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Ein Plädoyer für weniger Fleischkonsum



Bratwürste - Foto: Helge May
Irgendwann kommt die Frage immer auf den Tisch: Isst du Fleisch? Dabei gibt es zwei Gruppen, die sofort antworten: die Grillfans, die ohne ihr täglich Fleisch nicht leben wollen, und die überzeugten Vegetarier und Veganer, für die ein Tier nichts auf dem Teller verloren hat. Doch immer mehr Menschen antworten auf die Frage zögerlich. Die einen essen kein rotes Fleisch, die nächsten nur Fisch, die dritten ausschließlich Fleisch vom Bauern ihres Vertrauens.
Während vor Jahrzehnten vor allem der Tierschutzgedanke eine Rolle gespielt hat, gibt es heute viele weitere Gründe, kein Fleisch zu essen. Ein Aspekt ist der gesundheitliche. Vor etwa zwanzig Jahren flimmerten die ersten Bilder von Kühen über den Bildschirm, die kaum noch Herr ihrer Sinne waren. Rinderwahnsinn, BSE und Creutzfeld-Jakob-Krankheit schockierten damals viele und brachten einige dazu, ihren Fleischkonsum zu überdenken. Bestandteile wie Hirn oder Knochenmark verschwanden aus den Metzgereien.
Macht Fleischessen krank?
Inzwischen wissen eigentlich alle, dass ein täglicher Fleischkonsum ungesund ist. Übergewicht, Arterienverkalkung und Schlaganfall stehen in direktem Zusammenhang mit Schnitzel, Aufschnitt und Co. Im Jahr 2015 veröffentlichte die Weltgesundheitsorganisation eine mediale Bombe. Nach der Auswertung von 800 Studien zum Thema Fleischverzehr kam sie zu dem Ergebnis, dass verarbeitetes Fleisch, wie zum Beispiel Wurst, Corned Beef oder Fertigfleischsoßen, als krebserregend einzustufen sind und Fleisch von Rindern, Schweinen und Kälbern als vermutlich krebserregend gilt. Damit befanden sich zig deutsche Gerichte auf einem Niveau mit Zigaretten, Asbest und radioaktiver Strahlung.
Wie hoch ist das Risiko? Einen Zusammenhang konnten die Forscher mit Darmkrebs erkennen. Und auch für Prostata- und Bauchspeicheldrüsenkrebs steigt das Risiko, urteilt das Deutsche Krebsforschungszentrum. Natürlich ist Fleisch nicht per se schlecht wie zum Beispiel Zigaretten. Es liefert Nährstoffe wie Eisen, Vitamine und Eiweiß. Deswegen rät die deutsche Gesellschaft für Ernährung, den eigenen Konsum zumindest auf ein vernünftiges Maß zu beschränken.
Antibiotika auf dem Teller
Generell auf Geflügel auszuweichen, ist auch keine Lösung. Denn Hähnchenfleisch und Putenbrust machen immer wieder durch die Belastung mit Antibiotika Schlagzeilen. Schon bei kleinsten Krankheitsanzeichen verabreichen die Züchter oft Medikamente. Dieser verschwenderische Einsatz von Antibiotika führt dazu, dass diese in der Humanmedizin nicht mehr die Wirkung zeigen, die eigentlich nötig wäre.
Die eigene Gesundheit ist nicht der einzige Grund, seinen Speiseplan zu überdenken. Denn Fleischkonsum wirkt sich ebenfalls auf unsere Umwelt aus. Ein Viertel der eisfreien Oberfläche der Erde wird laut FAO (Food and Agriculture Organization of the United Nations) inzwischen für die Viehwirtschaft genutzt. Im Amazonas fallen immer noch Bäume für die Weidehaltung. Darunter leidet nicht nur die grüne Lunge, sondern auch die Artenvielfalt. Die Tiere stoßen wiederum Kohlendioxid aus, was zum Treibhauseffekt entscheidend beiträgt. Die Viehhaltung ist global für 14,5 Prozent aller Treibhausgase verantwortlich – das ist eine ähnliche Summe wie die des gesamten Transportsektors, also alle Autos, Lastwagen, Schiffe und Flugzeuge zusammen.
Eigener Geldbeutel ist wichtiger
Es folgt eine Kettenreaktion. Durch die steigende Futtermenge entstehen Monokulturen, die zu einer verstärkten Bodenerosion führen. Die benötigen mehr Wasser und Dünger, der wiederum die Böden belastet. Der steigende Bedarf an Futtermitteln führt noch zu einem weiteren Problem. Da sich Mensch und Tier von Soja, Weizen und Mais ernähren, steigen die Preise für diese Grundnahrungsmittel, die ärmere Länder sich nicht mehr leisten können.
Hinzu kommt der ethische Aspekt. Wer einmal heimlich gefilmte Bilder aus deutscher Massentierhaltung gesehen hat, dem müsste eigentlich der Appetit vergehen. Tausende Tiere vegetieren vor sich hin, auf Beton, ohne Tageslicht und Bewegungsfreiraum. Doch an der Supermarktkasse scheint den meisten der eigene Geldbeutel wichtiger als das Lebensglück eines Tieres.
Weniger ist mehr
Vegetarier und Veganer fühlen sich durch all dies bestätigt. Zu Recht. Keinem tut der Fleischkonsum gut. Nicht dem Menschen, nicht der Umwelt und den Tieren schon gar nicht. Trotzdem ist es utopisch, zu glauben, dass die Menschheit in naher Zukunft darauf komplett verzichten wird. Dazu ist die Esskultur der westlichen Welt jahrtausendelang zu sehr vom Fleischkonsum geprägt worden. Doch die über 80 Kilo im Jahr, die wir Deutschen pro Kopf vertilgen, sind eindeutig zu viel. Dabei empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung, nicht mehr als 300 bis 600 Gramm Fleisch und Wurst pro Woche zu essen. Das entspricht immer noch einer Jahresmenge zwischen 15 und 31 Kilogramm.
Weniger essen und dabei auf regionale und Bioprodukte achten: Damit sterben zwar immer noch Tiere für unseren Genuss, aber wenigstens verbrachten Kühe, Schweine und Hühner ihr Leben in besseren Umständen. Und wer weiß – wer einmal anfängt, bewusst weniger Schnitzel, Gulasch und Wurst zu essen, für den ist der Schritt zum Vegetarier schon ein Stück kleiner geworden.
Katharina Schönwitz. "Naturschutz heute", 2017.
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