Neonikotinoide greifen in das Nervensystem von Insekten ein - Foto: Helge May
NABU fordert Verbot von Neonikotinoiden
Gifte bedrohen die biologische Vielfalt massiv
06. Dezember 2017 – In der kommenden Woche beraten Vertreter der EU-Mitgliedstaaten über die Zukunft der ökologisch hoch bedenklichen Nikotinoide und stimmen möglicherweise über deren Zukunft ab. Speziell geht es dabei um die Insektengifte Imidacloprid, Clothianidin und Thiamethoxam. Der NABU fordert die Bundesregierung auf, sich für ein EU-weites Verbot einzusetzen. Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen haben inzwischen nachgewiesen, dass Neonikotinoide Insekten und Vögel hochgradig schädigen. Honigbienen etwa verlieren unter Einwirkung des Gifts ihre Orientierung und können sich schlechter fortpflanzen. Weltweit weisen drei von vier Honigproben Rückstände von Neonikotinoiden auf.
Die Wirkstoffe sind mittlerweile auch im Boden, im Wasser und in der Luft nachgewiesen. Wie ein unsichtbarer Feind haben sich Neonikotinoide in den Ökosystemen angereichert. Sie bedrohen die biologische Vielfalt massiv.
NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller
Der NABU fordert Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt auf, sich für ein Komplettverbot aller Neonikotinoide einzusetzen. Nach dem Glyphosat-Debakel muss Minister Schmidt jetzt unter Beweis stellen, dass er den Schutz von Insekten und Natur nicht vollends aus den Augen verloren hat. Dazu muss er keine weiteren Untersuchungen mehr abwarten, die Faktenlage ist glasklar. Er kann direkt handeln. Der Bundeslandwirtschaftsminister hatte allerdings am Montag in der ARD-Sendung „Hart aber fair“ betont, ein letztes Prüfverfahren der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA abwarten zu wollen.
Teilverbote greifen ins Leere
Bislang hat die EU zur Eindämmung der Neonikotinoide auf Teilverbote gesetzt. Nach Ansicht des NABU ein vollkommen ineffektives Mittel, denn die Teilverbote und Sondergenehmigungen der EU greifen ins Leere. Jahr für Jahr werden weiter große Mengen eingesetzt. Um den Tod von Insekten und Vögeln zu stoppen, ist ein Komplett-Verbot die einzige Lösung.
2013 traten nach einer Bewertung durch die EFSA das erste Mal ernsthafte Zweifel an der Unbedenklichkeit für Honigbienen zu Tage. Daraufhin entschloss sich die EU zu einem befristeten Teilverbot für die drei Wirkstoffe, das jedoch nur für die Saatgutbehandlung von Mais und Raps greift – andere Kulturen können weiterhin mit Imidacloprid, Clothianidin und Thiamethoxam behandelt werden. Auch eine Blattbehandlung durch Spritzung ist weiter möglich.
Auch in Deutschland hat sich seit dem Verbot nur wenig geändert: Von 2013 und 2016 wurden pro Jahr rund 200 Tonnen Neonikotinoide eingesetzt – dies sind rund ein Fünftel aller Insektizide hierzulande. Kaum ein anderes Land der EU setzt so viele Pestizide ein wie Deutschland. Die jetzige und künftige Bundesregierung müssen schnell konkrete Ziele zur Reduktion beschließen. Vor allem müssen bei der Zulassung endlich die Auswirkungen auf die Artenvielfalt berücksichtigt werden.
Wirkstoffe künftig unter Realbedingungen testen
Dass in der EU Neonikotinoide überhaupt zugelassen werden konnten, offenbart die eklatanten Schwachstellen in der Risikobewertung. Der NABU fordert daher, dass Deutschland sogar über ein eventuelles EU-Verbot hinausgeht. So ist ein bundesweites Verbot sämtlicher Neonikotinoide möglich und notwendig – neben den drei genannten sind derzeit noch Acetamiprid und Thiacloprid erlaubt. Darüber hinaus ist ein Verbot auch beim Anbau unter Glas sinnvoll, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Wirkstoffe nach außen gelangen.
Um die Gefahren der Wirkstoffe künftig besser bewerten zu können, muss nach NABU-Ansicht zudem das von EFSA entwickelte „Bee Guidance Document“ verpflichtend zum Einsatz kommen. Dieses sieht einen stufenweisen Bewertungsprozess vor, in dem die Wirkstoffe genaueren Tests unter realen Feldbedingungen unterzogen werden.
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