öffentlichem Eigentum befindlichen Grundbesitz (Agrar-, Forst-, Seen- und weitere naturnahe Flächen) verfügen. b) Länderübergreifenden Biotopverbund als zentralen Bestandteil einer grünen Infrastruktur analog zum Bundesverkehrswegeplan schaffen. c) Ein Prozent der Investitionen in das Bundesfernstraßennetz zur Wiedervernetzung von Lebensräumen bereitstellen. d) Lückenschluss im Grünen Band als einen deutschen Beitrag zu den Transeuropäischen Netzen Grüner Infrastruktur (TEN-G) vorantreiben.
7. Mehr Grün in der Stadt
a) Synergien für den Naturschutz in der Städtebauförderung schaffen. b) Den kürzlich eingeführten Paragraph 13b Baugesetzbuch zum beschleunigten Bebauungsplanverfahren im Außenbereich ersatzlos streichen. c) Die Eingriffsregelung als besonders geeignetes Instrument zur Schaffung Grüner Infrastruktur nutzen.
8. Kenntnis und Verständnis über die Natur stärken
a) Nationales Zentrum für Artenschutz und Monitoring einrichten. b) Universitäre Taxonomie-Initiative mit 10 Stiftungsprofessuren schaffen. c) Programm zur Stärkung der Naturerfahrungs- und Umweltbildungsangebote und der Lehrerfortbildung im Bereich Artenkenntnis.
9. Neuausrichtung und angemessene Ausstattung der Finanzierung des Naturschutzes auf nationaler und europäischer Ebene
a) Die Bundesregierung muss sich im Mehrjährigen Finanzrahmen der EU für die Einrichtung eines EU-Naturschutzfonds ab 2021 einsetzen, der mit mindestens 15 Milliarden Euro pro Jahr für die gesamte EU ausgestattet ist. b) Das LIFE-Programm auch nach 2021 als zielgerichtetes Förderinstrument der EU-Kommission für prioritäre und innovative Projekte erhalten und deutlich stärken. c) Das Bundesprogramm Biologische Vielfalt auf mindestens 50 Millonen Euro pro Jahr erhöhen. Das Bundesprogramm Blaues Band mit ausreichenden Mitteln ausstatten und um das Auenschutzprogramm ergänzen. Einen Waldnaturschutzfonds dauerhaft einrichten. Zur Unterstützung bei der Schaffung von Wildnisgebieten gesamtstaatlicher Bedeutung einen Wildnisfonds mit Mitteln des Bundes einrichten. Mindestens ein Prozent der Investitionen in die Bundesfernstraßen zweckgebunden für Maßnahmen zur Wiedervernetzung von Lebensräumen bereitstellen. Bis 2025 einen einmaligen Betrag von 30 Millionen Euro für den Lückenschluss des Grünen Bandes in Deutschland auflegen.
10. Vollzugsdefizite im Naturschutz beseitigen
a) Den Schutz der Biologischen Vielfalt als Querschnittsaufgabe in alle Politikbereiche integrieren. b) Die bestehenden naturschutzrechtlichen Grundlagen und deren fachlich fundierte Fortschreibung konsequenter umsetzen und kontrollieren. c) Naturschutz krankt am Vollzugsdefizit: Untere Naturschutzbehörden und Landesoberbehörden ausreichend personell und finanziell ausstatten.
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