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Jetzt NABU-Mitglied werden!Gute Beobachtungschancen für Kleiber und Haubenmeise
Das schlechte Nahrungsangebot treibt die Waldvögel in die Gärten
20. Dezember 2017 – Viele Naturfreunde stellen sich das „ökologische Gleichgewicht“ als eine fein ausbalancierte Waage vor, ruhig und stabil. Doch oft ist die Natur ganz anders. Es geht ganz schön wild zu – ohne dass der „böse Mensch“ daran schuld wäre. Große Schwankungen etwa bei Tierbeständen vom einen auf das andere Jahr sind daher nicht ungewöhnlich.
Auch für die kommende „Stunde der Wintervögel“ vom 5. bis 7. Januar deutet sich so etwas an. Wir wagen mal die Prognose, dass im Vergleich zur Zählung Anfang 2017 Arten wie Kleiber, Buchfink, Eichelhäher, Hauben- und Tannenmeise dieses Mal erheblich öfter an die Futterstellen kommen werden. Es gibt punktuelle Beobachtungen aus vielen Regionen, die diese Vermutung stützen.
Digitale Hinweise aus der realen Welt
Auch das Internet liefert Hinweise auf Veränderungen in der Natur. So ist in diesem Herbst das Interesse an bestimmten Vogelporträts auf der NABU-Homepage sprunghaft gestiegen, am stärksten bei Haubenmeise und Kleiber. Der Grund ist höchstwahrscheinlich, dass mehr Menschen als sonst diesen Vögeln begegnen und sich deshalb informieren wollen.
Das ist keine Kaffeesatzleserei, das Erleben in der „Offline-Welt“ wirkt sich sofort online aus. Dieser Effekt zeigt sich auch bei anderen jahreszeitlichen Ereignissen, etwa dem Zeitpunkt der Maiglöckchenblüte, dem Einflug von Taubenschwänzchen, der Größe der Schneckenplage im Garten oder dem Zug der Kraniche. Noch besser ist es natürlich, wenn die Naturbegegnungen in konkreten Beobachtungsmeldungen münden, ob ganzjährig beim NABU-Naturgucker oder jetzt im Januar bei der Stunde der Wintervögel.
Die Gründe können vielfältig sein, einer ist offensichtlich: Das Nahrungsangebot im Wald ist aktuell eher bescheiden, Bucheckern, Eicheln, Fichtenzapfen und andere Waldfrüchte machen sich rar. Das Pendel schlägt also zurück, denn zuvor war 2016 war ein sogenanntes Mastjahr mit Früchten im Überfluss. Gartenbesitzer kennen einen ähnlichen Effekt bei Äpfeln oder Birnen. Hier spricht man von Alternanz, wenn sich große und geringe Ernten abwechseln.
Die Tricks der Bäume
Es würde die Bäume nicht nur überfordern, immer Höchsterträge zu produzieren. Dahinter steht auch ein schlauer Trick. Äpfel ebenso wie Buchen, Fichten oder Ahorne bilden die Früchte ja nicht aus, damit es Vögeln, Mäusen oder Eichhörnchen gut geht. Sie pflanzen sich mit den Früchten fort. Bei gleichmäßigem Fruchtansatz könnten sich die Populationen der „Fressfeinde“ darauf einstellen und nur wenige Früchte würden überleben. Die plötzlichen Massenerträge in den Mastjahren überraschen dagegen die Tiere und es können viele Früchte auskeimen.
Müssen wir jetzt mehr füttern, damit die Vögel überleben?
Auch wenn kein Nachwuchs mehr zu versorgen ist, ist der Winter für die Wildvögel keine einfache Zeit. Die einen ziehen deswegen weg in den Süden und die Hiergebliebenen müssen zusehen, wie sie täglich genug Energie tanken. Einige stellen dafür sogar die Ernährung um. Das Schlaraffenland einer Futterstelle wird daher von vielen Arten gerne angenommen, eine ganze Reihe weiterer Arten erreicht man damit allerdings nicht.
Futterstellen sind eine schöne Möglichkeit, den Vögeln nahe zu kommen und sie zu beobachten. Sie erhöhen die Überlebenswahrscheinlichkeit einzelner Vogel-Individuen, mit Futterstellen im Garten lassen sich aber keine Vogelarten retten. Wir können so weder die Verarmung der Landschaft aufgrund der Intensivlandwirtschaft ausgleichen, noch flächendeckend natürliche Schwankungen wie den geringen Fruchtansatz der Waldbäume beseitigen. Letzteres ist auch nicht nötig, die Waldvögel sind nicht in Not. Sie müssen sich dieses Jahr jedoch etwas gründlicher umschauen, um Nahrung zu finden.
Es muss nicht nur an der Nahrungssituation liegen, wenn mehr Vögel in den Garten kommen. Was für den deutlichen Rückgang im Vorjahr galt, ist umgekehrt nun ebenfalls in Betracht zu ziehen: der Bruterfolg im Frühjahr sowie der winterliche Zuzug aus dem Osten und Norden. So gab es 2016 regional wenig Vogelnachwuchs, die Zahl der vorhandenen heimischen Vögel war also tatsächlich kleiner. Und es kamen bei einigen Arten deutlich weniger Wintergäste hinzu, was sich vor allem im Westen und Süden der Republik auswirkte. 2017/18 gilt es auch diese beiden „Stellschrauben“ zu beachten. Es bleibt also spannend. Schauen wir zunächst einmal, ob denn die Prognose tatsächlich zutrifft.
Auffallend wenig Vögel ließen sich in den vergangenen Monaten an Futterstellen blicken. Dass diese Beobachtung flächendeckend zutrifft, bestätigte die Aktion „Stunde der Wintervögel“, an der rund 125.000 Vogelfreundinnen und Vogelfreunde teilnahmen. Mehr →
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