8 Hektar junger Eichenwald stehen am Tollensesee zum Verkauf. Genau jetzt zum Fest. Wenn wir sie gemeinsam erwerben, kann er sich zum für alle Zeit ungestörten, artenreichen Urwald entwickeln.
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Infrastrukturplanung muss Klima- und Umweltschutz in den Mittelpunkt stellen
November 2022 - Früher Klassenbester, jetzt Problemfall, so lässt sich Deutschlands Klimabilanz zusammenfassen. Gerade der Verkehrssektor bereitet Sorgen, denn er ist der einzige Bereich, in dem die Emissionen seit Jahren nicht sinken. Satte 20 Prozent der deutschen Treibhausgasemissionen verursacht der Verkehr. Allein 148 Millionen CO₂-Äquvialente wurden im Jahr 2021 durch den Verkehr verursacht. Um die Klimaschutzziele der Bundesregierung zu erreichen, dürften im Jahr 2030 höchstens noch 85 Millionen Tonnen CO₂-Äquvialente ausgestoßen werden. Davon sind wir im Moment weit entfernt.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) musste 2022 „Sofortprogramm für den Verkehr“ vorlegen. Aber trotz Nachbesserungen reichen die mickrigen Maßnahmen nicht aus. Aber es kommt noch schlimmer: Trotz der Klimaschutzlücke im Verkehrsbereich sieht der aktuelle Bundesverkehrswegeplan den Bau von ungefähr 850 km neuer Autobahnen vor.
Damit der Verkehr im Klimaschutz nicht länger hinterherhinkt, muss auch die zugehörige Infrastruktur in Deutschland zukünftig völlig anders geplant werden. Statt weitere Autobahnen und Bundesstraßen zu bauen, müssen wir uns darauf konzentrieren, die gesamten Verkehrsinfrastruktur zu sanieren und zu erhalten. Wir brauchen statt eines Bundesverkehrswegeplans einen Bundesmobilitätsplan 2040, der sich an Nachhaltigkeitszielen ausrichtet, alle Verkehrsträger einbezieht und alle verkehrspolitischen Maßnahmen integriert. Gleichzeitig brauchen wir einen Neubaustopp für alle neu geplanten Autobahnen.
Flächenfraß auf Kosten natürlicher Lebensräume
Jeden Tag werden in Deutschland noch immer rund 54 Hektar als Siedlungs- und Verkehrsflächen zersiedelt, zerschnitten oder asphaltiert. Dies entspricht einem Flächenverbrauch von rund 76 Fußballfeldern.
Einer der großen „Flächenfresser“ ist der Verkehr. Aktuell macht die gesamte Verkehrsfläche in Deutschland bereits fünf Prozent der Bodenfläche Deutschlands aus. Dadurch gehen natürliche Lebensräume verloren, Landschaftszerschneidung und Bodenversiegelung nehmen zu. Massive Bodenversiegelung hat unmittelbare Auswirkungen auf den Wasserhaushalt: Zum einen kann Regenwasser weniger gut versickern und zum anderen steigt das Risiko für örtliche Überschwemmungen, da die Wassermassen zum Beispiel nach Starkregen nicht aufgefangen werden können. Auch das Kleinklima wird durch die fehlende Wasserverdunstung negativ beeinflusst.
Der ehemalige Topmanager Daniel Goeudevert sagte einmal: „Wer Straßen baut, wird Verkehr ernten“. Neue Straßen verursachen auch mehr Verkehr. Damit entlasten sie die Verkehrssituation nicht. Sondern auf den neuen Straßen entstehen neue Staus. Mit steigendem Verkehrsaufkommen wachsen zudem Energieverbrauch und Kosten für den Erhalt der Infrastruktur.
Hinzu kommt: Der Bau neuer Fernstraßen und Ortsumgehungen zerstört unberührte Wälder, Moore und Wiesen. Die Lebensräume von Wild- und Kleintieren sowie Insekten werden durch unsere Verkehrsnetze zerschnitten. Das schränkt den Bewegungsradius von Arten oftmals massiv ein und verursacht bei den Tierwanderungen viele tödliche Unfälle durch Autos und LKWs. Gleichzeitig führt die Zerschneidung der tierischen Lebensräume dazu, dass es keine Auswege aus den verbliebenen Rückzugsorten gibt. Mit der Konsequenz, dass zwischen den Populationen kein gebietsübergreifender Austausch mehr stattfinden kann. Das führt langfristig unter anderem zu genetischer Verarmung.
Der NABU fordert:
- Keine neuen Fernstraßen bauen. Das betrifft sowohl die Planung als auch die Umsetzung. Das verschafft uns Zeit, die Planungen der Verkehrswege und des Infrastrukturbedarfs anzupassen, um die Umwelt- und Klimaschutzziele einzuhalten.
- Keine neuen Fernstraßen planen. Das bedeutet: Es werden keine neuen Planfeststellungsverfahren eingeleitet. Auch laufende Planfeststellungsverfahren werden ausgesetzt und auf den Bau fertig geplanter Bundesfernstraßen wird verzichtet, bis der tatsächliche Bedarf an Verkehrsinfrastruktur überprüft wurde.
- Schluss mit überflüssigen Straßen, die die Natur zerstören. Mit dem aktuellen Bundesverkehrswegeplan wird ein klima- und naturfeindlicher Status betoniert. Wir brauchen stattdessen einen Bundesmobilitätsplan 2040, der sich an Nachhaltigkeitszielen ausrichtet, alle Verkehrsträger einbezieht und alle verkehrspolitischen Maßnahmen integriert.
Dialogprozess zum Bundesverkehrswegeplan
Im Koalitionsvertrag wurde im vergangenen Jahr ein Dialogprozess vereinbart, um einen neuen Infrastrukturkonsens bei den Bundesverkehrswegen anzustreben. Ziel ist eine Verständigung über die Prioritäten bei der Umsetzung des geltenden Bundesverkehrswegeplans. Dafür ist eine Öffentlichkeitsbeteiligung mit Verkehrs-, Umwelt-, Wirtschafts- und Verbraucherschutzverbänden vorgesehen.
Um die Vorgaben des Koalitionsvertrags umzusetzen und den Dialogprozess erfolgreich zu gestalten, hat der NABU gemeinsam mit sechs anderen Verkehrs- und Umweltverbänden Anforderungen an den Prozess formuliert. Dazu gehört unter anderem die ergebnisoffene Verständigung der Prioritäten der aktuellen Bedarfspläne nach Umwelt- und Klimakriterien. Wichtig ist den unterzeichnenden Verbänden, dass keine weiteren Fernstraßen gebaut werden, bis der Prozess abgeschlossen ist.
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Die Bundesregierung hat einen lang erwarteten Entwurf vorgelegt, mit welchen Maßnahmen sie die Klimaschutzziele 2030 in allen Sektoren einhalten möchte. Er enttäuscht, insbesondere beim Verkehr. Dort wird eine Lösung ganz verschoben. Mehr →
Die Ausbauziele der erneuerbaren Energien im Erneuerbare-Energien-Gesetz zu erhöhen, war dringend nötig. Es fehlen jedoch Lösungen für einen schnellen und zugleich naturverträglichen Ausbau der Erneuerbaren. Nachbesserungen braucht es auch beim Verkehr, bei Gebäuden und der Windenergie auf See. Mehr →
Der NABU möchte sich als Verband mit rund 2.000 lokalen Gruppen in die Debatte um die Zukunftsfähigkeit ländlicher Räume einbringen und natur- und klimaverträglichen Mobilitätslösungen zum Durchbruch verhelfen. Wie kann die Mobilitätswende fernab der Metropolen gelingen? Mehr →