Am Unteren Niederrhein ist ein wichtiges Brutgebiet für den stark gefährdeten Kiebitz – doch auch hier lauern viele Gefahren. Bitte helfen Sie dabei, die Kinderstuben des kleinen Vogels zu schützen!
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Wenn sich Gartenflüchtlinge in Wald und Flur ausbreiten
Die Schweiz ist ein ordentliches Land, die Müllabfuhr ist bestens organisiert. Die Schweiz ist auch ein reiches Land. Dennoch werden laut Hochrechnungen alleine im Raum Basel Jahr für Jahr 1400 Kubikmeter Gartenabfälle illegal in den Wäldern entsorgt. Das sieht nicht schön aus, das führt örtlich zu Überdüngung und vor allem wachsen an solchen Stellen plötzlich neben Waldpflanzen auch Zier- und Nutzpflanzen aus den Gärten.
Die meisten dieser Arten werden in der „Wildnis“ nicht dauerhaft überleben. Sie sind zu konkurrenzschwach, haben Probleme mit harten Wintern oder bilden mit ihren gefüllten Blüten ohnehin keine Samen aus. Vielleicht wächst irgendwo aus den Abfallhaufen aber auch eine echte Invasionspflanze hervor, vom Kaliber der Kanadischen Goldrute, des Japanknöterich oder des Riesen-Bärenklau.
Kaum mehr einzufangen
Illegale Abfallentsorgung gibt es ebenso bei uns. Ist doch nur Grünzeugs, das verrottet. Die Biotonne ist voll, der Weg zur Kompostierungsanlage zu weit – ab damit ins Gebüsch. Oft dauert es Jahrzehnte, bis sich aus vermeintlich harmlosen Anfängen ein biologisches Problem entwickelt. Haben die Bestände erst einmal eine gewisse Größe erreicht, ist der Prozess kaum mehr aufzuhalten.
Seit der Entdeckung Amerikas 1492 sind in Deutschland laut Bundesamt für Naturschutz rund 1600 Pflanzenarten neu eingeschleppt worden. Von diesen sogenannten Neophyten haben sich immerhin 433 Arten in der freien Natur etabliert, doch nur 38 gelten amtlich als invasiv. Invasionspflanzen sind vor allem extrem vermehrungsfreudig. Riesen-Bärenklau und Goldrute etwa produzieren je Pflanze rund 20.000 Samen, beim Japanknöterich reichen winzige Wurzelstücke, damit sich daraus neue übermannshohe Pflanzen bilden.
Praktisch ist es auch, wenn die Pflanze ihre Nährstoffversorgung quasi selbst mitbringt. Schmetterlingsblütler wie die Robinie entnehmen mit Bakterienhilfe Stickstoff aus der Luft und reichern so den Boden an. Konkurrenz hält sich die Robinie vom Leib, indem sie Wuchshemmer ausströmt.
Wildäsung und Nektarquelle
Der vielzitierte Sprung über den Gartenzaun gelingt kaum einer Art aus eigener Kraft. Meist hilft der Mensch kräftig mit, durch die beschriebenen Gartenabfälle oder durch absichtliches Auspflanzen. Das Spektrum ist groß. So mancher Pflanzenfreund will einfach die Umgebung etwas bunter machen. Viele der Neophyten sind auch nicht aus Gärten entflohen, sondern wurden von Förstern, Jägern oder Imkern angepflanzt, weil sie schnelle Holzernten bringen sollen, wie der Topinambur gerne vom Wild gefressen werden oder wie das Drüsige Springkraut eine üppige Nektarquelle für Honigbienen sind.
An viele Neophyten haben wir uns längst gewöhnt. Das Franzosenkraut zum Beispiel ist gut integriert, nur der Name erinnert noch daran, dass die amerikanische Art einst zu Napoleons Zeit eingeschleppt wurde, angeblich an den Schuhen der Soldaten. Andere Arten treten bisher nur regional auf, führen aber zu erheblichen Problemen. So werden die Sandfluren und Felsformationen an der bekannten Teufelsmauer im Harz inzwischen stark von der Armenischen Brombeere überwuchert, in den noch recht naturnahen Laubwäldern wandern Amerikanische Roteiche und Mahonie ein, im Unterholz wächst der Amerikanische Riesen-Aronstab. Nicht zu vergessen auch hier Riesen-Bärenklau, Drüsiges Springkraut und Staudenknöterich, die mit großem Aufwand bekämpft werden, weil sie die natürlichen Pflanzengesellschaften verdrängen und damit auch unzählige an die heimische Flora angepasste Tierarten. Gerade in den Mittelgebirgen und entlang von vielen Flusstälern sieht es ähnlich aus.
Was bringt der Klimawandel?
Na Ihr habt Probleme, sagt der Klimawandel und lacht. Ja, wuchernde Probleme. Man muss nicht gleich in Panik verfallen und alle „fremdländischen Arten“ aus dem Garten verbannen. Aber auf Arten, deren Ausbreitungspotential bereits bekannt ist, sollten verantwortungsbewusste Gartenbesitzer verzichten. Vor allem dann, wenn die Gärten nahe wichtiger Schutzgebiete liegen. Dazu gehören zum Beispiel Schlitzblättriger Sonnenhut, Bocksdorn und Kermesbeere.
In der Schweiz geht man seit einigen Jahren streng gegen Invasionspflanzen vor, weil dort klimabedingt bereits jetzt mehr Arten Ärger bereiten als bei uns. Aus der Schweiz kommt auch das Prinzip der Schwarzen und Grauen Listen, die das Bundesamt für Naturschutz inzwischen übernommen hat. Arten der Schwarzen Liste müssen aktiv bekämpft werden, auf der Grauen Liste stehen die Arten unter besonderer Beobachtung.
Helge May
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