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Jetzt informieren!Glasscheiben: Millionenfache Vogelkiller
Tipps gegen Vogelschlag




Singdrossel nach Aufprall an Verandafenster - Foto: Anette Wolff
Nach der besten aktuell verfügbaren Schätzung sterben allein in Deutschland jedes Jahr mindestens 100 Millionen Vögel durch die Kollision mit Glasscheiben an den Fenstern von Wohnhäusern oder Wintergärten, an Glasfassaden von Bürogebäuden und an verglasten Schallschutzwänden oder Bushaltestellen. Grund ist ein tödlicher Irrtum: Vögel erkennen Glasflächen oft nicht als Hindernis – sie sehen nur die Landschaft, die durch das Glas scheint oder sich darin spiegelt. Dann prallen sie mit hoher Geschwindigkeit gegen die gläsernen Fronten, brechen sich das Genick oder ziehen sich eine tödliche Gehirnerschütterung zu.
Nicht jede Glasscheibe ist dabei gleich gefährlich. Es gibt grundsätzlich drei Faktoren, die eine Glasscheibe zu einer Vogelgefahr machen:
- 1. Durchsicht: Diese ist gegeben, wenn eine Glasscheibe einen ansonsten scheinbar freien Flugweg blockiert. Bei Häusern entsteht diese bei Verglasungen über Eck oder wenn durch ein zweites Fenster an der Rückwand eine Durchflugsmöglichkeit suggeriert wird. Auch bei verglasten Bushaltestellen oder Lärmschutzwänden besteht Durchsicht.
- 2. Spiegelung: In spiegelnden Glasfronten sieht ein Vogel die Umgebung vor dem Fenster, also Vegetation oder den freien Himmel und versucht dorthin zu fliegen.
- 3. Beleuchtung: Abends und nachts sind von innen beleuchtete Scheiben eine Gefahr. Gerade nachts ziehende Vögel werden von den Lichtern angezogen, ohne dass sie die Scheiben erkennen können.
Untersuchungen aus den USA, die sich offensichtlich auch auf Deutschland übertragen lassen, führen zu einer Schätzung von etwa zwei Glasopfern pro Jahr bei Einfamilienhäusern. Wesentlich mehr Vögel sterben an größeren Gebäuden mit häufig großen Glasflächen, wie Turnhallen, Schulen, Büro- und Verwaltungsgebäuden. Dazu kommen einige besonders gefährliche verglaste Hochhäuser wie etwa der Post-Tower in Bonn, die für eine hohe Zahl an Vogelkollisionen bekannt sind. Zusammengenommen ergeben sich daraus mind. 100 Millionen Glasopfer pro Jahr in Deutschland. Diese Zahl muss in Relation gesetzt werden zu den mind. 500 Millionen Vogelindividuen, aus der heimischen Brutpopulation (einschließlich Jungvögel) und weiteren bis zu 500 Millionen Zugvögeln, die unser Land besuchen.
Es wird insgesamt deutlich, dass der Faktor Glas für die Vogelpopulationen Deutschlands und Europas eine sehr hohe Relevanz als Sterblichkeitsfaktor besitzt und möglicherweise jedes Jahr zum Tod von fünf bis zehn Prozent aller Vögel führt. Er ist zwar für einige Vogelarten, die den menschlichen Siedlungsraum meiden, weitgehend irrelevant, etwa für den den Kranich, die Mehrzahl der Greifvogelarten und die meisten Wasservögel. Zudem sind zumeist individuenstarke Kleinvogelarten betroffen und häufig Jungvögel, die kurz nach dem Ausfliegen ohnehin eine hohe Sterblichkeit besitzen. Dennoch gibt es Vogelarten, die durch Vogelschlag an Glas möglicherweise einer überproportional starken Mortalität unterliegen (zum Beispiel Habicht, Sperber, Waldschnepfe, Eisvogel), und bei ohnehin abnehmenden Vogelarten ist jeder zusätzliche Gefahrenfaktor relevant.
Unter allen menschgemachten Todesursachen für Vögel in Deutschland steht damit nach absoluten Zahlen der Glastod an der Spitze. In ähnlicher Größenordnung bewegt sich lediglich der Verlust durch Hauskatzen, der ein ähnliches Spektrum der Vogelwelt betrifft. Straßenverkehr, Stromleitungen, Windräder oder die Jagd sind andere menschgemachte Gefahren, denen zwar weniger Vögel zum Opfer fallen, dabei aber selektiv eher größere und seltenere Arten betreffen.
Besonders gefährlich sind blank geputzte Glasfronten und solche in der Nähe von Gärten, Waldrändern und Flüssen – dort, wo sich besonders viele Vögel aufhalten und sich attraktive Vegetation in den Scheiben spiegeln kann. Wie viele Vögel tatsächlich Opfer der unsichtbaren Fallen werden, bemerkt der Mensch nicht. Katzen, Marder oder Füchse machen sich schnell über die verunglückten Vögel her, so dass kaum Spuren zurückbleiben. Außerdem wirken nicht alle Kollisionen unmittelbar tödlich, und manche Vögel sterben erst dann an inneren Verletzungen, wenn sie den unmittelbaren Fensterbereich bereits verlassen haben. Bessere Indikatoren für die Zahl der verunglückten Vögel sind die Abdrücke des Federkleids auf den Scheiben, die nach einer Kollision zurückbleiben.
Angesichts der bereits jetzt extrem hohen Zahl an Glas verunglückender Vögel und einer weiter zunehmenden Zahl an Gebäuden, insbesondere solchen in moderner Glasbauweise, müssen dringend Maßnahmen zur Vermeidung von Glastod getroffen werden, von privaten Hausbesitzern genauso wie von Firmen und der öffentlichen Hand. Im Prinzip ist ein durch Glasscheiben hervorgerufenes signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für Vögel gar ein Verstoß gegen die Artenschutzregelung des §44 des Bundesnaturschutzgesetzes und damit verboten. Es gibt derzeit Überlegungen, wie dieses Tötungsverbot, das bei Planungen von Straßen oder Windkraftanlagen bereits heute eine wichtige Rolle spielt, sinnvoll auch auf die Vogelschlagproblematik an Glas übertragen werden kann, um besonders gefährliche Neubauten zu verhindern und Verbesserungen an bestehenden überdurchschnittlich gefährlichen Gebäuden zu erreichen.
Welche Maßnahmen den Vogelschlag an Glas verhindern können, haben wir hier zusammengestellt. Eine sehr informative Broschüre der Schweizerischen Vogelwarte zum Thema Vogeltod an Glasflächen können Sie hier als PDF herunterladen.
Es gibt viele menschengemachte Objekte, die einem fliegenden Vogel den Weg verstellen können. Besonders gefährlich für die Tiere ist Glas, denn es ist unsichtbar und zahlenmäßig wohl die bedeutendste menschgemachte Todesursache von Vögeln in Deutschland. Dabei wäre dieser tragische Tod leicht zu vermeiden. Mehr →