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EU zieht drei Pestizide für zunächst zwei Jahre aus dem Verkehr
29. April 2013 - Zweiter Versuch und wieder Unentschieden – dieses Mal aber mit positiven Auswirkungen für die Umwelt: Wie bereits im März konnten sich die EU-Mitgliedstaaten heute in Brüssel erneut nicht über ein Verbot bienengefährlicher Pestizide einigen. Die Befürworter und die Gegner blockierten sich gegenseitig, keine Seite erzielte eine Stimmenmehrheit. Immerhin stimmte dem Vernehmen nach Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner anders als im März dieses Mal für das Pestizidverbot.
Nach den komplizierten EU-Regularien folgt aus dem Unentschieden im zweiten Anlauf nun grünes Licht für die EU-Kommission – und diese hat ein befristetes Verbot der drei umstrittenen Gifte Clothianidin und Imidiaclopdrid von Bayer sowie Thiamethoxam von Syngenta vorgeschlagen. Zunächst zwei Jahre lang dürfen die Wirkstoffe beim Anbau von Mais, Sonnenblumen, Raps und Baumwolle nicht mehr verwendet werden. Das Verbot sollte ursprünglich ab dem 1. Juli gelten. Wegen der verzögerten Entscheidung kann sich das Inkrafttreten nun um bis zu ein halbes Jahr verschieben, um den Mitgliedstaaten Zeit für die nationale Umsetzung zu geben. Erlaubt bleibt die Verwendung in einigen als „nicht bienenattraktiv“ klassifizierten Kulturen wie Wintergetreide.
Bienen weiter im Pestizid-Nebel
Bundesregierung verhindert ein Verbot sogenannter Neonikotinoide
15. März 2013 - Für Wild- und Honigbienen tödliche Gifte wie Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam dürfen in der EU weiterhin auf zahlreiche Kulturpflanzen ausgebracht werden. Ein Antrag der Europäischen Kommission, den Einsatz entsprechender Pestizide ab dem 1. Juli 2013 für zunächst zwei Jahre zu verbieten, fand im Ständigen Ausschuss für die Lebensmittelkette und die Tiergesundheit (STALUT) keine Mehrheit.
Wie die deutschen Imkerverbände hatte der NABU zuvor an Bundesagrarministerin Aigner appelliert, den Vorschlag der Kommission zu unterstützen. Aus Sicht des NABU wäre das zeitlich befristete Verbot der drei Pestizid-Wirkstoffe ein wichtiger erster Schritt, um Insekten und andere Organismen besser vor den negativen Auswirkungen der Insektizide zu schützen.
Orientierungslosigkeit und Tod
Neonikotinoide sind systemische Insektizide, die als Nervengift auf Insekten wirken. Mit den Pflanzensäften gelangen die Gifte in alle Pflanzenteile und blockieren wichtige Rezeptoren im Hirn von Insekten. Dies führt zur Orientierungslosigkeit und zum Tod der Insekten.
Im EU-Ausschuss enthielt sich Deutschland nun und verhinderte so eine Annahme – angeblich ganz im Sinne der Bienen. „Für Deutschland hätte der Vorschlag der EU-Kommission zur Folge, dass die Saatgutbeizung für Wintergetreide und Mais zur Saatgutproduktion sowie bestimmte Spritzanwendungen wieder ermöglicht würden“, argumentierte das Aigner-Ministerium.
Im gleichen Atemzug wirft das Bundeslandwirtschaftsministerium allerdings der EU-Kommission vor, „wissenschaftlich belegte Erfahrungen zu ignorieren“ und nicht „risikobasiert“ vorzugehen. Dies macht deutlich, dass die Bundesregierung vor allem ein Verbot der Pestizid-Anwendung bei Raps gefürchtet hatte. Imkerverbände und der NABU sind überzeugt, dass der Kommissionsvorschlag ein Meilenstein für den Bienenschutz und insgesamt eine wesentliche Verbesserung des Status Quo in Deutschland wäre. Zudem bleibe es Deutschland weiterhin möglich, über den Kommissionsvorschlag hinausgehende Anwendungsbeschränkungen zu erlassen.
Die Pestizidindustrie hatte enorm Druck gemacht
Die Pestizidhersteller – allen voran das deutsche Unternehmen Bayer Crop Science – hatten den Vorschlag der EU-Kommission scharf kritisiert und sahen die europäische Landwirtschaft und den Arbeitsmarkt gefährdet. So wurde die Sorge vor massiven Ertrags- und Gewinneinbußen bei einem Verzicht auf Neonikotinoide geschürt. Erfahrungen aus Italien zeigen allerdings, dass bei einer Beizung ohne Neonikotinoide die Erträge stabil bleiben und sich gleichzeitig die Bienenvölker erholen.
Die heute zugelassenen Neonikotinoide in Deutschland werden in fast allen Kulturen verwendet: Äpfel, Tabak, Wein, Gemüse, Futter- und Zuckerrüben, Kartoffeln und Raps; ausgenommen sind lediglich Getreide und Mais. Fast flächendeckend ist der Einsatz in der Saatgutbehandlung von Raps, Futter- und Zuckerrüben.
Gefährdung von Vögeln durch Pestizide
Neonikotinoide töten alle Arten von Insekten und somit die Nahrungsgrundlage vieler Vogelarten. Durch den Nahrungsmangel sinkt der Bruterfolg der Feldvögel erheblich, was eine wesentliche Ursache für die Bestandsrückgänge der letzten Jahrzehnte ist.
Der Agrochemiekonzern Syngenta nahm das Scheitern des Pestizid-Verbots in einer ersten Pressestellungnahme „mit Genugtuung zur Kenntnis“. Doch die Freude könnte verfrüht sein: Da im EU-Ausschuss weder eine „qualifizierte Mehrheit“ für noch gegen das Verbot zustande kam, bleiben nun zwei weitere Monate, um doch noch eine Einigung zu erzielen. Bleibt die Blockadesituation bestehen, hat die EU-Kommission zudem die Möglichkeit, die Maßnahmen in Eigenregie einzuführen.