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Jetzt informieren!EU-Kommission verklagt Deutschland
Grund: Verschwinden von artenreichen Wiesen




Im artenarmen Intensivgrünland haben viele Insekten und Vogelarten keine Chance zum Überleben. - Foto: Helge May
Die EU-Kommission hat am 2. Dezember 2021 verkündet, Deutschland in einem weiteren Naturschutzfall vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu bringen. Es geht um den unzureichenden Erhalt von artenreichen Mähwiesen in Fauna-Flora-Habitat-Gebieten (FFH), die Teil des EU-Schutzgebietsnetzes Natura 2000 sind. Nach EU-Recht darf sich der Zustand der geschützten Arten und Lebensräume in diesen Gebieten nicht verschlechtern. In den deutschen FFH-Gebieten sind jedoch rund 18.000 Hektar Mähwiesen verschwunden. Schuld daran sind die intensive Nutzung, die Umwandlung von Grünland in Acker und , Überdüngung und Pestizideinsatz.
Mähwiesen sind mit ihrer Vielzahl an Kräutern und blühenden Pflanzen ein wichtiger Lebensraum bedrohter Tierarten, wie zum Beispiel den Schmetterlingen Schwalbenschwanz und Heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling. Der NABU drängt seit Jahren darauf, artenreiches Grünland besser zu schützen und dafür eine ausreichende Honorierung für Landwirtinnen und Landwirte bereitzustellen. In den letzten Jahrzehnten sind viele wertvolle Mähwiesen jedoch komplett verloren gegangen oder ihr Zustand hat sich so stark verschlechtert, dass die typischen Pflanzenarten nicht mehr zu finden sind. Bereits im Februar hatte die EU-Kommission Deutschland wegen unzureichendem Schutz der Natura-2000-Gebiete verklagt. Die nun angekündigte Klage geht auf eine NABU-Beschwerde aus dem Jahr 2014 zurück.
Bund und Länder haben dem Verschwinden von artenreichen Wiesen in den vergangenen Jahren tatenlos zugesehen, obwohl diese mit ihrer Artenvielfalt besonders von der EU geschützt sind. Die heutige Ankündigung der EU-Kommission ist ein klarer Appell an die künftige Regierung und an die Länder, das Thema Naturschutz ernst zu nehmen. Deutschland ist nun in der Pflicht, endlich ausreichend Mittel zur Naturschutzfinanzierung zur Verfügung zu stellen und Landwirtinnen und Landwirte bei der angepassten Bewirtschaftung und Pflege der Schutzgebiete zu unterstützen. Die neue Bundesregierung muss endlich einen Aktionsplan Schutzgebiete aufsetzen, damit der Bund zusammen mit den Ländern das Management der Schutzgebiete verbessern und EU-Recht konsequent umsetzen kann.
Jörg-Andreas Krüger, NABU-Präsident
Die bisherigen rechtlichen Schritte seitens der EU
EU-Kommission mahnt Deutschland wegen Grünlandverlust ab
30. Oktober 2020 – Heute hat die EU-Kommission im Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen des Verlusts von EU-weit geschütztem artenreichen Grünland in Natura-2000-Gebieten den Druck erhöht. Diese sogenannte „Begründete Stellungnahme“ zeigt, dass die EU-Kommission die bisherigen Bemühungen Deutschlands zum Schutz dieser Gebiete für absolut unzureichend hält. Das Schreiben ist der letzte Schritt, bevor das Verfahren an den Europäischen Gerichtshof gehen kann. Der NABU hatte 2014 eine entsprechende Beschwerde bei der EU-Kommission eingereicht.NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller kommentiert: „Deutschland gibt sich gerne als Musterschüler, was die Umsetzung von EU-Recht angeht. Hier zeigt sich erneut, dass die Bundes- und Landesregierungen ihre Hausaufgaben nicht einmal ansatzweise erledigen. Und das, obwohl Deutschland wegen der EU-Ratspräsidentschaft von ganz Europa besonders beobachtet wird. Der deutschen Landwirtschaft droht nach dem Desaster im Düngerecht ein weiteres schmerzhaftes, aber leider gerechtfertigtes Urteil des Europäischen Gerichtshofs. Wir brauchen eine Wiederherstellung der verlorengegangenen Grünland-Flächen sowie eine angepasste Bewirtschaftung mit reduzierter Mahd und weniger Düngemitteln. Das muss verbindlich geregelt und kontrollierbar umgesetzt werden.
Damit die Misere der Artenvielfalt nicht zur Misere vieler Betriebe wird, muss Angela Merkel in den laufenden EU-Haushaltsverhandlungen darauf bestehen, dass zehn Prozent aller Mittel für die Wiederherstellung der Biodiversität reserviert werden. Dies ist umso wichtiger, als es derzeit nicht nach einem grundlegenden Systemwandel bei der GAP aussieht, um hierüber betroffene Betriebe zielgerichtet zu unterstützen.“
EU-Kommission leitet Vertragsverletzungsverfahren ein
25. Juli 2019 - Am heutigen Donnerstag hat die EU-Kommission ein offizielles Vertragsverletzungverfahren gegen die Bundesrepublik eröffnet. Und damit die Beschwerde des NABU aus dem Jahr 2014 bestätigt. Grund ist der katastrophale ökologische Zustand unserer Wiesen und Weiden. Vor allem die artenreichen Teile des so genannten Grünlands verschwinden hierzulande in rasantem Tempo. 80 Prozent der Lebensräume auf Wiesen und Weiden sind in Gefahr, 35 Prozent sogar von vollständiger Vernichtung bedroht. Die Folge: Das Insektensterben wird massiv angeheizt.Wiesen und Weiden machen fast 14 Prozent der deutschen Landesfläche aus. Mehr als zehn Prozent von ihnen sind europarechtlich geschützt. Als Kohlenstoffspeicher sind sie im Kampf gegen die Klimakrise unerlässlich, hier leben zudem 40 Prozent aller in Deutschland auf der Roten Liste stehenden Arten. Die Bundesregierung hat nun zwei Monate Zeit, in Brüssel konkrete Lösungen für den besseren Grünlandschutz auf den Tisch zu legen. Andernfalls droht im schlimmsten Fall die Klage vor dem Europäischen Gerichtshof – und mögliche Strafzahlungen in Milliardenhöhe, wie aktuell beim Düngerecht.
Hintergrund
Die deutschen Bundesländer verstoßen nach Ansicht des NABU klar gegen die EU-Naturschutzrichtlinien, weil sie zu wenig unternehmen, um besonders geschützte Lebensräume und Vogelarten zu erhalten. Weil artenreiche Wiesen und Weiden immer mehr verloren gehen, und in der Folge auch Insekten und Vogelarten drastisch abnehmen, hat der NABU im April 2014 Beschwerde bei der EU-Kommission eingelegt.
Eigenen NABU-Studien zufolge werden sogar in Schutzgebieten in großem Stil geschützte Grünlandflächen meist ungestraft untergepflügt und zum Beispiel in Maisäcker umgewandelt. Viele Flächen werden auch durch Düngung, den Einsatz von Pestiziden oder Entwässerung intensiviert und damit ökologisch entwertet. Damit wird ein massenhaftes Artensterben in Kauf genommen – und zwar von den Landratsämtern, aber auch von der Bundesregierung.

Mit dem Verlust von artenreichen Grünlandflächen verliert auch die Uferschnepfe zunehmend ihren Lebensraum. - Foto: Frank Derer
Mittlerweile drohen 40 Prozent aller Grünlandlebensraumtypen vollständig zu verschwinden. Auch einstmals häufige Grünlandtypen mittlerer Nutzung wie blütenreiche Glatthaferwiesen mit Wiesenglockenblumen oder Wiesenmargeriten gehen stark zurück.
Die dramatischen Folgen sind bekannt: Die Bestände von grünlandtypischen Vogelarten wie Kiebitz, Uferschnepfe und Bekassine, die auf extensive Wiesen angewiesen sind, haben sich in den vergangenen 25 Jahren um drei Viertel verringert. Auch die an bestimmte Pflanzenarten angepasste Insektenarten haben in intensiv bewirtschaftetem Grünland keine Chance mehr zu überleben.
Deutschland ist verpflichtet, artenreiches Grünland zu schützen
Dabei haben sich die Mitgliedstaaten der EU mit der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) eigentlich selbst verpflichtet, artenreiche Grünlandlebensräume zu schützen sowie Verschlechterungen nicht zuzulassen. Und auch die von Deutschland mit verabschiedete EU-Vogelschutzrichtlinie schreibt den Regierungen vor, die Bestände aller wildlebenden Vogelarten - und damit auch den gefährdeten typischen Vogelarten des Grünlands, wie Kiebitz, Uferschnepfe und Bekassine - in einem günstigen Zustand zu erhalten.
Dass in Deutschland jedoch genau der gegenläufige Trend zu beobachten ist, beweisen Daten, die die Bundesregierung selbst nach Brüssel gemeldet hat. In seinen Analysen hat der NABU gravierende Verstöße gegen beide Richtlinien festgestellt. Für den NABU ist das ein klarer Fall für eine EU-Beschwerde – notfalls muss Deutschland vor den Europäischen Gerichtshof, damit sich endlich etwas ändert.
Zu betonen ist, dass ein Gerichtsprozess vor dem Europäischen Gerichtshof keinesfalls erstrebenswert ist und nur die letzte Wahl für den Naturschutz darstellt. Um ein aufwändiges Verfahren zu vermeiden, fordert der NABU von Bund und Ländern einen verbindlichen Aktionsplan für das artenreiche Grünland. Darin sollte jeglicher Grünlandumbruch in Schutzgebieten verboten werden. Darüber hinaus ist ein Maßnahmenpaket notwendig, um die Defizite bei Vollzug des Grünlandschutzes durch die Behörden zu beheben. Ferner fordert der NABU einen effektiven nationalen Schutz für die Natura-2000-Schutzgebiete nach EU-Recht sowie eine deutlich stärkere und gezieltere Förderung des artenreichen Grünlands und der Wiesenbrüter über die Förderprogramme von Bund und Ländern.
NABU-Agrarkampagne
Nutzungsintensivierung, Ausräumung der Landschaft, Massentierhaltung, Pestizideinsatz und Überdüngung – all dies hat zu einem massiven Verlust von Artenvielfalt, sowie zur Belastung von Wasser, Böden und Klima geführt. Eine wesentliche Schuld hat daran die Gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP). Mehr →
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Acker und Grünland sind wichtige Lebensräume für viele Tiere und Pflanzen. Doch die Qualität dieser Lebensräume hat sich massiv verschlechtert. Schuld daran ist die anhaltende Intensivierung der Landwirtschaft, die nur noch wenigen Arten Platz bietet. Mehr →
In einem mehrjährigen Projekt haben sich Wissenschaftler Vegetationsaufnahmen aus den 1950ern und 1960ern vorgenommen und rund 1.000 Flächen neu untersucht. Dabei stellten sie fest, dass artenreiches Grünland auf frischen bis feuchten Böden um 85 Prozent abgenommen hat. Heute dominieren artenarme, intensiv gedüngte Grünländer. Mehr →
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