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Wie Ökowinzer ihren Wein anbauen
Klee und Ringelblumen wachsen hier, dazwischen Dill und Spitzwegerich. Im Weinberg blüht es. Zwischen den Rebzeilen säen Ökowinzer artenreiche Begrünungsmischungen aus, die unzählige Insekten anlocken. „Wir achten auf Artenvielfalt auf den Flächen“, erklärt Ralph Dejas. Er ist Geschäftsführer von ECOVIN, dem größten Verband ökologisch arbeitender Weingüter in Deutschland.
Die reich blühenden Gassen sind nicht nur schön anzusehen, sondern haben auch einen praktischen Nutzen. Insekten wie die Florfliege, Laufspinnen oder verschiedene Käfer halten im Weinberg die Schädlinge in Schach. Auch der Boden profitiert von dem üppigen Bewuchs. Leguminosen wie Klee oder Luzerne bringen den Wachstumsförderer Stickstoff in die Erde. Denn der darf im ökologischen Weinbau nicht einfach über mineralischen Dünger zugefügt werden. Außerdem fördern die Pflanzen den Humusaufbau. Ein humusreicher Boden enthält besonders viele Nährstoffe und kann Wasser sehr gut speichern. „So können wir die Rebe optimal über trockene Phasen im Sommer bringen“, sagt Dejas.
Das Wetter macht Probleme
Und das spielt immer häufiger eine Rolle. Die Winzer bekommen den Klimawandel bereits zu spüren. Insbesondere im regenarmen Rheinhessen haben sie zunehmend mit Trockenphasen zu kämpfen. Dann muss auch schon mal das Grün zwischen den Zeilen weichen, damit es den Reben nicht das Wasser streitig macht. Im Ökoweinbau wird der Bewuchs oft mit speziellen Walzen abgeknickt. Das ist schonender als zu mähen. „Die Pflanzen sterben nicht sofort ab, können oft noch abblühen und samen, sodass eine Mulchdecke entsteht“, erklärt Beate Fader vom Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum des Landes Rheinland-Pfalz. Sie berät Winzer zu Fragen des Ökoweinbaus.
Nicht nur sommerliche Trockenheit macht den Reben zu schaffen. Auch zu viel Feuchtigkeit kann den Ertrag gefährden. „Im vergangenen Jahr hat es Mitte Juni sehr viel geregnet“, so Dejas. Zu dieser Zeit sind die Pflanzen besonders anfällig für den Falschen Mehltau, eine Pilzkrankheit, die den deutschen Winzern große Probleme bereitet. Anders als im konventionellen Weinbau können die Ökowinzer nicht mit chemischen Pflanzenschutzmitteln dagegen vorgehen. Erlaubt sind aber kupferhaltige Mittel, die den Pilz wirksam bekämpfen. Unproblematisch ist auch das nicht. Bei langjähriger Anwendung kann Kupfer verschiedene Bodenorganismen schädigen und das Artengefüge im Boden verändern. Schaut man zurück, sind die eingesetzten Mengen heute aber vergleichsweise gering: Laut Julius-Kühn-Institut, dem Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, waren um 1940 im Weinbau bis zu 50 Kilogramm Kupfer pro Jahr und Hektar üblich. Heute dürfen Ökowinzer maximal drei Kilogramm verwenden. Bei besonders starkem Infektionsdruck wie im vergangenen Jahr sind bis zu vier Kilogramm erlaubt.
Pflanzenschutz möglichst niedrig halten
Trotzdem wäre ein Verzicht auf Kupfer der bessere Weg. „Kupfer ist bestimmt nicht die optimale Lösung“, gibt auch Dejas zu. Aber derzeit haben Ökowinzer einfach nicht die Wahl, weil es keine wirksamen Alternativen gibt. Zu diesem Schluss kommen Wissenschaftler des Staatlichen Weinbauinstituts Freiburg und der Hochschule Geisenheim University in einer gemeinsamen Stellungnahme zu den verfügbaren Mitteln. Sie plädieren dafür, Kaliumphosphonat wieder für den Ökoweinbau zuzulassen. Die Substanz aktiviert die pflanzeneigene Abwehr gegen den Falschen Mehltau. Bis 2013 war sie in Deutschland als Pflanzenstärkungsmittel gelistet und durfte im Ökoweinbau verwendet werden. Dann stufte die EU Kaliumphosphonat als Pflanzenschutzmittel ein. Im ökologischen Anbau ist es bis heute nicht erlaubt. „Mit Kaliumphosphonat konnten wir den Einsatz von Kupfer sehr gut reduzieren“, sagt Dejas, „und vor allem unter den Witterungsbedingungen des vergangenen Jahres haben wir gemerkt, wie schwierig es ohne das Mittel ist.“
Bis auf Weiteres versuchen Ökowinzer, den Kupferverbrauch auf andere Weise so niedrig wie möglich zu halten. Ein Ansatz sind sogenannte Recyclingspritzen, die überschüssiges Spritzmittel auffangen und wieder in den Tank zurückführen. Einige Winzer bauen neue Sorten an, die widerstandsfähiger gegen den Falschen Mehltau sind. „Da braucht man wesentlich weniger Pflanzenschutz und kann in einigen Jahren sogar ganz darauf verzichten“, sagt Dejas. Allerdings gibt es ein Problem: Kaum jemand kennt die neuen Sorten, wie Regent oder Johanniter. Darum lassen sie sich nur schwer vermarkten. Kleine Winzer, die überwiegend an Endverbraucher verkaufen, können die Vorteile im persönlichen Gespräch vermitteln. Beim Vertrieb über den Großhandel ist das schon schwieriger.
Image hat sich gewandelt
Ob Riesling oder Johanniter – auch wenn es um altbekannte Sorten geht, bedient der ökologische Weinbau nach wie vor nur einen Nischenmarkt. Zwar haben sich die Anbauflächen nach Angaben des Deutschen Weininstituts in den vergangenen zehn Jahren verdreifacht. Mit geschätzten 8.000 Hektar bewirtschaften Ökowinzer aber gerade mal acht Prozent der Gesamtrebfläche. Was die Qualität betrifft, hat sich das Image der Ökoweine allerdings gewandelt. Lange Zeit galten sie als ideologisch ambitioniert, aber geschmacklich zweifelhaft. „Heute hat sich das Bild total gedreht, und Bioweinbau ist fast zu einer Art Qualitätsmerkmal für sehr gute Weine geworden“, sagt Carsten Henn, einer der Chefredakteure des Gault&Millau-Weinguide. Das wundert Dejas überhaupt nicht. Schließlich sei das Ausgangsmaterial entscheidend für einen hochwertigen Wein. „Und da sind ökologisch erzeugte Trauben eine sehr gute Basis.“
Ann-Kathrin Marr
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