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NABU fordert ambitionierte Umsetzung der EU-Strategie für ein Schutzgebietsnetzwerk
Durch verschiedene menschliche Einflüsse geht weltweit die biologische Vielfalt der Natur zurück. In dichtbesiedelten Landschaften wie Deutschland ist es deshalb besonders wichtig, zusammenhängende Rückzugsräume für Flora und Fauna zu haben. In solchen Schutzgebieten, die je nach Ziel in unterschiedliche Kategorien eingeordnet werden können, kann sich die biologische Vielfalt in all ihren Dimensionen erhalten oder wiederhergestellt werden. Sie dienen zudem als Quelle und Netz der biologischen Vielfalt für die umliegenden Landschaften.
EU-Biodiversitätsstrategie 2030: Wie steht es um deutsche Schutzgebiete?
In der 2020 verabschiedeten EU-Biodiversitätsstrategie 2030 legt sich die EU ambitionierte, aber auch dringend nötige Ziele für den Schutz der biologischen Vielfalt auf. In Europa soll ein übergreifendes Netzwerk an Schutzgebieten entstehen, welches groß und vielfältig genug ist, um alle schützenswerten Ökosysteme zu bewahren. Auch Deutschland will seinen Teil leisten und 30 Prozent seiner Landesfläche an die EU melden, die diesem Schutzgebietsnetzwerk angerechnet werden sollen. Ein Drittel dieser Gebiete wiederum soll strikt geschützt werden, wonach alle negativ lebensraumverändernden Maßnahmen ausgeschlossen sein müssen.
Viele Schutzgebiete existieren in Deutschland nur auf dem Papier. Was genau an diesen Orten geschützt werden soll ist häufig nicht klar definiert und was dort passiert, wird meist nur unzureichend kontrolliert. Ohne einen guten Plan und klare Ziele ist eine Evaluierung des Erreichten und deren Maßnahmen allerdings schwierig.
NABU-Forderungen
Der NABU fordert deshalb von Politiker*innen, die EU-Biodiversitätsstrategie 2030 zu unterstützen und sich ihrer ambitionierten Umsetzung zu verpflichten. Das umfasst insbesondere eine effektive Zusammenarbeit von Bund, Ländern, Kommunen und gesellschaftlichen Akteuren und eine unverzügliche Etablierung geeigneter Steuerungs- und Umsetzungsstrukturen. Zudem ist eine verbesserte Wirksamkeit des tatsächlichen Schutzes aller bereits bestehenden und neuen Schutzgebiete eine dringende Priorität.
So ist zum Beispiel die Schutzverordnung des Natura-2000-Netzes unzureichend. Es fehlt an konkreten Erhaltungs- und Entwicklungszielen sowie an Rechtsverbindlichkeit zu deren Umsetzung. Hierfür ist eine effektive – wenn nötig durch naturschutzfachliches Management angepasste – Verwaltung erforderlich. Ein Schwerpunkt ist auf Gebiete zu legen, die unter strikten Schutz fallen, wie Moore oder Ur-, Primär- und Altwälder. Letztere sind weitreichend vom Menschen ungestörte, natürliche und ausgereifte Lebensräume.
Europaweites Naturnetz
Ferner fordert der NABU den Schutz von mindestens 30 Prozent der Fläche der EU und eine Integration von ökologischen Korridoren als Teil eines echten transeuropäischen Naturnetzes. Die Natura-2000-Gebiete stellen bereits ein Rückgrat dar, dessen Lücken es zu schließen gilt. Es bietet zumindest einen effektiven Rahmen durch Monitorings und eine noch ausbaufähige rechtliche Handhabung. Eine zusätzliche Ausweitung in harmonisierter Methodik ist allerdings nötig. Ökologische Korridore sind essenziell, um eine genetische Isolation zu verhindern und Migration der Arten zu ermöglichen. Nur so können gesunde und resiliente Ökosysteme erhalten bleiben. Es müssen also Verbindungen zwischen verschiedenen Schutzgebieten hergestellt werden.
Strikter Schutz und Arbeitsteilung zum Erhalt der Biodiversität
Darüber hinaus fordert der NABU strikten Schutz von mindestens einem Drittel der EU-Schutzgebiete, einschließlich aller verbleibenden EU-Primär- und Altwälder. Die Definition des strikten Schutzes muss sich an der IUCN-Management-Kategorie I und den Kernzonen der IUCN-Management-Kategorie II orientieren und auf den Schutz natürlicher Prozesse fokussieren. Nur Aktivitäten, die mit den ökologischen Erfordernissen des Gebiets in Einklang zu bringen sind, dürfen zugelassen werden, zum Beispiel die Wiederherstellung natürlicher Landschaftsstrukturen oder die Wiederansiedlung von Arten. Laut EU-Beschluss sollen solche Gebiete weiterhin durch den Menschen betreten werden dürfen, wenn dadurch natürliche Prozesse nicht gestört werden, beispielsweise für Forschungszwecke.
Was sind Ur- bzw. Primärwälder?
- Urwald und Primärwald: Urwälder sind Wälder, die nicht vom Menschen bewirtschaftet werden oder wurden und sich ungestört von Menschen entwickeln konnten. Primärwald ist ein Synonym und beschreibt den ersten und sich selbstständig auf dieser Fläche entwickelten Wald.
Was sind Sekundärwälder?
- Sekundärwald: Ein Wald, der gewachsen ist, nachdem der Urwald zerstört wurde. Dieser Sekundärwald kann auch durch andauernde Bewirtschaftung entstehen.
Was sind Altwälder?
- Altwald: Mit Altwäldern können sowohl primäre als auch sekundäre Wälder gemeint sein, die Strukturen und Arten entwickelt haben, die normalerweise mit alten Primärwäldern dieses Wald-Typs assoziiert sind und sich damit von Forst-Ökosystemen jüngerer Altersklassen unterscheiden.
Ein besonderer Schwerpunkt muss entsprechend der EU-Strategie auf Gebieten mit sehr hohem Biodiversitätswert oder -potential gelegt werden. Dabei ist entscheidend, alle verbleibenden Primär- und Altwälder der EU zu erfassen, zu überwachen und strikt zu schützen. Darunter fallen primäre und sekundäre Wälder, die Strukturen und Arten entwickelt haben, die normalerweise mit Altwäldern assoziiert werden. Ebenso zählen besonders kohlenstoffreiche Ökosysteme wie Torfgebiete, natürliches Grasland und Feuchtgebiete zu den strikt zu schützenden Gebieten. Außerdem sind zwei Prozent Wildnisgebiete (Wälder mindestens 1.000 Hektar, Auen und Moore mindestens 500 Hektar) vorgesehen.
Abschließend fordert der NABU, die Aufgaben zwischen den europäischen Mitgliedstaaten zu teilen. Nur so können 30 Prozent der europäischen Fläche geschützt werden und zehn davon strikt. Beide Ziele müssen sowohl auf nationaler als auch auf biogeografischer Ebene erreicht und möglichst repräsentativ für die Lebensraumtypen und Ökosysteme sein. Dies bedeutet eine faire Aufteilung der Anstrengung aller Mitgliedstaaten.
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