Am Unteren Niederrhein ist ein wichtiges Brutgebiet für den stark gefährdeten Kiebitz – doch auch hier lauern viele Gefahren. Bitte helfen Sie dabei, die Kinderstuben des kleinen Vogels zu schützen!
Jetzt spenden!„Der Vogelzug hält jedes Jahr Überraschungen bereit!“
NABU-Vogelexperte Eric Neuling im Interview
Herr Neuling, schon als kleiner Junge haben Sie Vögel beobachtet und waren fasziniert vom alljährlichen Vogelzug. Seit mehr als 20 Jahren wohnen Sie dem Schauspiel bei. Wo halten Sie am liebsten Ausschau nach Zugvögeln?
Der Einflug von Kranichen und Gänsen zum Sonnenuntergang an der Ostseeküste der Halbinsel Darß-Zingst ist einmalig. Ein ähnlich tolles Spektakel kann man am Wattenmeer beobachten, wenn große Trupps von Strandläufern und Austernfischern durch die Luft schwirren. Aber auch in gebirgigen Lagen locken Seen und Talsperren viele ziehende Wasservögel an und selbst in der Stadt beobachte ich gern die Staren- und Krähenschwärme, wenn sie sich zum Schlafen niederlassen.
Wenn wir uns in die Natur begeben zur Vogelzugbeobachtung, worauf sollten wir achten und wann ist die beste Zeit dafür?
Am besten beobachtet man von einem erhöhten oder exponierten Standort. Da Zugvögel ihre Flughöhe nicht verändern, nur weil ein Hügel vor ihnen liegt, ist man dort näher an den Vögeln dran. Dadurch bekommt man sie überhaupt erst mit und erkennt sie auch besser. Während der Hauptzugzeit ist bei guter Sicht eigentlich jede Tageszeit erfolgversprechend. Besonders Kraniche, Finken, Schwalben, Lerchen oder Saatkrähen fliegen tagsüber, andere Arten wie Stare, Drosseln oder Watvögel bekommt man jedoch kaum zu sehen, da sie überwiegend nachts ziehen. Hier hat man an den Rastplätzen der Vögel bessere Beobachtungschancen.
Braucht man unbedingt ein Fernglas zum Erblicken der ziehenden Vogelarten?
Wenn man sicher bestimmen möchte, welche Art gerade über einen fliegt, ist ein Fernglas unentbehrlich. Denn meist sind die Vögel doch zu weit weg oder die Bewegung im Flug erschwert das Erkennen einschlägiger Merkmale mit bloßem Auge. Manch ein Profi kann viele Zugvögel aber auch anhand ihrer Flugrufe, mithilfe derer sie sich untereinander austauschen, identifizieren.
Jedes Jahr hält der Vogelzug auch Überraschungen bereit. In vergangenen Jahren ließen sich sehr viele Rotfußfalken und Steppenweihen beobachten, die in Deutschland sonst nur vereinzelt auftreten. Rechnen Sie auch mit Besonderheiten in diesem Jahr?
Tatsächlich birgt jedes Jahr eine neue Überraschung. Der Grund dafür ist, dass sich die Verfügbarkeit von Nahrungsquellen, der Bruterfolg oder auch Witterungsverhältnisse im Brutgebiet oder auf dem eigentlichen Zugweg der jeweiligen Vogelart von Jahr zu Jahr unterscheiden. Es ist schwer vorherzusagen, welche der Faktoren bei einer Art so durchschlagen, dass sie deutlich häufiger oder an ungewöhnlichen Orten auftreten. In diesem Frühjahr hatten wir zum Beispiel einen sehr starken Zuzug von bei uns sehr seltenen Sumpfohreulen, die dann sogar zur Brut geschritten sind. Zum Herbstanfang werden in diesem Jahr wieder vermehrt Beobachtungen von Steppenweihen, Mornellregenpfeifern und Rotfußfalken gemeldet. Wir bleiben gespannt.
Jeder, den Tierwanderungen und Zugvögel faszinieren, sollte am Birdwatch-Wochenende oder auch sonst an einer Zugvogelexkursion teilnehmen!
Muss ich Vorkenntnisse in der Vogelkunde haben, um an einer geführten Vogelexkursion des NABU teilzunehmen?
Nein, jeder, den Tierwanderungen und Zugvögel faszinieren, sollte am Birdwatch-Wochenende oder auch sonst an einer Zugvogelexkursion teilnehmen. Als Laie nimmt man oft gar nicht wahr, dass dort über einem gerade Vogel aus Sibirien oder Norwegen unterwegs sind, die tausende Kilometer bis Marokko oder Äthiopien zurücklegen. Oder auch, dass sich zwischen Raben- und Nebelkrähen im nahen Stadtpark auf einmal die verwandten Saatkrähen aus Osteuropa hinzugesellt haben, fällt oft erst auf, wenn einen jemand darauf hinweist.
Sie als Experte wissen sehr viel über die heimische Vogelwelt und betrachten vieles aus fachlicher und rationaler Sicht. Können Sie sich nach so vielen Beobachtungen noch für den Vogelzug begeistern?
Die Begeisterung für den Vogelzug ist geblieben, denn es ist immer wieder erstaunlich, wie große Vögel wie Störche und Gänse, aber auch ganz kleine wie Fitis und Nachtigall eine so strapazierende Reise auf sich nehmen, um überleben zu können und sich dabei anhand von Flussverläufen, Sternen und innerem Kompass orientieren. Gleichzeitig betrachte ich es mit Sorge, dass von dieser Reise immer weniger Vögel zurückkehren. Denn die Gefahren auf dem Zug haben zugenommen: Wie bei uns wird auch die Landnutzung in Afrika und Südeuropa immer intensiver. Dadurch verschwinden wichtige Rastplätze und Überwinterungsgebiete verändern sich. Der Klimawandel führt dazu, dass sich die Sahara ausdehnt und die knapp bemessenen Fettreserven jener Vögel, die sie auf dem Zug überqueren müssen, nicht ausreichen. Im Mittelmeerraum werden zudem viele Zugvögel noch immer geschossen oder als Delikatesse, mit Leimruten oder in hunderte Kilometer langen Netzen an der ägyptischen Küste, gefangen.
Haben Sie eine Lieblingsvogelart, mit der Sie etwas verbinden?
Es ist ein wahres Naturschauspiel, wenn tausende Stare ihre synchronen Flugmanöver am Himmel darbieten, wie eine lebende Wolke, die ständig ihre Form verändert. Der Star überwintert in Italien und anderen südeuropäischen Ländern, wo man die größten „Flugshows“ beobachten kann.
Welche Veranstaltung können Sie uns ans Herz legen?
Der inzwischen größte Kranichrastplatz befindet sich beim Storchendorf Linum in Brandenburg. Dort rasten von September bis November jedes Jahr inzwischen 60.000 bis 100.000 Kraniche gleichzeitig. Die Führungen dort sind gut besucht, daher sicherheitshalber vorher anmelden und früh da sein. Hier finden Sie alle Information für die morgendlichen und abendlichen Kranich-Führungen am Wochenende.
Außerdem stellt der Fotograf Dieter Damschen alljährlich seine spektakulären Kranich-Fotografien in der NABU-Storchenschmiede aus, die es lohnt neben dem Live-Vogelzug anzuschauen.
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