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NABU fordert Schutz für die Champagner-Bratbirne
18. Mai 2005: "Hergestellt aus der Champagner-Bratbirne" - diese Angabe darf auch in Zukunft auffällig auf Etiketten von Birnenschaumwein gemacht werden. So lautet die Kernbotschaft eines Gutachtens, das der NABU zur Klage der französischen Champagner-Industrie gegen den schwäbischen Gastronom Jörg Geiger vorgelegt hat. Morgen wird sich der Bundesgerichtshof in Karlsruhe bereits in dritter Instanz mit diesem Rechtsstreit beschäftigen. Hintergrund ist der systematische Versuch der französischen Champagner-Industrie, in Frankreich sowie weiteren Ländern wie Deutschland alle Produktbezeichnungen zu verbieten, die auch nur scheinbare Verwandtschaft mit dem Wort Champagner aufweisen.
Das Gutachten des Streuobst-Experten Dr. Markus Rösler widerlegt zentrale Argumente der französischen Champagnerindustrie: "Der vollständige Sortenname der Champagner-Bratbirne ist charakteristisch und erforderlich, um sich gegenüber anderen sortenreinen Produkten abzuheben. Und dies schon hundert Jahre länger als es das Champagner-Verfahren gibt", so NABU-Präsident Olaf Tschimpke.
Jeder Verbraucher habe das Anrecht zu wissen, woraus ein Produkt besteht, das er kaufen möchte. Das gelte auch für Birnenschaumwein aus der Champagner-Bratbirne. Die Klage der Champagnerindustrie widerspreche grundlegenden Verbraucherrechten. Es sei widersinnig, dass die EU einerseits vorschreibe, auf wie viel Quadratzentimetern detailliert Angaben zu Zutaten in Lebensmitteln zu machen sind, die Champagnerindustrie aber versuche, Informationen zu Zutaten aufs Rückenetikett der Flaschen zu verbannen oder ganz zu verhindern.
Nach NABU-Einschätzung werde durch die Klage der Champagnerindustrie darüber hinaus die von Frankreich und Deutschland 1992 in Rio de Janeiro unterzeichnete Konvention zur Erhaltung der Biologischen Vielfalt konterkariert. Nach dieser Konvention haben sich die unterzeichnenden Staaten dazu verpflichtet, die Vielfalt an Pflanzensorten - und damit auch Birnensorten - zu erhalten. Sortenreine Produkte wie Champagner-Bratbirnen-Schaumwein führten dazu, dass die Bewirtschafter der Streuobstwiesen mehr Geld für ihre Arbeit erhalten: Die Produzenten sortenreiner Produkte zahlen höhere Preise für Sorten wie die Champagner-Bratbirne. Diese Aufpreisvermarktung im Streuobstbau ist gerade in Deutschland im Vergleich zu allen anderen europäischen Ländern modellhaft entwickelt. "Der NABU unterstützt diese Aktivitäten bundesweit sogar durch ein eigenes Qualitätszeichen für Streuobstprodukte - und wir haben mittlerweile auch Anfragen aus Frankreich", so Tschimpke.
Darüber hinaus wies der NABU-Präsident auf die europaweite Bedeutung der Streuobstwiesen genau im Umfeld des beklagten Gastwirts Jörg Geiger hin: Das Voralbgebiet, aus dem Jörg Geiger seine Champagner-Bratbirnen bezieht, wurde als einziges Streuobstgebiet in Europa von BirdLife International aufgrund seiner international bedeutenden Vorkommen seltener streuobsttypischer Vogelarten wie Wendehals, Steinkauz und Halsbandschnäpper in das weltweite Netz der "Important Bird Areas" aufgenommen. "Das Ansinnen der französischen Champagnerindustrie hätte zum Ergebnis, dass eine deutliche Verbraucherinformation über ein Streuobstprodukt aus einem Gebiet europäischer Bedeutung verhindert wird", so Tschimpke. Dieses Ansinnen müsse der Bundesgerichtshof Ansinnen aus Gründen des Verbraucher- und Naturschutzes eindeutig ablehnen.