Am Unteren Niederrhein ist ein wichtiges Brutgebiet für den stark gefährdeten Kiebitz – doch auch hier lauern viele Gefahren. Bitte helfen Sie dabei, die Kinderstuben des kleinen Vogels zu schützen!
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Die Hiddenseer Küstenheide wird wiederbelebt
Von Friederike Opitz
„Diese Klarheit! Dieses stumme und mächtige Strömen des Lichts. Dazu die Freiheit im Wandern über die pfadlosen Grastafeln.“ So beschrieb einst Gerhard Hauptmann seine Lieblingsinsel Hiddensee. Wie den erfolgreichen Dichter und Nobelpreisträger zog es bereits im 19. Jahrhundert zahlreiche Künstler auf der Suche nach Inspiration auf die Ostseeinsel. Auch bis heute konnte sich Hiddensee den Ruf als Künstlerinsel bewahren und bietet so ein umfangreiches kulturelles Angebot für seine Gäste.
Doch nicht nur das lockt jährlich zahlreiche Besucher auf die Insel: Auch die Abgeschiedenheit und Ruhe der autofreien Insel und die außergewöhnliche Landschaft machen Hiddensee so attraktiv.
Über weite Teile der Insel erstreckt sich die größte zusammenhängende Küstendünenheide im deutschen Ostseeraum. Sie besteht aus einem kleinräumigen Mosaik unterschiedlichster Lebensräume von trockenen, sandigen Flächen bis hin zu feuchten, moorigen Abschnitten. Ebenso gibt sie ein abwechslungsreiches Bild durch die Bewegung im Relief. So ergibt sich im Spätsommer ein Bild aus Flächen voller blühender Heide, Flechten, wie man sie vor allem aus Skandinavien kennt, und Hügeln, an denen durch Abbrüche der kahle Dünensand zum Vorschein kommt. Außerdem gibt es Senken, in denen sich die Feuchtigkeit sammelt, wo Moose und Sonnentau wachsen können.
Heide braucht Pflege
Vogelbegeisterte kommen auf Hiddensee besonders zur Zeit des Herbstzugs auf ihre Kosten. Denn die Insel wird von Arten wie dem Regenbrachvogel dankbar als Rastplatz angenommen, um mit den reichlich vorhandenen Krähenbeeren die Energiereserven aufzufüllen, bevor es auf die lange Reise in den Süden geht.
Doch diese besondere Landschaft ging in den letzten Jahrzehnten zunehmend verloren: Weil die Bewirtschaftung immer weiter eingeschränkt wurde, wird die Heide langsam verdrängt. Denn nur wenn die Heide regelmäßig genutzt wird, verjüngt sie und kann sich entfalten. Andernfalls überaltert sie und wird von anderen Sträuchern und Büschen überwachsen. Lange wurde die Verjüngung der Heide dadurch erreicht, dass die Flächen von Schafherden beweidet wurden oder dass die Inselbewohner das vertrocknete Heidekraut als Feuerholz nutzen. Doch das lohnt sich heute kaum noch.
Zu viele Nährstoffe schaden
Entfällt die regelmäßige Verjüngung der Heidepflanzen, beginnt ein Kreislauf, der nicht leicht aufzuhalten ist: Denn sobald sich andere Pflanzen gegen die Heide durchsetzen – wie zum Beispiel Brombeeren, Birken oder Kiefern – bilden sie durch Laubabwurf Humus. Dadurch wird der Boden nährstoffreicher und die Heide, die auf nährstoffarmen Boden angewiesen ist, kann sich nicht wieder ansiedeln. Ein weiteres Problem auf Hiddensee ist die Späte Traubenkirche. Der aus Amerika stammende Strauch wurde angepflanzt, um den Küstenschutz zu unterstützen, nun breitet er sich unkontrolliert aus.
Entstanden ist die Küstenheide im Spätmittelalter, als die Insel noch überwiegend von einem Mischwald aus Birken, Kiefern und Eichen bewachsen war. Damals wuchs der Bedarf nach Holz – zum Einen, weil für den Häuser- und Klosterbau viel Baumaterial gebraucht wurde. Und zum Anderen musste ein Leuchtfeuer – die sogenannte „Luchte“ – betrieben werden. So wurden mit dem Holz auch die Nährstoffe aus dem Gebiet herausgetragen und der Boden wurde zunehmend mager und nährstoffarm. Das ist wiederum genau die richtige Grundlage, damit sich die Heide als Sekundärvegetation entfalten konnte.
Anfang 2013 hat der NABU Mecklenburg-Vorpommern in einem Projekt begonnen, einen Teil der Hiddenseer Küstenheide wiederherzustellen. Dafür soll im kommenden Herbst das sogenannte Plaggen zu Einsatz kommen. Dazu werden einige Zentimeter der oberen Bodenschicht maschinell entfernt, damit sich die Heide auf dem kahlen Boden nach und nach wieder ansiedeln kann. Dass das Verfahren gut funktioniert, ist bereits heute an einigen Stellen zu beobachten: 2008 hat die Biologische Station vor Ort auf verschiedenen Flächen den Boden abgeplaggt. Heute, fünf Jahre später, blüht dort wieder die wunderschöne Heide.
Bevor die Maschinen jedoch richtig arbeiten können, müssen Sträucher und Bäume Gebiet entfernt werden. Auch diese Maßnahmen sind in dem NABU-Projekt enthalten: Bereits im Frühjahr wurde begonnen, mit Hilfe von Pferden einzelne Bäume wie Kiefern oder Traubenkirschen aus den entsprechenden Flächen zu entfernen. Gefördert wird das Projekt zu 75 Prozent von der Europäischen Union und zu 25 Prozent vom Land Mecklenburg-Vorpommern.
Damit die Flächen nicht in ein paar Jahren wieder das gleiche Schicksal ereilt, gibt es auch Pläne für die zukünftige Pflege der Heide: Zum Einen hat bereits 2004 ein Schäfer mit der Beweidung begonnen. Und zum Anderen sollen Pflegeeinsätze und Erlebnistourismus den Erhalt der Heide unterstützen. So soll dafür gesorgt werden, dass auch zukünftige Generationen diesen Naturschatz besuchen und sich auf den Spuren von Gerhard Hauptmann an der Hiddenseer Küstenheide erfreuen können.