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Auf Entdeckungstour in den Lange-Damm-Wiesen
Nasse Socken und etwas Moorerde an der Hose: Mein Ausflug in das Naturschutzgebiet Lange-Damm-Wiesen bei Strausberg in Brandenburg blieb nicht trocken. Da konnten selbst die geliehenen Gummistiefel nicht helfen. Denn das Gebiet bietet eine erstaunliche Naturvielfalt: Neben Trockenrasen und Laubmischwäldern auch Feuchtgebiete mit vielen Quellen, die die Flächen unter Wasser setzen. Prägend für die Landschaft sind die sogenannten Oser – Hügelrücken, die in der Eiszeit entstanden und kalkhaltig sind.
Mehr Wasser fürs Moor
Ein Grund für das viele Nass ist die im Frühjahr begonnene Renaturierung der Moorflächen. „Für die landwirtschaftliche Nutzung wurden seit dem Ende des 30-jährigen Krieges Entwässerungsgräben angelegt und so trocknete der Torf immer mehr aus“, sagt Gerd Haase, der sich seit 30 Jahren für den Schutz und die Pflege der Langen-Damm-Wiesen einsetzt und mich durch das Gebiet führt. Durch die Renaturierung werden ausgewählte Gräben mit Torf zugeschüttet und so kann das Wasser wieder einen Weg in das Gebiet finden.
Haases Ausführungen zeigen seine Begeisterung für das Gebiet und den Naturschutz: Er zeigt mir Pflanzen, die lange in Brandenburg als ausgestorben galten, und stellt das Weideprojekt vor, das 2001 begonnen wurde. „Da haben wir die ersten Heckrinder gekauft, die für uns die Abweidung der Flächen übernehmen“, erklärt Haase. 80 Hektar des Gebiets – vorwiegend Niedermoorflächen – lässt der NABU-Regionalverband Strausberg/Märkische Schweiz von 40 Heckrindern, knapp hundert Skudden und Pommerschen Landschafen, drei Ziegen und sechs Koniks beweiden. Seit einem halben Jahr sind außerdem drei Wasserbüffel im Beweidungsteam.
„Durch die Pflege haben konkurrenzschwache Pflanzen wie Orchideen eine Chance, sich gegen vorher dominante Arten wie Schilf und Großseggen durchzusetzen“, erzählt Gebietsbetreuer Haase. Außerdem können feuchte Wiesen nicht mit schwerem Gerät gemäht werden, da müsste per Hand gearbeitet werden – ein weiterer Grund, Tiere einzusetzen.
Trotzdem fällt viel Arbeit an, denn auch die Elektrozäune müssen regelmäßig frei geschnitten werden. 5000 Volt sorgen dafür, dass die Tiere nicht weglaufen. Und wenn doch mal ein paar Schafe oder Rinder ausbrechen, dann muss Gerd Haase die Tiere wieder einfangen. „Wir gehen regelmäßig zu den Tieren, damit sie zutraulich werden und wissen, dass ihnen nichts passiert. Wenn wir kommen, dann gibt es entweder Leckereien oder sie werden auf eine neue Koppel gebracht und das behalten die Tiere in Erinnerung.“ Unterstützung erhält Haase durch Praktikanten oder Bundesfreiwillige. Trotzdem steckt er pro Woche 50 bis 60 Stunden Arbeit in das Projekt. Die tägliche Kontrollrunde dauert schon zwei Stunden.
Kalkmoore wiederherstellen
Neben der naturverträglichen Beweidung ist ein weiteres Projekt im Naturschutzgebiet angesiedelt: die Renaturierung der Moorflächen. Die Lange-Damm-Wiesen gehören zu 13 Gebieten in Brandenburg, die im Rahmen des EU-LIFE-Projektes „Kalkmoore Brandenburgs“ wiederhergestellt werden sollen. Projektträger ist die Stiftung Naturschutzfonds Brandenburg. Untersuchungen in den Jahren 2004 bis 2006 ergaben ein trauriges Bild: Beinahe alle dieser aufgrund der typischen Vegetation auch Braunmoosmoore genannten Feuchtgebiete waren in Brandenburg verschwunden. Insbesondere in den Quell- und Durchströmungsmooren, wie wir sie auch in den Lange-Damm-Wiesen finden, ist der Handlungsbedarf sehr groß.
Im Laufe der Jahrzehnte sind viele Entwässerungsgräben auf den Langen-Damm-Wiesen nicht mehr genutzt worden, erklärt Haase. Für eine Renaturierung und Vernässung der Fläche werde jedoch das Einverständnis des Eigentümers gebraucht. So kaufte der NABU-Regionalverband mit Unterstützung des Naturschutzfonds Brandenburg in den vergangenen drei Jahren viele Moorflächen. Mit dem bisherigen Eigentum des NABU Brandenburg und der NABU-Stiftung Nationales Naturerbe sind somit über 160 Hektar dieses FFH-Schutzgebietes dauerhaft gesichert. Insgesamt umfasst das Gebiet 1090 Hektar – das sind über 2000 Fußballfelder.
Zehn Bekassinenreviere
Im Rahmen des Kalkmoor-Projektes konnten im Frühjahr 2013 auf fast zwölf Hektar die alten Gräben mit Torf zugeschüttet und so das Moor wieder vernässt werden. An die vier Hektar sollen noch dazukommen. Kalkreiche Niedermoore gehören zu den wertvollsten und am stärksten bedrohten Ökosystemen in Deutschland und leisten auch einen Beitrag zum Klimaschutz, denn sie speichern Kohlendioxid. Durch die Pflege des Gebietes finden sich die seltenen Pflanzen Armblütige Sumpfsimse, Sumpfdreizack, Teufelsabbiss und Fleischfarbenes Knabenkraut.
Schon 1862 dokumentierte der Botaniker Georg Schweinfurth die Landschaft. „Auch er stand wie wir auf den Osern“, sagt Haase. 700 verschiedene Pflanzenarten finden sich heute im Gebiet, erzählt Haase – dazu gehören elf Orchideenarten. Zehn Bekassinenreviere wurden gezählt und sogar ein Steinschmätzerpaar hat sich angesiedelt. Als verschollen galt das Sumpf-Kreuzblümchen, das sich auch wieder ansiedeln konnte. Dafür haben sich die nassen Socken definitiv gelohnt.
Nicole Flöper
Mit dem NABU-Klimafonds übernehmen wir Naturschutzmacher*innen Verantwortung für die Wiederherstellung unserer Natur. Der Fonds fördert die Wiedervernässung von Moorflächen. Das ist nicht nur gut für das Klima, sondern auch für die Artenvielfalt. Mehr →