Am Unteren Niederrhein ist ein wichtiges Brutgebiet für den stark gefährdeten Kiebitz – doch auch hier lauern viele Gefahren. Bitte helfen Sie dabei, die Kinderstuben des kleinen Vogels zu schützen!
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Wald-Umbau im Karlsburger und Oldenburger Holz
Wer nach Karlsburg kommt, hat es am Herzen oder ist zuckerkrank. OVP steht auf den Auto-Nummernschildern, Ost-Vorpommern. Mit 1500 Einwohnern in vier Ortsteilen ist Karlsburg ein kleines Kaff - aber ein Kaff mit Schloss. Dieses Barockschloss derer von Bismarck-Bohlen beheimatete bereits zu DDR-Zeiten das Zentralinstitut für Diabetes. Heute geht es weniger zentral zu, doch Karlsburg hat als Medizinstandort überlebt und noch eine Herzklinik hinzubekommen. Selbst im Gemeindewappen prangt nun der Äskulapstab neben dem pommerschen Greif.
Direkt hinter dem Schloss beginnt das Karlsburger und Oldenburger Holz, ein 420 Hektar großer Wald und ein guter Grund auch für Gesunde, die Gegend zu besuchen. Seit 1978 steht das Holz unter Naturschutz, vor allem des seltenen Schreiadlers wegen. Doch die Waldbewirtschaftung mit Entwässerung und Einbau standortfremder Baumarten ist den „Pommernadlern“ nicht bekommen. Fünf Paare brüteten damals im Holz, heute ist es nur noch eines, bei einem weiteren besteht Brutverdacht.
Übertragung von der Treuhand
Nach dem Zusammenbruch der DDR kam ein Großteils des Karlsburger Holzes aus früherem Staatsbesitz zum Treuhandvermögen und stand schließlich zur kostenlosen Übertragung an. Der NABU Mecklenburg-Vorpommern bewarb sich 2004 erfolgreich darum und kaufte zur Abrundung weitere elf Hektar hinzu. Die notwendigen Mittel schoss die NABU-Stiftung Nationales Naturerbe vor.
Inzwischen konnte das Darlehen bereits wieder zurückgezahlt werden. „Dank intensiver Öffentlichkeitsarbeit in der Region haben wir zahlreiche Zuwendungen erhalten, sogar eine Großspende über 10.000 Euro“, freut sich NABU-Landeschef Stefan Schwill, zugleich Vorsitzender des Kreisverbandes Greifswald. „Ein schöner Nebeneffekt: Wir konnten dabei die Mitgliederzahl in der Region deutlich auf nun über 600 steigern.“
Mäusejagd zu Fuß
Neben dem Schreiadler brüten im Holz unter anderem auch Mittelspecht, Waldwasserläufer und Kranich, beide Milanarten und der Zwergschnäpper. Der Biber hat sich ebenfalls dauerhaft angesiedelt.
Der Schreiadler aber ist und bleibt der Star im Karlsburger Holz. Und Stars stellen Ansprüche. 60 Hektar feinsten Laubwaldes mit viel Altholz sollte das Brutrevier möglichst umfassen. Feucht muss es sein und vor allem ungestört. Im Revier legt das Schreiadlerpaar gleich mehrere Horste an, wobei der eigentliche Brutplatz manchmal noch unmittelbar vor der Eiablage gewechselt wird. Zur Nahrungsaufnahme wiederum bevorzugen Schreiadler kurzgrasige Feuchtwiesen, wo sie nicht im Sturzflug, sondern meist zu Fuß auf Wühlmäuse- und Fröschejagd gehen.
Genaue Inventur
Gleich nach der Übernahme ging der NABU an eine Bestandsaufnahme der 240 Hektar Eigenflächen. Mehr als 50 Aktive beteiligten sich an der detailgenauen Erfassung von Waldgesellschaften, Baumartenverteilung und Altholzanteilen sowie der Vermessung markanter Einzelbäume. „In dem enorm kleinteilig strukturierten Wald hat das viel Zeit gekostet und viel Kraft, aber auch viel Spaß gemacht“, resümiert Stefan Schwill.
Zudem untersuchten anlässlich des „Tages der Artenvielfalt“ zahlreiche Tiergruppen-Spezialisten das Karlsburger und Oldenburger Holz. In dem daraus resultierenden Schutzkonzept wurde festgelegt, welche Parzellen komplett sich selbst überlassen werden, welche schonend weiterbewirtschaftet werden, wo vernässt werden soll und wie die Besucherlenkung aussehen soll.
Bäumchen wechsle dich
Unterstützt vom staatlich bestellten Schreiadlerkoordinator Wilfried Starke geht der NABU jetzt daran, das Holz für den Pommernadler zu optimieren. Der Waldumbau in Eigenregie hat bereits begonnen. „Wir wollen uns schleunigst von den importierten Forstbaumarten wie Roteichen, Douglasien und Sitka-Fichten trennen“, sagt Stefan Schwill. Gefördert werden dagegen Ulmen- und Eschenpartien sowie die Erlenbrüche. Entwässerungsgräben sollen gestaut werden, um sowohl Wald- wie auch Wiesenflächen wiederzuvernässen. Weitgehend reibungslos funktioniert hierbei bisher die Zusammenarbeit mit den anderen Kleinwaldbesitzern. „Gelegentlich werden uns sogar weitere Stücke zum Kauf angeboten“, so Schwill.
Ohnehin einen guten Draht hat der NABU zu den Unteren und Oberen Naturschutzbehörden, die das Karlsburger Holz als Modellprojekt „unterstützen, wo sie nur können“. So werden auch Kompensationsmaßnahmen für Eingriffe in die Fläche gelenkt, das geht bis hin zum Flächenkauf und der mittelfristigen Sicherung der Wiesenpflege. Die Hilfe nimmt der NABU gerne an, schlägt doch alleine schon der Flächenbesitz an sich Jahr für Jahr mit mehreren tausend Euro für Grundsteuer, Verkehrssicherungspflicht oder die Abgaben an den Wasser- und Bodenverband zu Buche.
Ab jetzt bleifrei
Das Karlsburger Holz ist reich mit Rot- und Damhirschen, Rehen und Wildschweinen ausgestattet, auch Waschbären und Marderhunde tummeln sich. Der NABU hat sich aber entschieden, die Jagd nicht zu verpachten, sondern als Eigenjagdbezirk zu belassen und jeweils fallweise Lizenzen zu vergeben. „So haben wir es selbst in der Hand, wann, wo und was bejagt wird“, erläutert Stefan Schwill. „Das hat sich sofort bewährt. Störungen werden vermieden und auf alles, was Flügel hat, darf sowieso nicht geschossen werden.“ Auch das Verbot von Bleimunition nach einer Übergangszeit von zwei Jahren – damit die alten Vorräte noch aufgebraucht werden können – ließ sich ohne Probleme durchsetzen.
Helge May
Besonderheiten
– Biber, Fischotter, Bach- und Flussneunauge
– Schreiadler, Rot- und Schwarzmilan, Hohltaube
– regelmäßige Führungen
Karlsburg liegt rund 18 Kilometer südöstlich von Greifswald, auf halbem Weg nach Anklam. Von Berlin aus benötigt man per Zug – hier hält die Usedomer Bäderbahn – und per Auto gleichermaßen knapp drei Stunden.
Infos zum Projekt: NABU-Kreisverband Greifswald, Tel. 0 38 34-79 97 19, info@nabu-greifswald.de.